In einem leuchtend schoenen Land
zu sein.
Die Aufmerksamkeit, die mir aufgrund meiner als finanzkräftig geltenden Hautfarbe zuteil wurde, war nahezu flächendeckend gleich. Man freute sich über mein Auftauchen, rief „Madam!“ und „What's your name?“ und „Where are you from!“, woraufhin ich anfangs in gleicher Reihenfolge versicherte, dass ich keine Madam sei, Minouche heiße und aus Deutschland zu ihnen gekommen sei. Vom ersten Augenblick an hatte ich Anhänger, wurde beachtet und gerufen, verfolgt und neugierig umdrängt. Sobald ich den Compound verließ, umzingelte mich allgegenwärtiges Interesse, wurden von mir begangene Schritte und Fehltritte hemmungslos angestarrt und ausgelacht, konnte ich nie darauf hoffen, dabei nicht gesehen geworden zu sein.
Und daneben trat ich oft!
Einmal trat ich in meine Träume verstrickt daneben und in den regen Verkehr hinein, brachte dabei ein Fahrrad zum Kippen. Verstört half ich dem Umgekippten wieder auf und pflückte das vom Fahrer über den Lenker geleerte Gemüse Entschuldigungen stammelnd aus den Schlaglöchern.
„Ja können Sie denn nicht aufpassen!“, hätte ich an Stelle des Angerempelten geschrieen und ihn daraufhin belehrt, dass Träume ins Bett und nicht auf die Straße gehörten. Eine besserwisserische Belehrung abwartend stand ich mit eingezogenem Kopf vor meinem Verkehrsunfall, der allerdings keine Anstalten machte, meinen Erwartungen gerecht zu werden. Stattdessen sank sein Kopf erst rechts, dann links und er bedachte mich gar mit einem blendend weißen Grinsen. Verwirrt streckte ich ihm seine Einkäufe entgegen, die er in seinen Korb zurücklegte, bevor er wieder frohgemut in die Pedale trat.
Unterdessen hatte sich eine Gruppe neugieriger Sri-Lanker um mich geschart, die mir wie die personifizierte Aufmerksamkeit erschien.
Eine Aufmerksamkeit, die rührend war und mir immer und überall zur Seite stand. Aufmerksamkeit, in unschuldiger Neugier geboren, die mich bewegte und doch unmerklich das herbeiführte, was ich schon bei der Wohnungssuche befürchtet und unbedingt hatte vermeiden wollen: Ihre lärmende Zusammengehörigkeit und das nicht abreißen wollende Interesse an mir störten meine Privatsphäre und ich verlor darüber in weiten Phasen das Schöne aus den Augen; Jugendliche umschwärmten mich mit halbstarken Sprüchen, die mehr auf meinen weißen Wohlstand als meine weiblichen Vorzüge aus waren. Als ich eines Tages das nach mir rufende Dreiradtaxi, das Tuk-Tuk, nicht mehr mit: „Nein danke!“ ablehnte, sondern jenem meine schneidend kalte Schulter zeigte, saß ich schon in einer emotionale Achterbahn fest, die mir nicht besonders gut stand. Ich hörte auf über die kindliche Ruferei der Tuk-Tuk-Fahrer zu lächeln, weil sie mich schließlich soeben aus meinem Auto hatten steigen sehen und wussten, dass ich ihre Dienste nicht benötigte.
Rufen um des Rufens Willen ging mir an die Nieren. Auch die Shopbesitzer wurden mir zuviel, die in lautstarken Freudentaumel ausbrachen, sobald mein finanzkräftig anmutendes Weiß am Horizont auftauchte, ich vielleicht auch noch versehentlich einen Blick in die Auslage geworfen hatte. Ungehalten wandte ich den Zurufen den Rücken zu und bewegte mich in einer Wolke von kolonialherrschaftlicher Arroganz, die mir ganz und gar nicht stand.
So borstig erkannte ich mich kaum wieder und konnte mich so überhaupt nicht mehr ausstehen.
Unermüdlich fuhr ich bergauf und bergab; lebte ich eben noch glückselig meinen Alltag, steckte ich nur ein Augenzwinkern später in Frustration fest, räkelte mich ebenso plötzlich wieder in glückseligem Wohlbehagen. Wie mit meinem Kite hob ich ohne Notbremse ab und schlug auf, fand erst viele Missgeschicke später den Notauslöser und lernte ihn zu bedienen.
Ich litt unter einem fortgeschrittenen Kulturschock.
Einmal zu oft war ich von dem strahlend schönen Lächeln erst betört, dann betrogen worden, verlor mein eigenes Lächeln über meinen Zweifeln. Missmutig erinnerte ich mich an den Aushang im Wartesaal meines Hausarztes, der gegen das herumlungernde Trübsalblasen: „Lachen ist gesund“ an die Wand genagelt hatte. Lachen, rechtfertigte ich meine sauertöpfische Stimmung, war schließlich eine ernste Angelegenheit und der Ausdruck von seelischem Wohlbefinden, den auch kein noch so guter Vorsatz ohne Anlass heraufbeschwören konnte!
Der Sri-Lanker wusste aber nicht um den Ernst der Dinge und lachte, ohne zuvor überprüft zu haben, ob jenes auch gerechtfertigt werden konnte. Er ging
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