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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Willen – aber mit wachsender Versunkenheit.

4
     
    Polly lag auf ihrem Bett, und nachdem ihr Gespräch mit Alan beendet war, drehte sie sich auf die linke Seite, um den Hörer aufzulegen. Er fiel ihr aus der Hand und landete auf dem Boden. Das Unterteil des Princess-Telefons rutschte langsam über den Nachtisch und hatte offensichtlich vor, seiner anderen Hälfte Gesellschaft zu leisten. Bei dem Versuch, danach zu greifen, schlug ihre Hand gegen die Kante des Nachttisches. Ein monströser Bolzen aus Schmerz durchbrach die dünne Wand, die das Percodan über ihre Nerven gespannt hatte, und raste bis in ihre Schulter hinauf. Sie mußte sich auf die Lippen beißen, um nicht laut aufzuschreien.
    Das Unterteil des Telefons glitt über die Tischkante und prallte mit einem einmaligen Ping! der darinsitzenden Glocke auf den Boden. Sie hörte das monotone, idiotische Piepen des Freizeichens, das zu ihr heraufdriftete. Es klang wie ein Insektenschwarm, den man über Kurzwelle im Radio hört.
    Sie dachte daran, das Telefon aufzuheben mit den Klauen, die jetzt auf ihrer Brust lagen, allerdings nicht zufassend – heute abend ließen sich ihre Finger überhaupt nicht bewegen -, sondern drückend, wie eine Frau, die Akkordeon spielt, und plötzlich war es ihr zuviel; selbst etwas so Einfaches wie das Aufheben eines heruntergefallenen Telefons war ihr zuviel, und sie begann zu weinen.
    Der Schmerz war jetzt hellwach, hellwach und rasend, und verwandelte ihre Hände – vor allem die, mit der sie angestoßen war – in Fiebergruben. Sie lag auf dem Bett, schaute durch ihre verschleierten Augen zur Decke empor und weinte.
    Oh, ich würde alles dafür geben, um diese Schmerzen loszuwerden, dachte sie. Ich würde alles dafür geben, alles, alles Erdenkliche.

5
     
    Um zehn Uhr abends an einem Werktag war die Main Street von Castle Rock verschlossen wie ein Chubb-Safe. Die Straßenlaternen warfen Kreise aus weißem Licht auf die Gehsteige und die Fassaden der Geschäfte und verzerrten ihre Perspektive, so daß die Straße aussah wie ein menschenleeres Bühnenbild. Bald, so konnte man denken, würde eine einsame Gestalt in Frack und Zylinder – Fred Astaire oder vielleicht auch Gene Kelly – auftauchen und von einem dieser Lichtkreise in den nächsten tanzen und ein Lied davon singen, wie einem Mann zumute war, wenn seine Liebste ihm den Laufpaß gegeben hat und alle Lokale geschlossen sind. Dann würde, am anderen Ende der Main Street, eine weitere Gestalt auftauchen – Ginger Rogers oder vielleicht Cyd Charisse -, die ein Abendkleid trug. Sie würde auf Fred (oder Gene) zutanzen und ein Lied davon singen, wie einer Frau zumute war, wenn ihr Liebster sie versetzt hat. Sie würden einander sehen, eine kunstvolle Pause einlegen und dann vor der Bank oder vielleicht vor You Sew and Sew miteinander tanzen.
    Statt dessen erschien Hugh Priest auf der Bildfläche.
    Er sah weder aus wie Fred Astaire noch wie Gene Kelly, es gab keine Frau am anderen Ende der Main Street, die einer romantischen Zufallsbegegnung mit ihm entgegenstrebte, und tanzen tat er bestimmt nicht. Dafür trank er; er hatte seit vier Uhr nachmittags ununterbrochen im Mellow Tiger getrunken. An diesem Punkt der Festivität war schon normales Gehen eine Kunst, von eleganten Tanzschritten ganz zu schweigen. Er ging langsam, passierte einen Lichtkreis nach dem anderen, und sein hoher Schatten fiel auf die Fassade des Barbiersalons, des Western Autos, des Videofilm-Verleihs. Er torkelte leicht, der Blick der rötlichen Augen ging starr geradeaus, über seinem Bauch wölbte sich das verschwitzte blaue T-Shirt (auf der Vorderseite standen über der Zeichnung einer riesigen Stechmücke die Worte MAINE STATE BIRD) in einer langen, herabsackenden Kurve.
    Der Pickup des Amtes für Öffentliche Arbeiten, den er gefahren hatte, stand nach wie vor auf dem unbefestigten Parkplatz des Tiger. Hugh Priest war der nicht sonderlich stolze Besitzer mehrerer Anzeigen wegen Trunkenheit am Steuer, und nach der letzten – die ihm einen sechsmonatigen Führerscheinentzug eingebracht hatte – hatten dieser Bastard Keeton, seine Mitbastarde Fullerton und Samuels und ihre Mitziege Williams (das vierte Mitglied des Stadtrates von Castle Rock war eine Frau) keinen Zweifel daran gelassen, daß sie, was ihn betraf, am Ende ihrer Geduld angelangt waren. Die nächste Anzeige würde wahrscheinlich den entgültigen Entzug seines Führerscheins mit sich bringen und bestimmt den Verlust seines Jobs.
    Das

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