In einem leuchtend schoenen Land
doch zu viel geworden war.
4. Lachen ist gesund
Die Festivitäten aus der sri-lankischen Nachbarschaft kamen und gingen. Am Eindrücklichsten hallte jene Hochzeit nach, die drei lange Nächte bis vier Uhr morgens mit unermüdlicher Tanzmusik für Stimmung und Schlafstörungen sorgte. Nach der zweiten durchwachten Nacht fragte Andreas am Ort der Feierlichkeit behutsam nach, ob das Freudenfest uns noch weitere Nächte beschallen würde und wenn ja, eventuell die Lautstärke auf erträgliche Dezibel herunter geregelt werden könnte. Daraufhin lud uns das Hochzeitspaar zum Mitfeiern ein. Gerührt lehnten wir ab und verbrachten eine weitere unruhige Nacht, bevor wieder Ruhe in unseren Schlaf einkehrte.
Mein Staunen über mir fremde Gewohnheiten hatte begonnen.
Ich staunte über den Begriff „erträgliche Lautstärke“, die wir ohrenbetäubend, der Inselbewohner als angenehm wahrnahm. Auch staunte ich über den teuren Stoff, der mir mit einem frommen Schwur auf den Lippen als Seide verkauft worden war und über jenes bezaubernde Lächeln, das für die Echtheit bürgte. Einem späten Zweifel folgend enttarnte ich die Seide mit dem Streichholz als Polyester, hatte aber nichts dazu gelernt und kaufte zum Entsetzen meines Hausmädchens überteuerte Topfpflanzen, die kurz darauf verdursteten, weil ihnen zugunsten eines kleineren Topfes die Wurzeln gestutzt worden waren. In unserem Haus türmten sich Mahnmale kostspieliger Fehlkäufe und den als frisch angebotenen, von mir ungesehen gekauften Garnelen faulte es so sehr am Kopf, dass sogar unsere Hündin das kostspielige Mahl verweigerte.
Mein treudoofes Vertrauen hatte so manchem eine ansehnliche Marge eingebracht und gehörte zum Lernprozess des Neuzugangs dazu.
Mal staunten wir empört, ein andermal schön. Das galt ganz besonders für unseren Fabian. Vom ersten Augenblick an hatte ihn die neue Heimat verzaubert, hatte er darin sein ganz persönliches Paradies gefunden. Dieses Gefühl würde ihm erhalten bleiben, dem trotzend, was dem Paradies im Laufe unseres Aufenthaltes noch an Unparadiesischem einfallen würde. Längst war vergessen, dass ihm schulisch eine große Unbekannte, ein Ding namens Englisch, abgenötigt wurde und in unregelmäßigen Abständen der Bürgerkrieg explodierte. Hier, das spürte er instinktiv, verlangte niemand mehr von ihm als er geben konnte oder bereit war, zu geben. In der Hülle des gewachsenen Buddhismus ließ es sich federleicht im Schicksalsstrom treiben, musste er nicht Kräfte raubend dagegen anschwimmen. Und sich treiben lassen, das konnte Fabian hervorragend. Genüsslich legte er sich in die unbeschwerte Lebensform hinein, trieb seinen Gedanken und der realen Welt davon und beizeiten wieder zurück. Aus Bequemlichkeit schloss sich Willi an und nur Caro begehrte noch auf. Sie fühlte sich in all dem Treiben nicht genügend beachtet, wollte nach der angebrochenen Skifahrkarriere neue Leistungen erbringen, die sich in diesem dahinschwappenden Müßiggang nicht so richtig einfinden wollten.
Ich war ihr da leider auch keine Stütze.
Gemeinsam mit meinem Ältesten trieb ich dahin, richtete mich im geflochtenen und teuer bezahlten Sessel auf den Lagunenblick aus und konsumierte bis hin zur Gebrauchsanweisung der Kaffeemaschine alles, was mir an Lesbarem in die Hände fiel. Dabei seufzte ich im Überfluss, wie wunderbar dieses Klima mir bekäme und nichts konnte meine frohe Gelassenheit erschüttern. Kein Einbrecher und kein überteuerter Kauf brachten mich aus meiner stoischen Ruhe, die lähmende, tropische Hitze tat den Rest.
„Mir ist so heiß“, rechtfertigte ich meine träge Bewegungslosigkeit, setzte mich allerhöchstens für die paar Meter zum Swimmingpool in Bewegung, erledigte alles darüber hinausgehende motorisiert. Niemand konnte mich länger als ein paar Minuten aufregen und schnell begriff ich, dass mein Umfeld der Spiegel meiner selbst war. Jede emotionale Regung kam ungefiltert und sofort wieder an seine Quelle zurück und somit auch meine hier entwickelte, freundliche Gelassenheit.
Der Polizist, der Andreas mit einer Radarpistole auf seine Geschwindigkeitsübertretung aufmerksam machte, sich über mein Beifahrerfenster zu ihm hinüberlehnte und auf die zu schnell gefahrenen Kilometer deutete, fühlte sich meinem Lächeln und meiner Beteuerung, dass Sri Lanka ein wahrlich leuchtend schönes Land sei, verpflichtet. Er ließ uns mit einer Ermahnung ziehen, löschte unsere Gesetzwidrigkeit, ohne dafür bestochen worden
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