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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gewesen war. Später am Tage würde er sich sicherheitshalber den Dienstplan des Mannes ansehen.
    Was war mit Pangborn selbst? Er war sicher intelligent genug; mit ziemlicher Sicherheit haßte er Danforth Keeton (taten SIE das nicht alle? haßten SIE ihn etwa nicht alle?), und Pangborn kannte eine Menge Leute in Augusta. Er kannte SIE gut. Er telefonierte mit IHNEN, so ziemlich jeden Tag. Die Telefonrechnungen waren horrend, trotz der Amtsleitung.
    Konnten es beide gewesen sein? Pangborn und Ridgewick? Beide unter einer Decke?
    »Der einsame Ranger und sein treuer indianischer Begleiter Tonto«, sagte Keeton leise und lächelte bösartig. »Wenn du es warst, Pangborn, dann wird dir das noch leid tun. Und wenn ihr es beide wart, dann wird es euch beiden leid tun.« Seine Hände ballten sich langsam zu Fäusten. »Ich werde diese Verfolgung nicht für alle Zeiten hinnehmen.«
    Seine sorgfältig manikürten Nägel gruben sich ins Fleisch seiner Handfächen. Als das Blut zu fließen begann, bemerkte er es nicht. Vielleicht Ridgewick. Vielleicht Pangborn, vielleicht Melissa Clutterbuck, diese frigide Ziege, die das Finanzressort der Stadt vertrat, vielleicht Bill Fullerton, sein zweiter Mann im Stadtrat (er wußte ganz genau, daß Fullerton auf seinen Job aus war und keine Ruhe geben würde, bis er ihn hatte)...
    Vielleicht alle.
    Alle miteinander.
    Keeton stieß den angehaltenen Atem in Form eines langen, gequälten Seufzers aus, der das Drahtglas seines Bürofensters beschlagen ließ. Die Frage war: Was sollte er dagegen tun? Zwischen heute und dem siebzehnten des Monats – was sollte er tun?
    Die Antwort war simpel: er wußte es nicht.

2
     
    Danforth Keetons Leben als junger Mann war eine Sache von eindeutigem Schwarz und Weiß gewesen, und das hatte ihm gefallen. Er hatte die Castle Rock High School besucht und mit vierzehn angefangen, stundenweise in der Autohandlung der Familie zu arbeiten, wo er die Vorführwagen wusch und die Ausstellungsstücke polierte. Keeton Chevrolet war eine der ältesten Chevrolet-Vertretungen in Neuengland und der Grundstein des Finanzgebäudes der Keetons. Es war wirklich ein solides Gebäude gewesen, zumindest bis vor relativ kurzer Zeit.
    Während seiner vier Jahre an der Castle Rock High School hatte praktisch jedermann ihn Buster genannt. Er entschied sich für die Handelsschul-Abteilung, erzielte durchweg solide B-Noten, leitete den Schülerrat fast allein und besuchte anschließend das Traynor Business College in Boston. Im Traynor hatte er in fast allen Fächern A-Noten und legte drei Semester vor der Zeit sein Examen ab. Als er nach Castle Rock zurückkehrte, machte er allen schnell klar, daß seine Buster-Tage vorüber waren.
    Es war ein gutes Leben gewesen bis zu dem Ausflug, den er und Steve Frazier vor neun oder zehn Jahren nach Lewiston unternommen hatten. Das war der Moment, an dem die Probleme anfingen; das war der Moment, von dem an sich sein sauberes Schwarz-und-Weiß-Leben mit immer tiefer werdenden grauen Schatten zu füllen begann.
    Er hatte sich nie auf irgendwelche Glücksspiele eingelassen – nicht als Buster an der Castle Rock High School, nicht als Dan am Traynor Business, nicht als Mr. Keeton von Keeton Chevrolet und Mitglied des Stadtrates. Soweit Keeton wußte, hatte das nie jemand in seiner Familie getan; er konnte sich nicht einmal an so unschuldige Zeitvertreibe wie Skat- oder andere Kartenspiele um Pfennigeinsätze erinnern. Es lag kein Tabu auf diesen Dingen, kein du sollst nicht , aber niemand tat es. Keeton hatte nie auf irgend etwas gewettet – bis zu jenem ersten Ausflug zur Rennbahn von Lewiston mit Steve Frazier. Er hatte nie irgendwo anders eine Wette plaziert, und er brauchte es auch nicht. Die Rennbahn genügte, Danforth Keeton zu ruinieren.
    Er war damals Dritter Stadtrat gewesen. Steve Frazier, jetzt seit mindestens fünf Jahren unter dem Rasen, hatte damals den Vorsitz gehabt. Keeton und Frazier waren »in die City hinauf« gefahren (Ausflüge nach Lewiston wurden immer so bezeichnet), zusammen mit Butch Nedeau, dem für Castle Rock zuständigen Fürsorgebeamten des Countys, und Harry Samuels, der nach wie vor dem Stadtrat angehörte und es wahrscheinlich tun würde, bis auch er das Zeitliche segnete. Der Anlaß war eine Konferenz von County-Beamten aus dem gesamten Staat gewesen; das Thema waren die neuen Gesetze über die Aufteilung der Steuereinnahmen – und diese Aufteilung der Steuereinnahmen war es, denen er den größten Teil

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