Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
Vom Netzwerk:
den Wänden, die mit Bücherregalen, Plakaten von alten Schulaufführungen und naiven bis surrealen Kunsterzeugnissen diverser AG s zugepflastert waren, meine Aufgaben zu machen, hatte ich nur Löcher in die Luft gestarrt und an das Haus in der Franklin Street gedacht. Nur drei Nachmittage hatte ich bisher dort verbracht, die drei Nachmittage, die ich von der Schule befreit gewesen war, und dort nichts anderes getan, als mit geschlossenen Augen auf dem Boden herumzuliegen. Und trotzdem sehnte ich mich danach, wieder dort hinzugehen. Nach diesem Gefühl sehnte ich mich, das ich dort hatte, dem Gefühl, gut aufgehoben zu sein. Als ob dieses Haus genau der Ort wäre, an den ich hingehörte. Ein Gefühl, nach dem ich fast schon süchtig war; wie ein Junkie kam ich mir vor.
    Und genau wie ein Junkie hatte ich das ganze Wochenende fieberhaft darüber nachgegrübelt, wie ich an meine nächste Dosis kommen konnte. Ohne dass Ted etwas davon mitbekam. Er würde es wohl kaum gut finden, wenn ich ihm erzählte, ich wollte möglichst oft in ein leer stehendes Haus einsteigen, das bestimmt jemandem gehörte, nur weil ich mich dort wohler fühlte als im Beacon oder hier in der Wohnung.
    Ich zögerte noch einen Augenblick, dann sagte ich halb beiläufig, halb selbstsicher: »Du brauchst mich abends übrigens nicht mehr vom Beacon abholen. Ich kann bei jemandem mitfahren.«
    Ich spürte, wie sich Teds Blick auf mich heftete. Meine Wangen fingen zu glühen an; ich beugte den Kopf tief über die Schüssel, in der ich den Salat langsam und übergründlich mischte. Und fühlte mich ein klein wenig schlecht dabei, Ted anzulügen. Da half es mir auch nicht, dass ich am Wochenende mit Blick auf den Stadtplan festgestellt hatte, was für einen Umweg es tatsächlich für ihn bedeutete, mich auf dem Rückweg von der Uni abzuholen, einmal quer durch die ganze Stadt und um den halben Golden Gate Park herum.
    »Etwa bei einem der Mädchen, mit denen du am Union Square warst?«
    »N-nein.« Sharon, Danielle und Felicia hatte ich heute nur von Weitem gesehen. Natürlich war es nicht ihre Schuld, was mir wenig später an jenem Nachmittag passiert war, aber trotzdem hatte ich in der Cafeteria einen großen Bogen um sie gemacht und mit viel Glück einen freien Platz an der Ecke eines Tischs ganz am anderen Ende ergattert. Keine Ahnung, wie ich in diesem Moment in der Küche ausgerechnet auf ihn kam, schließlich hatten wir ja noch nicht einmal ein flüchtiges Hi gewechselt. Vielleicht weil seine Haarfarbe so krass aus der Masse der anderen Schüler herausleuchtete? Jedenfalls setzte ich schnell hinzu: »Er heißt Matt Chang und ist im selben Geschichtskurs wie ich.«
    Teds Augen verfolgten mich, während ich die Schüssel auf den Tisch stellte und dann Teller aus dem Oberschrank holte.
    »Du kannst auch gern den Führerschein machen, wenn du willst. Hier geht das schon mit sechzehn.«
    Ich starrte auf die Teller in meinen Händen. Mam hatte letzten Winter angefangen, ein bisschen was auf die Seite zu legen, auch von dem höheren Betrag, den Ted überweisen konnte, seit er die Stelle an der Uni hatte. Damit ich Fahrstunden nehmen konnte, wenn ich achtzehn war, vielleicht auch schon etwas früher. Und ich hatte vorgehabt, mir für die Sommerferien einen Job zu suchen, um auch etwas dazu beizutragen. Ich wusste, ich sollte mich über dieses Angebot freuen, genauso wie über das Smartphone, aber ich konnte es einfach nicht. Es fühlte sich schief an, wenn Ted mir all das einfach mal eben so bezahlen wollte und konnte, wovon ich vorher nur geträumt hatte. Ganz abgesehen davon, dass mir der Verkehr auf den Straßen nicht gerade Lust auf Fahrschule in San Francisco machte. Von Einparken in den winzigen Lücken an den abschüssigen Straßen gar nicht zu reden.
    »Mal sehen«, murmelte ich und verteilte die Teller auf dem Tisch, die wie sonst fast alles in der Wohnung nagelneu waren; Ted hatte jahrelang wie ein Nomade aus Koffer und Trekking-Rucksack gelebt und nur ein paar Habseligkeiten wie seine Bücherkisten, die Mitbringsel aus aller Welt und den alten Sessel in einem gemieteten Lagerraum untergestellt gehabt.
    »Wohnt dieser Matt Chang hier in der Nähe?«
    »Öhm.« Ich kramte in der Schublade mit dem Besteck herum. »Kann sein. Er fährt auf jeden Fall in diese Richtung.« Ich stieß die Schublade mit der Hüfte zu und ging zum Tisch hinüber.
    »Versteht ihr euch gut?«
    Ich verdrehte die Augen. »Oh Maaann!«
    »Schon gut!« Ich hörte ihn leise

Weitere Kostenlose Bücher