In einer heißen Sommernacht
langsam.
Als Ella ohne Mr Rainwater ins Esszimmer zurückkehrte, herrschte bei den Dunne-Schwestern helle Aufregung. » Ist etwas passiert?«, fragte Miss Violet.
» Mr Rainwater wurde zu einem Freund gerufen. Sind Sie bereit für den Cobbler mit Sahne?« Ihre Gelassenheit war natürlich gespielt, aber sie beruhigte die ältlichen Damen.
» Das sieht ihm ähnlich, nicht wahr? Einem Freund von einer Sekunde zur nächsten zu Hilfe zu eilen«, sagte Miss Pearl. » Er hat nicht einmal zu Ende gespeist. Er ist so ein netter junger Mann.«
» Und klug«, bemerkte Mr Hastings, der sich einen weiteren Maiskolben nahm. » Er ahnt meine Züge auf dem Schachbrett voraus. Miss Pearl, darf ich Sie bitten, mir die Butter zu geben?«
Gleich nach dem Abendessen überließ Ella Margaret das Aufräumen und zog sich mit Solly in ihre Räumlichkeiten zurück. Der nachmittägliche Anfall im Auto schien ihm Energie geraubt zu haben. Er leistete keinen Widerstand, als sie ihn mit dem Schwamm wusch und anschließend in den Pyjama steckte. Normalerweise hätte er sich mit Händen und Füßen gewehrt.
Sie war erleichtert, als sie feststellte, dass ihre Gäste sich früh zurückgezogen hatten. Beide Salons waren leer und dunkel, als sie in die Küche zurückkehrte, wo Margaret gerade einen Stofffetzen um ihren Zeigefinger wickelte.
» Du liebe Güte, was ist passiert?«
» Ich habe mich mit diesem vermaledeiten alten Fleischermesser geschnitten.«
» Es blutet immer noch. Soll Doktor Kincaid einen Blick darauf werfen?«
» Nein, das ist nichts, was man nicht mit ein bisschen Petroleum behandeln könnte. Ich werde den Finger richtig verbinden, sobald ich zu Hause bin.«
» Dann geh.«
» Das Geschirr ist noch nicht gespült.«
» Du kannst mit einem blutenden Finger kein Geschirr spülen oder abtrocknen.«
Margaret protestierte pro forma, aber Ella bestand darauf, dass sie nach Hause ging und sich um ihre Verletzung kümmerte. Schließlich gab sie nach und entschuldigte sich dafür, dass sie Ella so viel Arbeit hinterließ. Tatsächlich hatte Ella nichts dagegen, alleine zu sein. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Sie hatte keine Lust, Margarets Fragen über die Begegnung mit Conrad oder Mr Rainwaters geheimnisvollen Telefonanruf abzublocken, der ihn zum sofortigen Aufbruch veranlasst hatte.
Ella aß alleine am Küchentisch, aber Nervosität raubte ihr den Appetit. Dass sie nicht den Grund für Ollie Thompsons Hilferuf kannte, machte sie krank vor Sorge. Nach der Küchenuhr war Mr Rainwater seit über zwei Stunden fort. Wo steckte er, wo war er hingefahren, war er in Gefahr?
Sie spülte gerade das Geschirr, als sie seinen Wagen auf der Straße hörte. Sie trocknete sich rasch die Hände ab, lief durch den Hausflur und entriegelte die Fliegengittertür in dem Moment, als er davor stehen blieb.
Er trat ein, zog die Tür zu und verriegelte sie wieder, dann schaltete er das Licht auf der Veranda und die Lampe im Flur aus. Ella, die seine Anspannung spürte, verhielt sich still, während er den Vorgarten und die Straße beobachtete.
Nach mehreren Minuten fiel die Anspannung sichtlich von ihm ab. Er nahm seinen Hut ab und hängte ihn an die Garderobe, dann wandte er sich zu ihr um. Mit leiser Stimme fragte er: » Ist von dem Cobbler noch etwas übrig?«
Ella führte ihn in die Küche, vorbei an der Treppe, wo ihr bewusst wurde, dass sie auf Zehenspitzen ging. Sie sprachen kein Wort, bis die Küchentür sich hinter ihnen geschlossen hatte. » Es ist noch reichlich Essen übrig. Ich kann Ihnen einen Teller herrichten.«
Er schüttelte den Kopf. » Nur den Nachtisch. Nachdem Margaret sich die Mühe gemacht hat, den Cobbler zu backen, sollte ich ihn wenigstens probieren. Ich habe erwartet, dass sie noch hier ist.«
Ella erzählte ihm von der Schnittverletzung am Finger. » Ich habe sie nach Hause geschickt. Kaffee?«
» Sehr gerne.« Er zögerte, dann sagte er: » Ich nehme an, Sie haben nicht zufällig irgendwo heimlich eine Flasche–«
Sie schüttelte den Kopf.
» Dann bitte Kaffee, schwarz.«
Sie stellte ihm eine Tasse Kaffee und einen Teller Cobbler mit einer großzügigen Portion Sahne hin, bevor sie ihm gegenüber am Tisch Platz nahm. » Wo waren Sie? Warum hat Ollie angerufen?«
» Es war nicht so schlimm wie zunächst befürchtet.«
» Was ist passiert?«
» Sie haben sein Haus angegriffen. Als er anrief, rasten mehrere Fahrzeuge um sein Haus. Überwiegend Pick-ups. Er konnte nicht viel erkennen, außer den
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