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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Geste den Staub vor seinem Gesicht fortwedelnd, dorthin, wo sein Skateboard lag.
    Die Einfassung seines alten T-Shirts war völlig abgerissen und hing wie etwas, das wie eine schwarze Kette aussah, über Slopeys vorstehenden Schlüsselbeinen. Er hatte genau das getan, was Mr. Gaunt von ihm verlangt hatte, und es war prächtig gelaufen. Trainer Pratt hatte wütender ausgesehen als ein nasses Huhn.
    Jetzt konnte er heimgehen und seinen Teekessel anschauen.
    »W-w-wenn ich nur n-n-nicht zu s-s-stottern brauchte«, sagte er in den leeren Raum hinein.
    Dann stieg er auf sein Skateboard und fuhr davon.

15
     
    Sheila hatte sehr viel Mühe, Alan mit Henry Payton zu verbinden – sie war sicher, den Kontakt zu Henry verloren zu haben, und weil sie den Eindruck gehabt hatte, als wäre er wirklich aufgeregt, hatte sie ihn zurückrufen müssen -, und als sie diese technische Meisterleistung gerade vollbracht hatte, leuchtete das Licht von Alans Privatanschluß auf. Sie legte die Zigarette beiseite, die sie sich gerade hatte anzünden wollen, und meldete sich. »Büro des Sheriffs von Castle Country, Anschluß von Alan Pangborn.«
    »Hallo, Sheila. Ich möchte mit Alan sprechen.«
    »Polly?« Sheila runzelte die Stirn. Zwar erkannte sie die Stimme, aber sie hatte noch nie erlebt, daß Polly sich so anhörte wie jetzt – kalt und kurz angebunden wie die Chefsekretärin einer großen Firma. »Sind Sie das?«
    »Ja«, sagte Polly. »Ich möchte mit Alan sprechen.«
    »Das geht im Moment nicht. Er spricht gerade mit Henry Payton, und...«
    »Halten Sie die Leitung offen«, unterbrach Polly. »Ich warte.«
    Sheila wurde ein wenig nervös. »Nun ja – das würde ich tun, aber es ist ein bißchen komplizierter. Alan ist – unterwegs. Ich mußte Henry durchstellen.«
    »Wenn Sie Henry Payton durchstellen konnte, können Sie mich auch durchstellen«, sagte Polly kalt. »Oder etwa nicht?«
    »Doch, das kann ich, aber ich weiß nicht, wie lange sie...«
    »Das ist mir gleichgültig. Von mir aus können sie reden, bis es in der Hölle schneit«, sagte Polly. »Halten Sie die Leitung offen, und wenn sie fertig sind, verbinden Sie mich mit Alan. Ich würde Sie nicht darum bitten, wenn es nicht wichtig wäre – das wissen Sie doch, Sheila?«
    Ja – Sheila wußte es. Und sie wußte noch etwas: Polly begann, ihr Angst einzuflößen. »Polly, ist alles in Ordnung?«
    Es folgte eine lange Pause. Dann reagierte Polly, indem sie ihrerseits eine Frage stellte. »Sheila, haben Sie für Sheriff Pangborn irgendwelche Briefe geschrieben, die an das Department of Child Welfare in San Francisco gerichtet waren? Oder haben Sie solche Briefe in der hinausgehenden Post gesehen?«
    Plötzlich flackerten in Sheilas Kopf rote Lichter auf – eine ganze Menge rote Lichter. Sie vergötterte Alan Pangborn beinahe, und Polly Chalmers hatte ihm etwas vorzuwerfen. Sie wußte nicht, um was es sich handelte, aber der Tonfall der Anschuldigung war unverkennbar.
    »Das wäre eine Information, die ich an niemanden weitergeben darf«, sagte sie, und die Temperatur ihres eigenen Tonfalls sank um zehn Grad. »Sie sollten lieber den Sheriff selbst danach fragen, Polly.«
    »Ja – das sollte ich. Halten Sie bitte die Leitung offen und verbinden Sie mich mit ihm, sobald es möglich ist.«
    »Polly, was ist los mit Ihnen? Sind Sie wütend auf Alan? Sie müssen doch wissen, daß er nie etwas tun würde, was...«
    »Ich weiß überhaupt nichts mehr«, sagte Polly. »Wenn ich Sie etwas gefragt habe, was ich nicht hätte fragen dürfen, dann bitte ich um Entschuldigung. Wollen Sie nun die Leitung offenhalten und mich so bald wie möglich mit ihm verbinden, oder muß ich losgehen und nach ihm suchen?«
    »Nein, ich verbinde Sie«, sagte Sheila. Sie verspürte eine seltsame Unruhe, als wäre etwas Furchtbares passiert. Wie viele Frauen in Castle Rock war sie überzeugt gewesen, daß Alan und Polly sich zutiefst liebten, und wie viele der anderen Frauen in der Stadt neigte Sheila dazu, sie als Charaktere in einem düsteren Märchen zu sehen, in dem zum Schluß alles gut ausgehen würde. Irgendwie würde die Liebe über alles siegen. Aber jetzt hörte es sich so an, als wäre Polly mehr als nur wütend; es hörte sich an, als wäre sie voll von Qual und noch etwas anderem obendrein. Für Sheila hörte sich dieses andere fast an wie Haß. »Also warten Sie bitten, Polly – aber es kann eine Weile dauern.«
    »Das macht nichts. Danke, Sheila.«
    »Gern geschehen.« Sie drückte auf

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