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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Stadtverwaltung heraus und fuhr in diese Richtung. Dabei hätte er beinahe einen übergroßen WMTM-Übertragungswagen gerammt.
    Alan erinnerte sich an das Gefühl, das er in den letzten Tagen gehabt hatte – daß in seiner kleinen Stadt etwas aus dem Ruder gelaufen war, daß Dinge vor sich gingen, die er nicht sehen konnte, und daß Castle Rock am Rande einer unvorstellbaren Katastrophe zitterte. Und jetzt war die Katastrophe eingetreten, und alles war geplant worden von dem Mann,
    (Brian hat gesagt, Mr. Gaunt ist überhaupt kein Mann)
    den Alan aus irgendwelchen Gründen bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hatte.
    Ein Schrei gellte durch die Dunkelheit, hoch und schrill. Ihm folgte das Geräusch zerbrechenden Glases – und dann, von irgendwo anders, ein Schuß und ein Ausbruch irren, brüchigen Gelächters. Donner rumpelte am Himmel wie ein umstürzender Bretterstapel.
    Aber jetzt habe ich Zeit, dachte Alan. Ja. Massenhaft Zeit. Mr. Gaunt, ich glaube, wir sollten uns miteinander bekannt machen, und ich glaube, es ist höchste Zeit, daß Sie erfahren, was mit Leuten passiert, die meiner Stadt an den Kragen gehen.
    Alan ignorierte die schwachen Geräusche von Chaos und Gewalttätigkeit, die er durch sein offenes Fenster hörte, ignorierte das Gebäude der Stadtverwaltung, in dem Henry Payton vermutlich die Kräfte von Recht und Ordnung koordinierte – oder es zumindest versuchte -, und fuhr die Main Street hinauf auf Needful Things zu.
    Während er dies tat, flammte ein heftiger, weiß-purpurner Blitzstrahl über den Himmel wie ein Baum aus elektrischem Feuer, und noch während die dazugehörige Donnerkanonade dröhnte, gingen in Castle Rock alle Lichter aus.

2
     
    Deputy Norris Ridgewick, gekleidet in die Uniform, die er sonst nur zu Paraden und offiziellen Anlässen trug, befand sich in dem Schuppen neben dem kleinen Haus, das er mit seiner Mutter geteilt hatte, bis sie im Herbst 1986 an einem Schlaganfall gestorben war; seither lebte er allein darin. Er stand auf einem Schemel. Von einem der Deckenbalken hing ein kräftiges Seil mit einer Schlinge herab. Norris steckte den Kopf in die Schlinge und zog sie neben seinem rechten Ohr fest, als ein Blitz aufzuckte und die beiden Glühlampen, die den Schuppen erhellten, verlöschten.
    Trotzdem konnte er die Bazun-Rute erkennen, die neben der in die Küche führenden Tür lehnte. Er hatte sich diese Rute so sehr gewünscht, und er hatte geglaubt, sie billig erworben zu haben; aber letzten Endes war der Preis sehr hoch gewesen. Zu hoch, als daß Norris ihn zahlen konnte.
    Sein Haus stand am oberen Ende der Watermill Lane, dort, wo die Straße eine Biegung in Richtung Castle Hill und Castle View machte. Der Wind stand richtig, und er konnte die Geräusche der Schlacht hören, die dort nach wie vor tobte – das Gebrüll, die Aufschreie, hin und wieder einen Schuß.
    Dafür bin ich verantwortlich, dachte er. Nicht ausschließlich – Teufel, nein-, aber ich bin daran beteiligt. Meine Schuld ist es, daß Henry Beaufort verwundet ist oder sogar schon tot drüben in Oxford. Meine Schuld ist es, daß Hugh Priest in der Leichenhalle liegt. Ich bin schuld daran. Ich. Der Mann, der immer ein Polizist sein und den Menschen helfen wollte, seit er ein kleiner Junge war. Der dämliche, alberne, ungeschickte alte Norris Ridgewick, der sich eingebildet hat, er brauchte eine Bazun-Rute und könnte billig eine bekommen.
    »Es tut mir so leid, was ich getan habe«, sagte Norris. »Das ändert nichts mehr, aber wenn es auch nichts bringt – es tut mir wirklich leid.«
    Er machte Anstalten, von dem Schemel herunterzuspringen; aber plötzlich meldete sich in seinem Kopf eine neue Stimme zu Wort. Weshalb versuchst du dann nicht, es wieder in Ordnung zu bringen, du verdammter Feigling?
    »Ich kann nicht«, sagte Norris. Ein Blitz zuckte auf, und sein Schatten tanzte an der Schuppenwand, als baumelte er bereits an seinem Seil. »Es ist zu spät.«
    Dann wirf wenigstens einen letzten Blick auf das, WOFÜR du es getan hast , beharrte die zornige Stimme. Das zumindest kannst du doch, oder etwa nicht? Schau hin! Schau GENAU hin! Wieder flammte ein Blitz auf. Norris schaute auf die Bazun-Rute – und stieß einen ungläubigen, gequälten Schrei aus; dabei wäre er fast von dem Schemel getaumelt und hätte sich zufällig erhängt.
    Die schlanke Bazun, so geschmeidig und kräftig, war nicht mehr da. An ihrer Stelle lehnte eine schmutzige, splitterige Bambusstange an der Wand, kaum mehr als ein

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