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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verängstigt und aufgeregt zugleich. Er war erst seit knapp einem Jahr bei der Staatspolizei. »Da ist etwas im Busch! Etwas Schlimmes! Ein Haufen von ungefähr siebzig Leuten ist gerade vorbeigezogen! Ten-Four!«
    »So, und was haben sie getan?« fragte Payton. »Ten-four.«
    »Sie haben >Onward Christian Soldiers< gesungen! Ten-four!«
    »Sind Sie das, Morris? Ten-four.«
    »Ja, Sir. Ten-four!«
    »Nun, soweit ich informiert bin, Trooper Morris, gibt es bisher noch kein Gesetz, das das Singen von Hymnen verbietet, selbst im strömenden Regen. Ich halte ein derartiges Unternehmen für dämlich, aber nicht für ungesetzlich. Und was ich jetzt sage, sage ich nur einmal: ich habe vier verschiedene Schweinereien gleichzeitig um die Ohren, und ich weiß nicht, wo der Sheriff steckt und seine sämtlichen Deputies, und deshalb habe ich keine Zeit für Nebensächlichkeiten! Haben Sie verstanden? Ten four!«
    Trooper Morris schluckte schwer. »Ja, Sir, ich habe verstanden, natürlich habe ich verstanden, aber irgend jemand in der Menge – ich glaube, es war eine Frau – hat gesagt, sie wollten ein paar Katholiken einen gewaltigen Tritt in den Arsch versetzen, und mir hat der Tonfall gar nicht gefallen.« Dann setzte Morris schüchtern hinzu: »Ten-four?«
    Die Stille dauerte so lange, daß Morris im Begriff war, Payton noch einmal anzurufen – die Elektrizität in der Luft hatte den Funkverkehr über größere Entfernungen unmöglich gemacht, und selbst innerhalb der Stadt war die Verbindung schlecht -, und dann sagte Payton mit erschöpfter, bestürzter Stimme: »Herr im Himmel! Das hat mir gerade noch gefehlt. Was geht dort vor?«
    »Nun, die Frau hat gesagt, sie wollten...«
    »Das habe ich bereits gehört!« brüllte Payton so laut, daß sich seine Stimme verzerrte und brach. »Fahren Sie zur katholischen Kirche! Wenn sich dort etwas zusammenrottet, versuchen Sie, es aufzulösen, aber passen Sie auf, daß Sie nicht verletzt werden! Ich wiederhole: Passen Sie auf, daß Sie nicht verletzt werden! Ich schicke Verstärkung, sobald ich kann – wenn ich noch irgendwelche Verstärkung übrig habe. Tun Sie es sofort! Ten-four!«
    »Äh. Lieutenant Payton? Wo ist in dieser Stadt die katholische Kirche?«
    »Woher zum Teufel soll ich das wissen?« schrie Payton. »Schließlich ist es nicht meine Kirche! Folgen Sie einfach der Menge! Ten-forty out!«
    Morris hängte das Mikrofon ein. Er konnte die Menge nicht mehr sehen, aber er konnte sie zwischen Donnerschlägen immer noch hören. Er startete seinen Streifenwagen und folgte dem Gesang.

11
     
    Der Pfad, der zur Küchentür von Myra Evans’ Haus führte, wurde von Steinen gesäumt, die in verschiedenen Pastellfarben bemalt waren.
    Cora Rusk hob einen blauen Stein auf, ließ ihn in der Hand hüpfen, die nicht die Pistole hielt, und schätzte sein Gewicht ab. Sie versuchte, die Tür zu öffnen. Sie war verschlossen, womit sie gerechnet hatte. Sie schleuderte den Stein durch die Scheibe und benutzte den Lauf ihrer Pistole, um die noch am Rahmen hängenden Scherben und Splitter wegzuschlagen. Dann griff sie hindurch, schloß die Tür auf und trat ein. Das Haar hing ihr in nassen Strähnen ins Gesicht. Ihr Kleid klaffte noch immer auf, und Tropfen von Regenwasser rannen über ihre mit Pickeln übersäten Brüste.
    Chuck Evans war nicht zu Hause, aber Garfield, Chucks und Myras Angorakater war da. Er kam miauend in die Küche getrabt, auf Futter hoffend, und Cora besorgte es ihm. Der Kater flog in einer Wolke von Blut und Fell durch die Luft. »Friß das , Garfield!« bemerkte Cora. Sie schritt durch die Pulverdampfwolke hindurch in die Diele und dann die Treppe hinauf. Sie wußte, wo sie die Schlampe finden würde. Sie würde sie im Bett finden. Cora wußte das so genau, wie sie ihren Namen wußte.
    »Jetzt ist Schlafenszeit, Myra«, sagte sie. »Ob du es glaubst oder nicht.«
    Cora lächelte.

12
     
    Father Brigham und Albert Gendron führten einen Zug wutschnaufender Katholiken die Castle Avenue hinunter in Richtung Harrington Street. Als sie ungefähr die halbe Strecke zurückgelegt hatten, hörten sie Gesang. Die beiden Männer tauschten einen Blick.
    »Was glauben Sie, Albert, ob wir ihnen ein anderes Lied beibringen können?« fragte Father Brigham leise.
    »Ich denke schon, Father«, erwiderte Albert.
    »Sollen wir sie lehren, >I Ran All the Way Home< zu singen?«
    »Ein sehr schönes Lied, Father. Ich glaube, selbst ein widerlicher Haufen wie die da sollte imstande sein,

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