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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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verschwunden war, fuhr Allie zu Jamie herum. »Du warst bockig«, schalt sie ihn. »Er will dir doch helfen.«
    Jamie grinste und zog ein gelbes Blatt von den Stapeln rings um den Hanfordner. »Weißt du nicht, Allie«, sagte er, »daß man niemandem helfen kann, der es nicht zuläßt?«
    Allie schluckte und starrte aus dem Fenster. Ganz von selbst fiel ihr Blick auf die Polizeistation, wo eben jemand aus der Tür trat. Er war zu schnell und Allie zu weit entfernt, um ihn erkennen zu können; aber sie redete sich ein, eben einen Blick auf Cam geworfen zu haben, und dadurch fühlte sie sich gleich besser.
    Neben ihr hatte Jamie sich einen Stift genommen und erstellte in säuberlichen Druckbuchstaben eine Liste. »Ich weiß nicht alle Adressen«, sagte er. »Du kannst sie dir ja aus dem Telefonbuch raussuchen.«
    Allie nickte. Sie fragte sich, wie sie Cam beibringen sollte, wozu sie sich so spontan bereiterklärt hatte. Würde Mia den Blumenladen wohl allein führen können, obwohl sie noch nicht einmal eine Woche für sie arbeitete?
    »Du kannst in unserem Haus wohnen«, bot er an. »Die Schlüssel sind bei Angus.« Er zögerte nur eine Sekunde. »Schau dir ruhig alles an. Bring alles her, was du für sinnvoll hältst.« Er kritzelte einen Namen zu Ende und klatschte den Stift auf den Tisch. »Da«, er strich das Papier mit der Handfläche glatt. Als er ihr das Blatt zuschob, blieb seine Hand kurz vor ihr liegen. »Danke«, wisperte er. »Ich weiß, daß du ihm das nicht überlassen willst.«
    Für sie stand außer Frage, wen Jamie damit meinte. »Es handelt sich nur um ein paar Tage«, überlegte sie laut. »Und Cam ist ja auch noch da …«
    Jamie gab ihr einen Kuß auf die Stirn und stand auf. Er durchmaß den Raum von der Schreibtafel zum Tisch und postierte sich dann wieder am Fenster. Dort blickte er gen Himmel und wartete.
    Er stellte sich vor, wie er in einem der Hochsicherheitsgefängnisse von Massachusetts saß – möglicherweise in Concord, wo die ganze Nacht die Autos im Kreisverkehr kreischten –, für immer abgeschnitten von Wheelock und Cummington. Er dachte an Maggie, die auf durchscheinenden Füßen durch die Straßen der beiden Orte tanzte, durch die Fenster schielte und dicke Türen aufschob, immer auf der Suche nach ihm. Er dachte an den Himmel, seine Leere und Verlassenheit ohne sie, während sie unbemerkt nach jemandem suchte, der spurlos verschwunden war.
    »Du mußt mir noch einen Gefallen tun.« Jamie ließ die Stirn gegen das kühle Glas sinken. »Wenn sie kommt, wenn Maggie kommt …«
    »Dann sage ich es ihr«, versprach Allie so dicht neben ihm, daß er ihren Atem an seiner Schulter spürte. »Ich sage ihr, wo sie dich findet.«
    Im Gegensatz zu anderen New-Age-Anhängern kümmerte sich Ellen MacDonald nicht darum, wer sie in ihrem vergangenen Leben gewesen war, sofern ihr verstorbener Ehemann dabei nicht auftauchte. Wenn jemand vor acht Jahren, als Ian noch lebte, ihr gegenüber ›Kristall‹ erwähnt hätte, hätte sie ihn gefragt, ob er Waterford oder Bleikristall meine. Jetzt trug sie einen kleinen dolchförmigen Anhänger um den Hals, dessen Quarzkristall aus einer heiligen Grotte in Arizona stammte. Sie kaufte Kleider aus Recycling-Baumwolle, glaubte an Gedankenübertragung und Chakras; obendrein hatte sie sich für einen Fernkurs der auf einer Farin im Norden Vermonts beheimateten ›Mothers of Light New Age Community School‹ eingeschrieben, mit dem sie ein Diplom in naturheilkundlicher Medizin zu erhalten hoffte.
    Die meisten Menschen in Wheelock, unter anderem ihr Sohn Cameron, waren der Meinung, sie hätte einen kleinen Sprung in der Schüssel, seit Ian gestorben war. Wenn sich niemand über sie lustig machte, dann nur, weil sie so viele Jahre lang die Frau des Clanchefs gewesen war – aus Respekt ließ man ihr einiges an exzentrischem Verhalten durchgehen, ähnlich wie etwa einer Herzoginwitwe oder der Königinmutter.
    Alle wären überrascht gewesen, hätten sie erfahren, daß sie keinen roten Heller auf Bambuspanflöten und persönliche Duftessenzen, gegrillten Tofu und all die anderen Dinge gab, über die sie mit den Menschen diskutierte, statt sich aufrichtig mit ihnen zu unterhalten. Sie wären entsetzt gewesen, hätten sie erfahren, daß Ellen MacDonald nur an New-Age-Phänomene glaubte, weil sie am Tag nach Ians Beerdigung irrtümlich eine Broschüre erhielt, auf der in dicken schwarzen Lettern stand: Ein Seelenverwandter läßt dich nie im Stich.
    Es hatte sich

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