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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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besagte dieser Ton. Wir sind hier schließlich im Norden. Bei uns gibt es diesen Südstaatenscheiß nicht . NATÜRLICH bist du ein Nigger, jeder kann das sehen, aber das spielt für uns nicht die geringste Rolle. Schwarz, Gelb, Weiß oder Grün – wir hauen sie alle übers Ohr. Bring ihn her.
    Sonny hatte das Getriebe des Honda repariert, aber die Rechnung war um hundert Dollar höher gewesen, als er ursprünglich gesagt hatte, und eines Abends wären sie im Tiger deswegen beinahe aneinandergeraten. Dann hatte Sonnys Anwalt (nach Eddie Warburtons Erfahrungen hatten alle Weißen, ob Yankees oder Farmer im Süden, einen Anwalt ) Eddie angerufen und ihm mitgeteilt, daß Sonny die Sache vor das Bagatellgericht bringen würde. Das Ergebnis war, daß Eddie hinterher um fünfzig Dollar ärmer war. Und fünf Monate später kam es zu dem Kabelbrand in dem Honda. Der Wagen hatte auf dem Parkplatz der Stadtverwaltung gestanden. Jemand hatte nach Eddie gerufen, aber bis er mit einem Feuerlöscher herausgekommen war, war das Innere seines Wagens eine tanzende Masse aus gelbem Feuer. Es war ein Totalschaden gewesen.
    Seither hatte er sich immer wieder gefragt, ob Sonny Jackett den Brand verursacht hatte. Der Versicherungsagent erklärte, es handelte sich ganz offensichtlich um einen Zufall, verursacht durch einen Kurzschluß – etwas, was bei einer Million Autos einmal vorkam. Aber was wußte der Mann schon? Vermutlich nichts, und außerdem war es nicht sein Geld. Außerdem war die Versicherung nicht hoch genug gewesen, um Eddies Schaden zu decken.
    Und nun wußte er es. Wußte es mit Sicherheit.
    Früher am Tage hatte mit der Post ein Päckchen bekommen. Die darin befindlichen Gegenstände waren über die Maßen erhellend gewesen: etliche geschwärzte Krokodilklemmen, ein altes, eselohriges Foto und eine Nachricht.
    Die Klemmen waren von der Sorte, die ein Mann zum Auslösen eines Kabelbrandes benutzen konnte. Man brauchte nur an den richtigen Stellen die Isolierung von den richtigen Kabelpaaren abzuschaben, die Drähte zusammenzuklemmen, und voilä.
    Der Schnappschuß zeigte Sonny und ein paar seiner Yankee-Freunde, die Burschen, die ständig auf Küchenstühlen an der Tankstelle herumlungerten. Die Szenerie war jedoch nicht Sonnys Tankstelle; es war Robicheaus Schrottplatz draußen an der Town Road Nr. 5. Die Yankees standen vor Eddies ausgebranntem Civic, tranken Bier, lachten – und verspeisten Stücke von Wassermelonen.
    Die Nachricht war kurz und bündig: Lieber Nigger. Sich mit mir anzulegen war ein schwerer Fehler.
    Anfangs wunderte Eddie sich, weshalb Sonny ihm eine solche Nachricht zukommen ließ (allerdings brachte er sie nicht mit dem Brief in Verbindung, den er selbst auf Mr. Gaunts Geheiß durch Polly Chalmers Briefschlitz geworfen hatte). Er kam zu dem Schluß, daß Sonny es getan hatte, weil er noch dämlicher und gemeiner war als die meisten Yankees. Dennoch – wenn die Geschichte Sonny immer noch im Magen lag – weshalb hatte er dann so lange damit gewartet, sie wieder aufzutischen? Aber je länger er über diese lange zurückliegende Zeit nachgrübelte
    (Lieber Nigger)
    desto unwichtiger erschienen ihm die Fragen. Die Nachricht, die geschwärzten Krokodilklemmen und das alte Foto schwirrten in seinem Kopf herum wie eine Wolke hungriger Stechmücken.
    Am Abend hatte er bei Mr. Gaunt eine Waffe gekauft.
    Die Leuchtstoffröhren im Büro der Sunoco-Tankstelle warfen ein weißes Trapez auf den Asphalt im Umkreis der Pumpen, als Eddie mit dem gebrauchten Olds vorfuhr, der an die Stelle des Civic getreten war. Er stieg aus. Eine Hand steckte in seiner Jackentasche und hielt die Waffe.
    An der Tür blieb er eine Minute stehen und schaute hinein. Sonny saß neben seiner Registrierkasse auf einem Plastikstuhl, der auf den Hinterbeinen gegen die Wand gekippt war. Eddie konnte gerade das Oberteil von Sonnys Mütze über seiner aufgeschlagenen Zeitung sehen. Er las die Zeitung. Natürlich. Weiße hatten immer Anwälte , und nach einem Tag, an dem sie einen schwarzen Burschen wie Eddie übers Ohr gehauen hatten, saßen sie immer in ihrem Büro, kippten die Stühle gegen die Wand und lasen die Zeitung.
    Zum Teufel mit den Scheißweißen und ihren Scheißanwälten und ihren Scheiß zeitungen.
    Eddie zog die automatische Pistole und ging hinein. Ein Teil von ihm, der geschlafen hatte, wachte plötzlich auf und schrie entsetzt, daß er das nicht tun sollte, daß es ein Fehler war. Aber die Stimme war unwichtig. Sie war

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