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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minouche Moser
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einer Avance lassen, wollte ich vor der kalten Schulter ein Lächeln bereit stellen, denn Lachen, so lernte ich in den Jahren, ist nicht nur gesund und heilsam, sondern wirkt gleichermaßen präventiv! Aber Lachen ist nicht in allen Fällen gesundheitsfördernd. Manchmal muss man mit Heilkräutern und Massagen nachhelfen.

5. Bis über beide Ohren ayurvedisch
    Unserer Familie grauste es vor nichts. Weder scheuten wir die Lagunenbrühe, über die ganze Waran- und Schlangenfamilien zogen, noch die angeschwemmten, aufgedunsenen Fische und all das, was die angrenzenden Dörfer in der Lagune abgelegt hatten. Auch machten wir uns keine großartigen Gedanken um die Chemie, die Fabriken und Haushalte über Rohre ins Wasser leiteten.
    Jener Laguneninhalt flutete über Monate meine Ohren, welche bei Kiteversuchen unverdrossen dort abgetaucht waren.
    Eines Tages aber hatten meine Ohren genug vom eingeflößten Müll: Pünktlich zu einer anstehenden Geschäftsreise meines Mannes pfiff mein Gehör hysterisch und gipfelte in stechenden Schmerzen. Der Schluckprozess spornte die Schmerzen zur Höchstleistung an, woraufhin ich zur Eigentherapie griff und kurzerhand alles boykottierte, das geschluckt werden musste.
    Einen Tag lang aß ich nicht, trank nur das Nötigste und spuckte den Speichel, der nicht selbständig die Speiseröhre bergab glitt, aus. Auf der Zunge löste ich homöopathische Kügelchen auf, legte Zwiebel auf das vermaledeite Ohr und steckte Knoblauchzehen hinterher.
    Ich führte mich auf wie ein eigensinniges Kind.
    Einerseits war ich zu bequem, einen ordentlichen Arzt mit Erfahrung um entzündete Mittelohren aufzusuchen und andrerseits schreckten mich schauderhafte Krankenberichte von einem Arztbesuch ab. Ich fürchtete verunreinigte Nadeln, die mir neben Ohrenschmerzen noch eine Seuche einspritzten und tödliche Medikamentendosen, die mir das nur oberflächlich ausgebildete Personal in der Apotheke verabreichen könnte. Über Apotheken kursierten Gerüchte von fahrlässigen Tötungen. In der Nachbarschaft verbrochenan einem achtjährigen Mädchen, dessen Beerdigung unsere Jasinta vor zwei Jahren beigewohnt hatte. Die Grippemedikamente waren tödlich gewesen, Nachbars Apotheke die leichtsinnigen Mörder. Verschreibungspflichtige Medikamente wurden nicht in Vakuumverpackungen verkauft, sondern aus der Packung geschnitten oder aus Dosen in die Hand gezählt und ohne Beipackzettel an den Käufer weitergereicht.
    Man könnte Beliebiges in meine Hand zählen, erschrak ich damals, als ich für Jasinta Antibiotika kaufte! Durch diese Art Misstrauen war eine Dose mit 600 Aspirintabletten in meinen Besitz übergegangen. Die angebrochene Packung, aus der die Verkäuferin händisch Tabletten zählen wollte, hatte ich abgelehnt und lieber die versiegelte Version erworben.
    Jene kam mit Beipackzettel und wer weiß: Vielleicht hätte diese Beilage dem Mädchen das Leben gerettet – andrerseits: Wer liest schon einen in fachchinesisch verfassten Beipack?
    Ausgerüstet mit meinem Wissen um die Schwachstellen der hiesigen medizinischen Versorgung entschied ich mich für eine schlafgestörte Nacht, durch die ich mich unruhig wälzte und pausenlos aus ohnmächtigem Schlaf in schmerzverzehrtes Wehklagen verfiel. Es brauchte zehn Stunden und tausend Schmerzen, bis ich a) den Luxus eines Notarztes vermisste, der mich mit Antibiotika von meinen Qualen erlösen könnte und b) mein letztes Hemd für eine Mütze voll Schlaf hergegeben hätte. Bis sieben Uhr morgens harrte ich aus und telefonierte dann mein Hausmädchen aus ihrem beneidenswerten Schlaf, bat sie um die Telefonnummer eines mobilen Arztes. Unterdessen war mir egal, welche Qualifikationen jener und die dazugehörige Medikamentenausgabe mit sich brachten. Ich sehnte mich nur noch nach einer Dosis apothekenpflichtigem Schmerzmittel. Eine einzige durchwachte Nacht hatte mich von meinem Anspruchsdenken befreit.
    Leider kannte Jasinta keinen mobilen Arzt.
    Der Dorfarzt, entschuldigte sie das nicht vorhanden sein eines Doktors mit Hausbesuchen, sei von den unzähligen Notrufen in die Behausungen kerngesunder Hypochonder, wo er deren Wehleidigkeit behandeln sollte, mürbe gerufen worden. Stur hielt er sich an seine Geschäftszeiten zwischen 16 und 20 Uhr und verwies den Notfall ins Krankenhaus, wo er selbst die Morgenstunden durcharbeitete. Ins Krankenhaus wollte ich noch weniger als in die Apotheke. Dort hatte ich einmal ein Compound-Hausmädchen mit verknackstem Fuß hingebracht und

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