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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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verschwunden.
    Im Foyer hatte ich fast die Treppe ins Untergeschoß zum Beacon erreicht und hörte schon das Gelächter und die Stimmen aus dem Raum mit der Sitzecke, als es in der Seitentasche meines Rucksacks vibrierte. Ich zog mein Handy hervor und öffnete die Nachricht.
    Von: Ted
    Sitzung wird heute länger dauern, schaff’s nicht! Iss bitte was in der Cafeteria, lass Dir ein Taxi kommen und bezahl mit Kreditkarte. Sorry!
    Mit einem komischen Rumoren im Bauch starrte ich noch auf die SMS , als jemand nach mir rief.
    »Amber!« Ich hob den Kopf. In einem figurbetonten, geblümten Kleid, grober Strickjacke mit passendem Schal und schicken Stiefeln kam Sharon auf mich zugelaufen, ihre große Umhängetasche über der Schulter. »Hi! Wir wollen gleich noch zum Union Square, shoppen gehen. Hast du vielleicht Lust, mitzukommen?«
    »Also«, begann ich zögernd, »eigentlich …«
    Ich war nicht auf diese Welcome-Back-Party gegangen und auch nicht auf die Party zwei Wochen später; ich hatte Ted nicht einmal gefragt, ob ich durfte, und mich bei Sharon damit entschuldigt, ich müsse lernen. Was nicht einmal gelogen war. Ich hatte immer gehört, das Niveau an amerikanischen High Schools sei so erschreckend niedrig. Vielleicht stimmte das sogar – aber nicht, wenn man wie ich für mehrere Advanced-Placement-Kurse angemeldet war, damit mein Abschluss später mal genauso viel wert war wie ein deutsches Abi. An der Jefferson High merkte ich deutlich, wie sehr ich in den letzten Monaten an meiner alten Schule abgesackt war, weil ich ständig mit den Gedanken woanders war und keinen Kopf hatte für Mathe, Bio und Französisch; ich musste mich ganz schön anstrengen, wieder reinzukommen. Aber ich hatte auch nichts dagegen, viel für die Schule zu machen, das lenkte mich ab und ließ die Tage ein bisschen schneller vergehen.
    Ich blickte an Sharon vorbei zu Danielle, die mir zuwinkte, und zu Felicia, die sich gerade mit dem Schminkspiegel in der Hand frisches Gloss auflegte. Die drei wirkten so … normal. Mich packte die Sehnsucht, selbst wieder normal zu sein. Ein ganz normales Leben zu führen. Mit Freundinnen durch die Stadt zu bummeln, in einem Café zu hocken und über Jungs zu reden, über doofe Lehrer, nervige Eltern und den neuesten Kinofilm, dabei zu kichern und zu lachen und mich einfach gut zu fühlen.
    »Klar«, antwortete ich kurz entschlossen.

10
    Die Powell Street hinunter zum Union Square ließ mir die Augen übergehen und das Getümmel dort überrollte mich geradezu.
    Dichter Verkehr herrschte hier, mit den typischen amerikanischen Hupkonzerten und ihren weit entfernten Echos, den Sirenen von Feuerwehr und Rettungsdienst; von irgendwoher schmiegte sich der softe Saxophon-Blues eines Straßenmusikers dazwischen. Und auf und ab zogen sich ratternd und klingelnd die Cable Cars, an deren Haltestangen Trauben von Touristen hingen. Am Ende der Straße wurden die Cable Cars auf einer Plattform gedreht, um danach wieder mit einer neuen Fuhre Menschen, die geduldig in einer langen Schlange dafür anstanden, die Steigung hinaufzuruckeln. Ein Gemisch aller möglichen Nationalitäten drängelte sich hier, die unterschiedlichsten Sprachen waren zu hören, sogar Süddeutsch und Schweizerdeutsch. Sich im Gehen zu unterhalten, war in dem Lärm, dem Stimmengewirr so gut wie unmöglich, und ich musste mich darauf konzentrieren, die anderen im Gedränge nicht zu verlieren.
    Entlang der abschüssigen Straße kamen wir an einer großen Buchhandlung vorbei, die von außen ebenso gediegen wie gemütlich aussah. Sharon, Danielle und Felicia hatten aber keine Augen für die Bücher und auch an dem prunkvollen Hotel namens Sir Francis Drake waren sie eilig vorbeigegangen. Fasziniert drehte ich mich noch einmal nach den Pagen vor der Tür um, die rote Kostüme wie Diener der Tudor-Zeit trugen, mit weißen Halskrausen und weißen Handschuhen, und dazu ulkige schwarze Hüte mit Stoffblümchen rings um die Krempe. Dann holte ich schnell zu den anderen auf. Neben allen möglichen Boutiquen und edlen Parfümerien wie Sephora, neben Starbucks und einem sehr hippiemäßig aussehenden Plattenladen gab es auf der Powell Street auch einen Fanshop der San Francisco Giants und Saks Fifth Avenue, ein Nobelkaufhaus, das mit seiner imposanten Fassade aussah, als müsste man erst mal seine Kreditkarte prüfen lassen, ehe man es betreten durfte.
    Ich sah den Bankern und Geschäftsleuten in ihren feinen Anzügen hinterher, den Businesswomen in ihren

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