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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minouche Moser
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uns, das öffentlichen von privatem Grund trennte, nervös sah ich in die wilden Augen der Angreifer. Ein leiser Wortwechsel zwischen dem Blutenden und meinem Verehrer folgte, mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich spürte die Kinder im Rücken, die dieser streitsüchtigen Betrunkenheit hilflos ausgeliefert gewesen wären.
    Und als ich mit dem Schlimmsten gerechnet hatte, zog einer von ihnen unversehen ab, während die anderen einen Schritt zurücktraten und Raum zum Aufatmen schafften.
    Erleichtert wollte ich mich abwenden – und zwar genau einen Atemzug zu früh, denn der Davoneilende hatte uns noch nicht aufgegeben und kehrte mit Verstärkung zurück: In der Hand trug er einen Holzprügel. Ich nahm Maß und stellte fest, dass jener auf meinem Schädel einschlagend erheblichen Schaden anrichten könnte. Synchron wichen wir aus und wie im Sog taten die Angreifer nun doch noch den Schritt über die Mauer auf den Privatgrund. Schützend hielten die Männer ein Kitebrett vor den Kopf und zogen sich in den Hotelgarten zurück. Während meiner Überlegungen hatte ich den passenden Fluchtmoment verpasst, stand auf einmal allein und verlassen neben der Hotelbesitzerin, die immer noch auf den Prügel und seinen Herren einredete. Meine Kinder hatte ich inzwischen aus den Augen verloren und konzentrierte mich ganz auf den Knüppel, tänzelte wie ein Boxer in Erwartung des demnächst auf mich niedergehenden Prügels. Noch schwankte der Knüppelschwinger unschlüssig, schaute nervös über seine Schultern in die männliche Auseinandersetzung, die mehr Spaß versprach als die weiblichen Ausweichmanöver, denen er gegenüberstand. Als dann einer seiner Kumpane eine Colaflasche zur Waffe köpfte, war er nicht mehr zu halten und eilte dorthin, wo sich Sensationelles anbahnte und sein Ast vielleicht doch noch wirkungsvoll in Szene gesetzt werden konnte. Kaum fühlte ich mich sicher, erinnerte ich mich meiner Kinder, sah mich in schnell aufsteigender Panik nach ihnen um. Willi und Fabian fand ich vor dem Fernseher in der nur durch Glasfenster vom Geschehen getrennten Bar, orderte sie unter den Billardtisch und rannte ins Freie, wo ich orientierungslos im Zick-Zack durch den Garten lief. Caro! Wo war Caro? Laut rufend übersprang ich die Mauer, weg von den Männern, die sich immer noch mit der Trunkenheit im Konflikt waren.
    „Caro!“, rief ich angsterfüllt und bahnte mir den Weg durch einen Gürtel Glotzender, die sich um das Hotel geschart hatten. Haltlos hüpfte mein Herz in meinem Brustkorb auf und ab, Schreckensszenarien rasten durch mich hindurch.
    „Caro!“
    Während ich nach Caro suchte, bekam der Herr mit der Colaflasche ein Kitebrett ins Gesicht geschlagen und zeitgleich tauchte am Horizont die Polizei auf. Die Unterredung mit dem Auge des Gesetzes in Aussicht, gaben die Schläger lieber Fersengeld, hechteten in ihr am Hotel geparktes Auto und türmten mit quietschenden Reifen. Nachdem das Unterhaltungsprogramm doch keine aufregenden Szenen mehr versprach, verdrückten sich die Neugierigen und unter uns breitete sich gespenstische Stille aus. Nur noch ich flatterte wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Umgebung und gackerte.
    „Caro! Caro!“
    Erschöpft und ohne Resultat kam ich zurück und hörte, wie die Polizei sich für die Verzögerung entschuldigte. Eine ähnliche Schlägerei nur ein paar Kilometer nördlich hatte sie aufgehalten. Zitternd wandte ich mich Andreas zu und zupfte an seinem Hemdkragen, war nicht an irgendwelchen Schlägereien interessiert, sondern musste Sorgen teilen. Bevor ich ansetzen konnte, löste die größte Sorge sich aber schon mit einem zarten „Mama!“ in Erleichterung auf, das aus der ersten Etage auf mich nieder rieselte. Ich blickte auf und sah sechs Kinderkörper über die Brüstung hängen, darunter meine Tochter Caro. In ihrer Mitte eine geistesgegenwärtige Mutter, die beim Anblick der Betrunkenen allen greifbaren Kinderkram eingesammelt und auf dem das Hotel umlaufenden Balkon in Sicherheit gebracht hatte.
    Während die Männer zur Polizeistation fuhren und Anzeige erstatteten, feierte ich Wiedersehen mit meinen Kindern und unsere heilen Knochen, ließ mich matt auf einem vom Kampf verrutschten Plastikstuhl nieder und bestellte Kaffee. Die Kinder überließ ich dem laufenden Fernseher, war selbst noch wie gelähmt, momentan unfähig, ihnen im Umgang mit Gesehenem Beistand zu leisten. Abgelenkt hörte ich mir die Geschichten einer Singhalesin an, die einen Deutschen

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