In einer kleinen Stad
sich höchst überflüssig vor.
Gegen Ende des seltsam delikaten Balletts der Spurensicherung gesellte sich Henry Payton zu dem an Rande des Geschehens wartenden Alan. »Verdammt lausige Art, einen Sonntagnachmittag zu verbringen«, sagte er.
Alan nickte.
»Tut mir leid, daß der Kopf sich bewegt hat. Das war Pech.«
Alan nickte abermals.
»Aber ich glaube nicht, daß Ihnen jemand daraus einen Vorwurf machen wird. Sie haben eine gute Aufnahme von der ursprünglichen Position.« Er warf einen Blick auf Norris, der sich mit Clut und dem gerade eingetroffenen John LaPointe unterhielt. »Sie haben Glück gehabt, daß der Junge da drüben nicht den Finger vor die Linse gehalten hat.«
»Ach, Norris ist in Ordnung.«
»Wie dem auch sei – die Geschichte sieht ziemlich simpel aus.«
Alan pflichtete ihm bei. Das war das Problem; das hatte er schon gewußt, bevor er und Norris in einer Gasse hinter dem Kennebec Valley Hospital mit ihrem Sonntagsdienst fertig waren. Die ganze Geschichte war ziemlich simpel. Vielleicht zu simpel.
»Wollt ihr beim Aufschneiden dabei sein?« fragte Henry.
»Ja. Wird Ryan es machen?«
»Ja, soweit ich weiß.«
»Ich denke, ich nehme Norris mit. Die Leichen gehen zuerst nach Oxford, nicht wahr?«
»Ja. Dort werden sie registriert.«
»Wenn Norris und ich gleich abfahren, können wir in Augusta sein, bevor sie dort eintreffen.«
Henry Payton nickte. »Warum nicht? Hier dürfte alles erledigt sein.«
»Ich möchte gern je einen meiner Männer mit Ihren Teams losschicken. Haben Sie etwas dagegen?«
Payton dachte darüber nach. »Nein – aber wer sorgt hier für Frieden und Ordnung? Der alte Seat Thomas?«
Alan spürte, wie in ihm plötzlich etwas aufflackerte, das zu heiß war, als daß man es als bloßen Verdruß hätte abtun können. Es war ein langer Tag gewesen, und er hatte sich Henrys herabsetzende Bemerkungen über seine Deputies lange genug angehört – aber er durfte es mit Henry nicht verderben, wenn er als Anhalter bei etwas mitfahren wollte, das offiziell Sache der Staatspolizei war, und deshalb hütete er seine Zunge.
»Also wissen Sie, Henry. Es ist Sonntagabend. Sogar der Mellow Tiger hat geschlossen.«
»Weshalb sind Sie so versessen darauf, am Ball zu bleiben, Alan? Ist irgendetwas faul an der Sache? Soweit ich informiert bin, gab es böses Blut zwischen den beiden Frauen, und die, die obenauf lag, hat schon jemanden auf dem Gewissen. Ihren Ehemann.«
Alan dachte darüber nach. »Nein – faul ist nichts. Jedenfalls nichts, von dem ich wüßte. Es ist nur so, daß...«
»Irgendwie hat es in Ihrem Kopf noch nicht geklingelt?«
»Etwas von der Art.«
»Okay. Solange Ihren Leuten klar ist, daß sie nur dabei sind, um zuzuhören und den Mund zu halten.«
Alan lächelte ein wenig. Er dachte daran, Payton zu sagen, daß Clut und John LaPointe, wenn er sie anwies, Fragen zu stellen, vermutlich das Hasenpanier ergreifen würden; aber er beschloß, es lieber zu lassen.
»Sie werden den Mund halten«, sagte er. »Darauf können Sie sich verlassen.«
3
Und nun waren sie hier, er und Norris Ridgewick, nach dem längsten Sonntag seit Menschengedenken. Aber der Tag hatte eines gemeinsam mit dem Leben von Nettie und Wilma: er war vorbei.
»Haben Sie vor, sich für die Nacht in irgendeinem Motel einzumieten?« fragte Norris zögernd. Alan brauchte kein Gedankenleser zu sein, um zu wissen, woran er dachte: an den Angelausflug, den er versäumen würde.
»Habe ich nicht.« Alan bückte sich und hob den Kittel auf, den er zum Offenhalten der Tür benutzt hatte. »Wir machen uns auf die Socken.«
»Gut Idee«, sagte Norris und hörte sich, seit Alan ihn am Tatort getroffen hatte, zum erstenmal wieder glücklich an. Fünf Minuten später waren sie auf der Route 43 unterwegs nach Castle Rock, und die Scheinwerfer des Streifenwagens bohrten Löcher in die windige Dunkelheit. Als sie ankamen, war es schon seit fast drei Stunden Montagmorgen.
4
Alan steuerte den Streifenwagen hinter das Gebäude der Stadtverwaltung und stieg aus. Sein Kombi stand am anderen Ende des Parkplatzes neben Norris’ klapprigem VW-Käfer.
»Sie machen sich gleich auf den Heimweg?« fragte er Norris.
Norris bedachte ihn mit einem kleinen, verlegenen Grinsen und schlug die Augen nieder. »Sobald ich mich in Zivil geworfen habe.«
»Norris, wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, daß Sie die Herrentoilette nicht als Umkleidekabine benutzen sollen?«
»Also, Chef – ich tue es doch nicht
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