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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hinunterstürmten. Sie stanken. Sie weinten. Sie husteten. Sie übergaben sich.
    Und alle waren außer sich vor Wut.

8
     
    Die Kolumbus-Ritter, angeführt von Father Brigham, und die Töchter der Isabella, angeführt von Betsy Vigue, stießen in der Mitte des Parkplatzes aufeinander, als sich der Himmel öffnete und der Regen wie aus Kübeln herniederprasselte. Betsy tastete nach Father Brigham und hielt ihn fest; aus ihren geröteten Augen strömten Tränen, und das Haar klebte wie eine nasse, glänzende Kappe an ihrem Kopf.
    »Es sind noch welche drinnen!« rief sie. »Naomi Jessup – Tonia Bissette – ich weiß nicht, wie viele sonst noch!«
    »Wer war das?« dröhnte Albert Gendron. »Wer zum Teufel hat das getan?«
    »Oh, es waren die Baptisten! Sie waren es natürlich!« kreischte Betsy, und dann begann sie zu weinen, als ein Blitz über den Himmel fuhr wie ein weißglühender Wolframfaden. »Sie haben mich eine Papsthure genannt! Es waren die Baptisten! Die Baptisten! Die Baptisten! Es waren die gottverdammten Baptisten!«
    Inzwischen hatte sich Father Brigham von Betsy losgemacht und war zur Tür der Halle der Isabella gelaufen. Er hatte die Brechstange beiseite geschoben – so kraftvoll, daß das Holz darum herum zersplittert war – und die Tür aufgerissen. Drei benommene, würgende Frauen und eine Wolke stinkenden Rauchs kamen heraus.
    Durch sie hindurch sah er Antonia Bissette, die hübsche Tonia, die so flink und geschickt mit der Nadel umgehen konnte und immer bereit war, bei jedem neuen Kirchenprojekt Hand anzulegen. Sie lag neben dem Tisch der Präsidentin auf dem Boden, teilweise verdeckt von dem umgestürzten Banner mit dem Prager Jesuskind. Naomi Jessup kniete weinend neben ihr. Tonias Kopf war in einem grotesken Winkel abgeknickt. Ihre gebrochenen Augen starrten zur Decke empor. Der Gestank war keine Qual mehr für Antonia Bissette, die weder etwas bei Mr. Gaunt gekauft noch an irgendeinem seiner Spielchen beteiligt gewesen war.
    Naomi sah Father Brigham an der Tür stehen, erhob sich und taumelte auf ihn zu. Ihr Schock saß so tief, daß auch sie der Geruch der Stinkbombe nicht mehr zu quälen schien. »Father«, weinte sie. »Father, warum? Warum haben sie das getan? Wir wollten doch nur ein bißchen Spaß haben – sonst steckte doch nichts dahinter. Warum?«
    »Weil dieser Mann wahnsinnig ist«, sagte Father Brigham. Er nahm Naomi in die Arme.
    Neben ihm sagte Albert Gendron mit einer Stimme, die leise und tödlich zugleich war: »Kommt mit. Wir zahlen es ihnen heim.«

9
     
    Die Baptistischen Streiter Christi wider das Glücksspiel marschierten im strömenden Regen von ihrer Kirche aus die Harrington Street hinauf, Don Hemphill, Nan Roberts, Norman Harper und William Rose an der Spitze. Ihre Augen waren gerötet, wütende Kugeln in aufgequollenen, gereizten Höhlen. Die meisten Streiter Christi hatten Erbrochenes auf ihren Hosen, ihren Hemden, ihren Schuhen oder allem zugleich. Der Faule-Eier-Geruch der Stinkbombe haftete an ihnen trotz des strömenden Regens, wollte sich nicht abwaschen lassen. An der Kreuzung von Harrington Street und Castle Avenue hielt ein Wagen der Staatspolizei. Ein Trooper stieg aus und starrte sie an. »Hey!« schrie er. »Wo wollt ihr hin und was habt ihr vor?«
    »Wir werden ein paar Katholiken einen gewaltigen Tritt in den Arsch versetzen, und wenn Sie wissen, was gut für Sie ist, dann halten Sie sich da raus!« schrie Nan Roberts zurück.
    Plötzlich machte Don Hemphill den Mund auf und begann mit seinem klangvollen Bariton zu singen.
    »Onward, Christian soldiers, marching as to war...«
    Andere fielen ein. Plötzlich hatte die ganze Gemeinde das Lied aufgegriffen, und nun bewegten sie sich schneller, gingen nicht einfach, sondern marschierten im Takt. Ihre Gesichter waren bleich und wütend und völlig gedankenleer, als sie dazu übergingen, die Worte nicht einfach zu singen, sondern herauszubrüllen. Rev. Rose sang mit ihnen, obwohl er ohne den oberen Teil seines Gebisses ziemlich übel lispelte.
    »Christ, the royal master, leads against the foe,
Forward into battle, see His banners go!«
    Jetzt rannten sie beinahe.

10
     
    Trooper Morris stand mit dem Mikrofon in der Hand neben seinem Wagen und schaute ihnen nach. Wasser rann in kleinen Bächen von der Krempe seines Uniformhutes.
    »Wagen Sechzehn, bitte kommen«, knisterte Henry Paytons Stimme.
    »Sie täten gut daran, schnell ein paar Leute hier heraufzuschicken!« rief Morris. Seine Stimme klang

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