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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Kolumbus-Ritter war mit einer Brechstange zugekeilt worden. Die Männer prallten dagegen, und andere drängten nach.
    »Nein!« brüllte Father Brigham. Er erkämpfte sich seinen Weg durch den aufsteigenden Gestank zu einer kleinen Seitentür. Sie war unverschlossen. »Hierher! HIERHER!«
    Anfangs hörte niemand zu; in ihrer Panik drängten sie auch weiterhin gegen die festgekeilte Vordertür. Dann streckte Albert Gendron seine großen Hände aus und hieb zwei Köpfe zusammen.
    »Tut, was der Father sagt!« brüllte er. »Sie bringen die Frauen um!«
    Albert kämpfte sich mit brutaler Kraft durch das Gedränge hindurch, und die anderen folgten ihm. Sie bahnten sich ihren Weg in einer torkelnden Reihe durch den dampfenden Nebel, hustend und fluchend. Meade Rossignol konnte seinen aufgewühlten Magen nicht mehr beherrschen. Er öffnete den Mund und erbrach sein Abendessen über den breiten Rücken von Albert Gendrons Hemd. Albert bemerkte es kaum.
    Father Brigham stolperte bereits auf die Stufen zu, die auf den Parkplatz und zur Halle der Töchter der Isabella führten. Hin und wieder blieb er stehen, um trocken zu würgen. Der Gestank klebte an ihm wie ein Fliegenfänger. Die Männer folgten ihm in einer ungeordneten Prozession, fast ohne den inzwischen stärker gewordenen Regen zur Kenntnis zu nehmen.
    Als Father Brigham die Hälfte der kurzen Treppe hinter sich gebracht hatte, zeigte ihm ein Blitz die gegen die Tür der Halle der Töchter der Isabella gekeilte Brechstange. Einen Augenblick später zerklirrte eines der Fenster an der Seite des Gebäudes, und die Frauen begannen, durch das Loch zu springen. Sie landeten auf dem Rasen wie große Lumpenpuppen, die gelernt haben, wie man erbricht.

7
     
    Rev. Rose kam nicht bis in das Vestibül; vor ihm drängten sich zu viele Leute. Er machte kehrt, hielt sich die Nase zu und taumelte in die Kirche zurück. Er versuchte, den anderen etwas zuzurufen, aber als er den Mund öffnete, versprühte er statt dessen einen mächtigen Strahl Erbrochenes. Sein Fuß verhakte sich mit dem eines anderen, und er stürzte und schlug dabei mit dem Kopf hart gegen die Rückenlehne einer Bank. Er versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, und schaffte es nicht. Dann schoben sich große Hände in seine Achselhöhlen und zerrten ihn hoch. »Zum Fenster hinaus, Rev’rund!« schrie Nan Roberts. »Schnell!«
    »Das Glas...«
    »Zum Teufel mit dem Glas. Hier drinnen ersticken wir!«
    Sie schob ihn vorwärts, und Rev. Rose hatte gerade noch Zeit, eine Hand vor die Augen zu schlagen, bevor er durch ein Bleiglasfenster hindurchschmetterte, auf dem Christus seine Schafe einen Hügel hinuntergeleitete, der dieselbe Farbe hatte wie Limonen-Götterspeise. Er flog durch die Luft, landete auf dem Rasen, prallte ab und landete abermals. Die obere Hälfte seines Gebisses flog ihm aus dem Mund, und er grunzte.
    Er setzte sich auf, wurde sich plötzlich der Dunkelheit bewußt, des Regens – und des wundervollen Duftes frischer Luft. Nan Roberts packte ihn bei den Haaren und zerrte ihn hoch.
    »Los, kommen Sie, Rev’rund!« schrie sie. Ihr im blauweißen Aufzucken eines Blitzes sichtbares Gesicht war das verzerrte Antlitz einer Harpyie. Sie trug nach wie vor ihren weißen Rayonkittel – sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, immer genauso gekleidet zu sein, wie sie es von ihren Kellnerinnen verlangte -, aber jetzt hatte sie auf dem wogenden Busen ein Lätzchen aus Erbrochenem.
    Rev. Rose taumelte mit gesenktem Kopf neben ihr her. Er wünschte sich, daß sie sein Haar losließe, aber jedesmal, wenn er das sagen wollte, übertönte ihn der Donner.
    Ein paar andere Leute waren ihnen durch das zerbrochene Fenster gefolgt, aber die meisten drängten sich noch auf der anderen Seite der Türen zum Vestibül. Nan sah sofort, woran das lag: zwei Brechstangen waren unter die Griffe gekeilt worden. Sie trat sie beiseite, während ein Blitz in den Stadtpark herniederfuhr und den Musikpavillon, wo einst ein gepeinigter junger Mann namens Johnny Smith den Namen eines Mörders herausgefunden hatte, in eine lodernde Fackel verwandelte. Auch der Wind war stärker geworden und peitschte die Bäume vor dem dunklen, tobenden Himmel.
    Sobald die Brechstangen gefallen waren, flogen die Türen auf – eine wurde regelrecht aus den Angeln gerissen und fiel in das Blumenbeet neben der Treppe. Ein Strom verstörter Baptisten drängte heraus, stolpernd und übereinander fallend, während sie die Stufen vor der Kirche

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