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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Abend?«
    »Grauenhaft«, sagte Buster mit schleppender Stimme. »Alles ist vor die Hunde gegangen. Ich werde mich umbringen.«
    »Oh?« Mr. Gaunts Stimme klang ein ganz klein wenig enttäuscht.
    »Nichts taugt noch etwas. Nicht einmal das Spiel, das Sie mir verkauft haben, taugt etwas.«
    »Oh, das bezweifle ich doch sehr«, entgegnete Mr. Gaunt mit einem Anflug von Gereiztheit. »Ich überprüfe meine Waren sehr gründlich, Mr. Keeton. Überaus gründlich sogar. Wie wäre es, wenn Sie noch einmal einen Blick darauf werfen würden?«
    Buster tat es, und was er sah, verblüffte ihn. Die Pferde standen gerade und aufrecht in ihren Schlitzen. Jedes Fell sah aus wie frisch bemalt. Selbst ihre Augen schienen Feuer zu sprühen. Die blecherne Rennbahn erstrahlte in leuchtendem Grün und sommerlichen Brauntönen. Diese Bahn sieht schnell aus, dachte er verträumt, und seine Augen wanderten zu dem Deckel der Schachtel.
    Entweder hatten ihn seine Augen, von der Depression getrübt, getäuscht, oder die Farben hatten sich in wenigen Sekunden, seit das Telefon geläutet hatte, auf erstaunliche Weise aufgefrischt. Selbst Myrtles Blut war kaum noch zu erkennen. Es trocknete zu einem matten Braun.
    »Mein Gott!« flüsterte er.
    »Nun?« fragte Mr. Gaunt. »Nun, Dan? Habe ich mich geirrt? Wenn ich das getan habe, müssen Sie Ihren Selbstmord zumindest so lange aufschieben, bis Sie mir Ihren Kauf zurückgebracht und Ihr Geld wiederbekommen haben. Ich stehe hinter meiner Ware. Es bleibt mir gar nichts anderes übrig. Ich habe einen guten Ruf zu wahren, und das ist eine Sache, die ich sehr ernst nehme in einer Welt, in der es Milliarden von IHNEN gibt und nur einen von meiner Sorte.«
    »Nein – nein!« sagte Buster. »Es ist – es ist wundervoll!«
    »Dann haben Sie sich also geirrt?»Mr. Gaunt ließ nicht locker.
    »Ich – ich glaube, so muß es gewesen sein.«
    »Sie geben zu , daß Sie sich geirrt haben?«
    »Ich – ja.«
    »Gut«, sagte Mr. Gaunt. Seine Stimme verlor ihre Schärfe. »Dann machen Sie nur so weiter und bringen Sie sich um. Obwohl ich gestehen muß, daß ich enttäuscht bin. Ich hatte gedacht, ich hätte endlich einen Mann getroffen, der genügend Mut besitzt, mir dabei zu helfen, IHNEN eine Lektion zu erteilen. Aber vermutlich schwingen Sie nur große Reden wie alle anderen Leute auch.« Mr. Gaunt seufzte. Es war der Seufzer eines Mannes, dem klar geworden ist, daß er doch nicht das Licht am Ende des Tunnels gesehen hat.
    Mit Buster Keeton ging etwas Merkwürdiges vor. Er spürte, wie Vitalität und Zielstrebigkeit in ihn zurückfluteten. Auch die Farben in seinem Inneren schienen wieder leuchtender, intensiver zu werden.
    »Sie meinen, es ist noch nicht zu spät?«
    »Sie haben offenbar nicht aufgepaßt, als in der Schule Gedichte gelesen wurden. >Es ist nie zu spät für die Suche nach einer neueren Welt.< Nicht, wenn Sie ein Mann mit Rückgrat sind. Schließlich hatte ich für Sie bereits alle Vorbereitungen getroffen, Mr. Keeton. Ich hatte auf Sie gezählt.«
    »Mir wäre es wesentlich lieber, wenn Sie mich einfach Dan nennen würden«, sagte Buster fast schüchtern.
    »Also gut, Dan. Haben Sie es sich wirklich in den Kopf gesetzt, auf derart feige Art aus dem Leben zu scheiden?«
    »Nein!« rief Buster. »Es ist nur – welchen Sinn hat das. Es gibt einfach zu viele von IHNEN.«
    »Drei Männer können eine Menge Schaden anrichten, Dan.«
    »Drei? Sagten Sie drei?«
    »Ja – es gibt noch jemanden, der zu uns gehört. Jemanden, der gleichfalls die Gefahr sieht und begreift, was SIE im Schilde führen.«
    »Wer?« fragte Buster eifrig. »Wer?«
    »Später«, sagte Mr. Gaunt. »Im Augenblick ist die Zeit knapp. SIE werden kommen, um Sie zu holen.«
    Buster schaute mit den verkniffenen Augen eines Frettchens, das die Gefahr wittert, zum Fenster seines Arbeitszimmers hinaus. Die Straße war leer, aber nur fürs erste. Er konnte SIE fühlen, spüren, wie sie sich gegen ihn zusammenrotteten.
    »Was soll ich tun?«
    »Also gehören Sie zu meinem Team?« fragte Mr. Gaunt. »Ich kann also doch auf Sie zählen?«
    »Ja!«
    »Voll und ganz?«
    »Bis es in der Hölle schneit oder Sie andere Anweisungen geben!«
    »Sehr gut«, sagte Mr. Gaunt. »Hören Sie genau zu, Dan.« Und während Mr. Gaunt redete und Buster zuhörte und dabei allmählich in den hypnotischen Zustand versank, den Mr. Gaunt offenbar nach Belieben auslösen konnte, begann das erste Grollen des herannahenden Gewitters die Luft zu

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