In einem leuchtend schoenen Land
nichts mehr ein. Schnaubend rollte ich die Leinen auf und wurde dabei von fünf Paar rot unterlegten Pupillen angeglotzt, hinter mir hallte ein: „Warum?“ her. Nonverbal meine Verachtung ausdrückend, kletterte ich mit Schirm und Leinen in den privaten Hotelgrund zurück und sah zu, wie die trinkfreudige Gesellschaft sich ein neues Opfer für ihre Flegeleien suchte.
Das neue Opfer war direkt mit mir verwandt, ließ nichts Böses ahnend gerade den Übungskite über sich kreisen.
Jenen wollten sich die Pöbler ausborgen.
Handgreiflich ausborgen.
Worüber Andreas sein Missfallen ausdrückte. Nachdem wir die ersten Monate mehrfach um Eigentum erleichtert worden waren, war unsere Toleranz in dieser Hinsicht endgültig überstrapaziert. Reflexartig verteidigte Andreas seinen Besitz und was daraufhin passierte, hat unsere Caro anhaltend traumatisiert.
„Mama!“, schrie sie mit weit aufgerissenen Augen.
„Schau mal! Die hauen den Papa!“
Ich folgte mit meinen Blicken Caros Entsetzen und erschrak einhellig mit dem Kind, schickte sie ins Hotel und schaute fassungslos auf die Szene, die sich ein paar Meter weiter abspielte. Andreas war von den Kiteinteressierten eingekreist, wurde von einem zum anderen geschubst.
Die Auseinandersetzung lag nur einen Faustschlag von der Eskalation entfernt.
In meinem Leben habe ich stets Tun dem Nichtstun vorgezogen, hatte mir auf diese Weise konsequent Unannehmlichkeiten eingehandelt. Heute plante ich nach der von mir initiierten Handgreiflichkeit auch noch, meine fünfzig Kilogramm schweren ein Meter Sechzig in den Streit einzubringen, was die Männer noch weiter brüskiert hätte. Der geplante, kopflose Einsatz wurde von einer Männerhand beiseite geschoben.
„Lass mal“, sagte der seit Jahren auf der Insel lebende Kilian, „das regeln wir schon!“ Gemeinsam mit dem Hotelbesitzer und einem Hotelgast eilte er zu Andreas, dem unterdessen einer der Herumstehenden lokale Unterstützung anbot und in der Landesspräche
Sinhala schlichtend auf die Schubsenden einredete. Die Beschwichtigungen drangen nicht bis zum alkoholumnebelten Verstand vor und Andreas griff zur Selbsthilfe.
„Very sorry!“, schindete er Zeit, die anstürmende Hilfe im Auge. Mit Worten alleine war die sich anbahnende Prügelei aber nicht mehr aufzuhalten, dafür war die Vorfreude auf eine Schlägerei schon zu weit fortgeschritten, die Eigendynamik eines Mobs kaum mehr aufzuhalten. Mein Mann entschied sich für das Klügste, wand sich aus der Umkreisung und floh, bevor die geballte Faust einschlagen konnte. Fünf Betrunkene verfolgten den Fliehenden, wurde von einer Verteidigungswand bestehend aus Kilian, Michael und dem Hotelgast aufgenommen, die sich den Schlägern in den Weg stellten. Dann ging alles sehr schnell. Betrunkene Fäuste flogen, wurden von unseren Männern abgewehrt und eingefangen, sie selbst aber schlugen nicht zu. Das Vermeiden einer Offensive war in der Erfahrung gereift, denn ein aktives Zuschlagen ihrerseits konnte das Nationalbewusstsein der zahlreichen um sie versammelten Sri-Lanker mobilisieren. Schlussendlich lastete auf uns allen die Kollektivschuld Europas für vierhundert Jahre Unterdrückung und somit die Schuldfrage immergültig geklärt: Weiß ist schuldig! Über Generationen weitergereichte Wut führte immer mal wieder zu einem Mob, der sich für diese Vergangenheit rächte und einer sich formierenden Übermacht wären wir nicht gewachsen gewesen.
Der Angriff kühlte sich merklich ab, beschwichtigend sprachen unsere Männer vernünftig auf die Prügelnden ein und gerade als ich aufatmen wollte, schlug ein letztes Mal eine betrunkene Faust zu und traf den landesunerfahrenen Hotelgast.
Dem Hotelgast platzte der Kragen und er schlug zurück, woraufhin dem Geschlagenen das Blut aus der
Nase lief und auf sein weißes T-Shirt tropfte. Mit funkelnden Augen sah jener sich nach den um ihn versammelten Neugierigen um, die sensationslustig näher kamen. Die versiegende Kampflust der Angreifer entflammte von Neuem, unsere Männern flohen hinter die Hotelmauer, wo wir Frauen und die Kinder bereits Schutz gesucht hatten. Die sri-lankanische Ehefrau des deutschen Hotelbesitzers hatte mit der ersten Handgreiflichkeit die Polizei antelefoniert, die wir dringend erwarteten. Um Zeit ringend sprach sie in Sinhala auf die Männer ein, die hinter der Mauer tänzelten. Der Ansturm auf privaten Grund war nur noch eine Frage der Zeit. Noch arbeitete die Autorität des kleinen Mäuerchens für
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