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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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und derartig fühlbar auf Distanz gehalten zu werden, war doppelt so schlimm wie eine echte Entfernung.
    Mittlerweile schaute er zweimal am Tag in Allies Laden vorbei, nur in der Hoffnung, Mia dort zu entdecken.
    Meistens arbeitete sie hinten an irgendeinem Gesteck. Dann beobachtete Cam sie, während er sich mit Allie abplagte. Ihm fiel auf, daß sie eine Vorliebe für eigenartige Formen und Strukturen hatte und lieber auf diese Weise Muster erzeugte als durch verschiedene Farben. Außerdem besaß sie irgendwie einen sechsten Sinn und ein ausgezeichnetes Gehör – sie blickte jedesmal auf, wenn Allie einen Schritt auf ihn zu machte, ganz gleich, wie leise seine Frau war; zweimal hatte er sie nach dem Telefon greifen sehen, noch bevor die MacDonalds es läuten gehört hatten.
    Eines Tages zog Allie gerade ihren Mantel an, als er vorbeikam. »Schade«, sagte sie. »Ich muß mal schnell in Grahams Büro.« Sie warf Mia einen Blick zu. »Überleg's dir. Du kannst ja deine Tante mitbringen.«
    »Wohin mitbringen?« fragte Cam.
    »Zum Thanksgiving-Truthahn!« Allie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab Cam einen Kuß auf die Wange, während er ihr die Tür aufhielt und ihr zum Parkplatz folgte. »Ich wollte, daß Mia kommt, aber sie will etwas mit ihrer Tante unternehmen.«
    »Mit der kranken?«
    »Nun«, gab Allie Auskunft, während sie in den Wagen stieg, »inzwischen ist sie wieder gesund.«
    Cam beugte sich hinunter und lächelte ihr zu. »Leg den Gurt an«, sagte er. Er wartete, bis sie das Schloß eingehakt hatte, dann zog er den Gurt zurecht, bis er flach über ihre Schulter und zwischen ihren Brüsten hindurchlief, um seitlich in den Falten ihres Mantels zu verschwinden. »Viel Spaß«, verabschiedete er sie.
    Er ging zu seinem Streifenwagen, setzte sich hinein und hantierte eine Minute am Funkgerät herum, bis er sicher sein konnte, daß Allie außer Sicht war. Dann stieg er wieder aus und marschierte zurück.
    Die Unruhestifterin wartete auf ihn, auf der überpolsterten Lehne des Sofas kauernd. »Du arbeitest an Thanksgiving«, stellte sie fest.
    »Wie jedes Jahr«, bestätigte Cam, »und du hast keine Tante.«
    Mia stand auf und ging an die Kühltheke, um Johanniskraut und Zittergras herauszuholen. »Ich habe sehr wohl eine Tante«, erwiderte sie streitlustig. »Sie lebt in Seattle.« Sie sah auf. »Übrigens hat die Polizei in Wheelock auffallend wenig zu tun«, meinte sie.
    Cam hakte die Daumen in die Hosentaschen. »Warum gehst du mir aus dem Weg?« fragte er.
    Sie drehte sich weg. »Ich gehe dir nicht aus dem Weg«, widersprach sie.
    Von hinten her drückte er sanft ihre Schulter. »Das freut mich zu hören!« Er drehte sie um und zog sie nach vorne in den Laden, wo er die Tür abschloß.
    »Was tust du da?« Mia streckte die Hand nach dem Riegel aus. Als Cam sich mit seinem Körper vor die Tür stellte, verschränkte sie die Arme vor der Brust.
    Seine Augen wurden groß. »Mia«, sagte er lächelnd, »was glaubst du eigentlich von mir?« Er faßte wieder nach ihrer Hand und rieb sie, bis er spürte, wie der Widerstand aus ihrem Körper wich. »Ich möchte mit dir spazierengehen«, sagte er.
    Mia kniff die Augen zusammen. »Spazierengehen?«
    »Einfach spazierengehen. Einen Fuß vor den anderen setzen.« Er grinste. »Ich wette, im Gehen bist du inzwischen verdammt gut.«
    »Zehn Minuten«, sagte sie und folgte Cam durch die Hintertür hinaus.
    Er führte sie die Anhöhe hinter dem Laden hinauf, die direkt in die Berkshires überging. Beim Aufstieg verfingen sich Mias Füße in Wurzeln und Ranken, und ihre Schuhe glitschten über nasses Laub. Ihr Atem kam in immer schnelleren Stößen, und sie wußte nicht, ob das von der Anstrengung oder von Cams festen Schritten vor ihr herrührte.
    Schließlich blieb er stehen und zog sie auf ein Plateau, von dem aus man durch eine Wand von schmalen, struppigen Fichten hindurch bis auf den Parkplatz vor dem Laden und die Main Street blicken konnte. Die ebene Fläche war mit abgefallenen Nadeln bedeckt. »Hübsch«, sagte Mia, die hinter einem dünnen Baumstamm hervorschielte. »Davon habe ich nicht einmal was geahnt!«
    »Wenn man die Augen nicht aufmacht, entgeht einem so manches«, bemerkte Cam leichthin. Er ließ sich auf dem Boden nieder und stützte sich hinten mit den Ellbogen auf. »Wieso bist du zurückgekommen?«
    Mia setzte sich neben ihn, die Beine im Schneidersitz übereinandergeschlagen. »Die Bezahlung ist besser.«
    Cam lachte kurz. »Von der Uniform

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