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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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paarmal, bevor es wieder ansprang und zu pumpen begann.
    »Ich hab sie!«, brüllte der Paramedic über mir. »Knochenbrüche, Herzstillstand nach Volumenschock, vermutlich Schädel-Hirn-Trauma. General Hospital, Trauma 1 ! «
    Jetzt erst fühlte ich die Prellungen, die angeknacksten, gebrochenen und gesplitterten Knochen in meinem Körper und wie die verletzte Arterie in meinem aufgeschlitzten Bein unaufhörlich Blut sprudelte. Ich wollte schreien vor Schmerz, wildem, brennendem, unerträglichem Schmerz.
    Dann knipste jemand alle Lichter in mir aus und die Welt wurde schwarz.

85
    Lange nachdem Amber wieder gegangen war, stand ich noch dort inmitten des Nebels, fast genauso verloren wie zuvor. Aber nicht ganz.
    Dass ich es auf die andere Seite geschafft hatte, war eine unverhoffte Gnade. Aber Amber noch einmal zu sehen, sie noch einmal in den Armen zu halten, war ein Gottesgeschenk. Immer noch glaubte ich ihre Wärme zu spüren, ihre Haut unter meinen Fingern und wie sich ihr Mund auf meinem anfühlte. Und ich hätte schwören können, dass noch der Duft von grünen Äpfeln in der Luft lag.
    Ich war sehr wohl versucht gewesen, sie festzuhalten und nicht mehr gehen zu lassen, wie sie es gewollt hatte. Aber es wäre einfach nicht recht gewesen. Sie verdiente es, ihr Leben zu leben, es in seiner ganzen Fülle auszukosten und glücklich zu sein. Das hinzubekommen, was ich selbst nicht hingekriegt hatte. Und dass ich es geschafft hatte, sie gehen zu lassen, darauf war ich nicht wenig stolz. Sicher das Beste, was ich je zustande gebracht hatte.
    Der Nebel lichtete sich, und um meinen Mund zuckte es, als ich dahinter eine Küste erkennen konnte und einen Streifen blauen Wassers. So blau wie nur das Wasser in der Bay von San Francisco war, wenn die Sonne daraufschien. Vor mir zeichnete sich ein Weg ab, und zögernd setzte ich einen Fuß darauf, dann den anderen.
    Was immer mich am Ende dieses Weges erwartete, ich würde es überstehen. Das Einzige, wovor ich mich fürchtete, war, dass mir die Erinnerung an Amber genommen würde. Alles, nur das nicht. Nicht die Erinnerung an Amber. An mein Funny Girl, das mich auf jede Weise gerettet hatte, wie eine Menschenseele nur eine andere retten kann. Daran wollte ich mich erinnern bis in alle Ewigkeit.
    Schritt um Schritt ging ich diesen Weg entlang, der am Ufer der Bay entlangführte, und der Wind blies mir ins Gesicht, während die Sonne endgültig durch den Nebel brach und ihn zusammenschmolz. So hell war ihr warmes Licht, dass es mich blendete und ich die Augen zusammenkneifen musste. Schien auch in der Hölle die Sonne?
    Leicht fühlte ich mich und frei, mit jedem Schritt, den ich tat, ein wenig mehr. Als hätte ich mein früheres Leben hinter mir gelassen. Weiter und weiter ging ich, in das helle, warme Licht der Sonne hinein.
    Amber. Mein Funny Girl.

86
    Blip. Blip. Blip. Blip. Blip.
    Dieses dauernde Gepiepse ging mir tierisch auf die Nerven. Ich wollte nach meinem Wecker tasten, um ihn auszuschalten, aber ich konnte mich nicht rühren; ich bekam nicht mal die Augen richtig auf. Mein Kopf war wie mit Watte gefüllt und im Mund hatte ich einen ekligen Geschmack. Mühselig schaffte ich es ganz langsam, ein paarmal zu blinzeln und schließlich die Lider doch zu heben. Vor mir verschwamm alles; ich musste noch heftiger blinzeln, bis ich allmählich wieder klar sah.
    Als Erstes fiel mein Blick auf etwas, das wohl ein Bein sein musste, teilweise in Gips gelegt, teilweise dick verbunden und auf ein Gestell aufgebockt. Fuck. Das war ja mein Bein. Meine Augen wanderten weiter, über meinen eingegipsten Arm und das Krankenhausbett, in dem ich in halb aufrechter Haltung lag. Durch das pastellfarbige Krankenzimmer mit seinem künstlichen Licht und den blinkenden und piepsenden Geräten neben mir, an denen ich mit Kabeln und Schläuchen hing. Ach du Schande.
    Dann entdeckte ich Ted, der auf einem Plastikstuhl neben dem Bett hockte und mit leerem Blick vor sich hinstarrte. Ab und zu knetete er sich unter dem Steg der Brille die Nasenwurzel, bevor er wieder seine Hände faltete und unruhig aneinanderrieb. Verdammt schlecht sah er aus; er hatte tiefe Schatten unter den rot geränderten Augen, und auf Kinn und Wangen glänzten kupferfarbene Bartstoppeln. Sein Gesicht war fahl, als hätte er tagelang nur von Kaffee gelebt, und seine Klamotten sahen aus, als hätte er darin geschlafen.
    Hey , wollte ich sagen, aber heraus kam nur: »Nh-ghh.«
    Er fuhr zusammen und starrte mich ungläubig an,

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