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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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lachen. Er klopfte den Kochlöffel am Topfrand ab und fuhr vorsichtig fort: »Hör mal, Amber … Mir ist klar, dass du in einem Alter bist, in dem du dich für Jungs interessierst …« Oh neee. Ted war so ziemlich die letzte Person, mit der ich über irgendwas reden wollte, was Jungs betraf. Rein theoretisch. Praktisch gab es ja aktuell nichts zu besprechen.
    »Quatsch«, zischte ich dazwischen und platzierte Schöpfkelle und Spaghettizange unnötig heftig auf dem Tisch. Ich wollte gerade die Gabeln und Löffel neben die Teller legen, als ich plötzlich an Lukas denken musste. Von nun an würde es Svenja sein, um die Lukas im Kino den Arm legte und mit der er in der großen Pause auf dem Schulhof eng umschlungen zusammenstand. Frau Rutloff würde Svenja fragen, ob sie nicht mit zum Italiener kommen wollte, und vielleicht würde auch Max, den Lukas immer nur Nervzwerg genannt hatte, Svenja drängeln, mit ihm Hochhäuser aus Lego zu bauen. Svenja würde es sein, die ab jetzt mit Lukas auf seinem Bett herumlungerte und zu lauter Musik herumknutschte. Auf dem Platz, der einmal meiner gewesen war.
    Mir wurde es heiß im Bauch.
    »… und natürlich kannst du gerne mit allem zu mir kommen, was dich beschäftigt. Auch damit. Allerdings bin ich wohl nicht gerade ein Experte in Beziehungsdingen.« Ted lachte kurz auf. Mein Gedanke von neulich, ob es wohl eine Frau in seinem Leben gab, fiel mir wieder ein. Eine, die er bislang rücksichtsvoll vor mir verborgen gehalten hatte, aber vielleicht irgendwann doch noch als vollendete Tatsache präsentieren würde. Als Ersatz für Mam. Mir wurde noch heißer im Bauch.
    »Und ich versteh natürlich, wenn du darüber lieber mit jemand anderem reden möchtest.« Er machte eine kleine Pause. »Deshalb bin ich nach wie vor dafür, dass du zu einer Therapeutin gehst.«
    »Brauch ich nicht«, versetzte ich und knallte die Gabeln jeweils links neben die Teller.
    Ted seufzte. »Ich glaube schon. Du hast ohnehin schon genug hinter dir, aber jetzt auch noch der Überfall letzte Woche …«
    Ich starrte auf die Löffel in meiner Faust und dachte daran, wie wenig Hoffnung uns die beiden Polizisten gemacht hatten, die drei Typen jemals zu schnappen. Dafür war meine Personenbeschreibung zu schwammig gewesen; dafür gab es zu viele von dieser Sorte in der Stadt.
    »Du vergibst dir doch nichts, wenn du eingestehst, wie sehr dir das alles zusetzt – und wenn du mit jemandem darüber redest.«
    Ich schwieg.
    »Mach’s dir doch nicht selbst so schwer, Amber«, hörte ich Ted behutsam sagen. »Du warst doch jetzt tapfer genug.«
    Tapfer? Ich? Was wusste er denn schon? Hatte er irgendeine Ahnung, wie es für mich gewesen war, als Mam ihre Diagnose bekam? Wie es sich für mich angefühlt hatte, als sie zur OP ins Krankenhaus ging, wo man ihr im Gehirn herumschnippelte, und wie es für mich gewesen war, wenn sie nach ihren Chemo-Terminen über der Kloschüssel hing? Als der Tumor weiterwucherte, ihr die Arme und Beine nicht mehr gehorchten und sie jeden Tag einfach immer weniger wurde, bis irgendwann gar nichts mehr übrig geblieben war von meiner Mam, wie ich sie kannte? Als Ted zu uns kam, lag sie nur noch apathisch in ihrem Krankenhausbett; von all dem vorher hatte er rein gar nichts mitbekommen. Ich schon. Jeden einzelnen beschissenen Tag dieser sechs Monate.
    Ich erschrak selbst über das heftige Klirren, als ich die Löffel auf den Tisch pfefferte.
    »Ja, vielleicht hab ich einen Knacks!«, schrie ich Ted entgegen, ohne ihn wirklich dabei anzusehen. »Aber wenn ich den hab, dann nur weil du damals abgehauen bist und Mam und mich sitzen gelassen hast! Weil du mich jetzt hierhergeschleift hast und denkst, du kannst alles wiedergutmachen, wenn du mir einen Haufen teure Sachen kaufst!«
    Ich wirbelte herum und stürmte zur Küche hinaus, riss die Tür zu meinem Zimmer auf und schlug sie krachend hinter mir zu. Im Dunkeln tastete ich mich zu meinem Bett, rupfte an meinen Schnürsenkeln herum und zerrte mir die Sneakers von den Füßen, die ich einen nach dem anderen von mir schleuderte, bevor ich mich auf die Matratze schmiss und mich in die hinterste Ecke drückte.
    Es dauerte nicht lange, bis es zaghaft an der Tür klopfte. »Amber? Kann ich reinkommen?«
    »Hau ab!« Mit einem Klicken ging die Tür auf und Teds Silhouette zeichnete sich gegen das Licht aus dem Flur ab. »Hau ab, hab ich gesagt!« Ich zog die Knie an und umschlang sie fest.
    »Das Essen ist fertig.«
    »Ich hab keinen Hunger!« Ich

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