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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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um eine Adressenverwechslung bei der Post gehandelt, nichts Ungewöhnliches in einem Ort mit dieser Unzahl von MacDonalds – um die Postwurfsendung einer New-Age-Agentur, die behauptete, Singles anhand ihrer Geburtskarten und ihres Karmas zu verkuppeln. Doch für jemanden, der eben die Liebe seines Lebens verloren hatte, erschien dieser Satz zu wahr, um ihn einfach in den Müll zu werfen.
    Eine Woche lang hatte Ellen die Broschüre an ihrem Kühlschrank hängen gehabt. In derselben Woche war Camerons Frau zu ihr gezogen, um sicherzustellen, daß sie etwas aß und abends die verschriebenen Schlaftabletten nahm. Zehn Tage lang verharrte Ellen in ihrer Trauer, dann hatte sie Allie gebeten, sie in die Bücherei zu fahren; sie wolle etwas nachschlagen. Drei Monate später hatte sie sich komplett verwandelt.
    Nicht daß sie an Channeling oder Reinkarnation glaubte. Doch sprach manches dafür, sich in ein Netz von Menschen einzubinden, die aufrichtig daran festhielten, daß die Liebe Generationen und Jahrhunderte überdauern konnte. Dem eigenen Körper inneren Frieden zu bringen und sich damit abzufinden, daß sie Ian in einem späteren Leben wiedersehen würde, schien gesünder, als mit einem Bein im Grab vor sich hinzusiechen. Man kann nie wissen, sagte sie sich immer wieder.
    Soweit Ellen das mitbekam, war Allie die einzige, die sich aufrichtig über ihr neues Leben freute. Mindestens einmal in der Woche brachte sie frische oder getrocknete Blumen vorbei, und zu zweit übten sie sich an Umschlägen, Absuds und Kräutertees, mit denen sich kleinere Wehwehchen heilen ließen. Den größten Erfolg hatten sie bisher mit Frauenmantel gehabt, der Wunder gegen Allies Menstruationsbeschwerden wirkte. Einmal hatten sie einen Holunderaufguß fabriziert, den Allie morgens heimlich in Cams Orangensaft mischte; schon mittags war sein Husten weg gewesen, hatte sie erzählt.
    Jetzt stand sie in Ellens Küche und zupfte Ringelblumen die Köpfe ab. Ellen kam aus dem Flur und legte die Post auf den Küchentisch. »Ist irgendwas Positives dabei?« fragte Allie über ihre Schulter hinweg.
    »Rechnungen«, antwortete Ellen. »Und Gutscheine für Zeug, das ich nicht brauche.«
    Allie lachte. »Gib sie Angus«, schlug sie vor. »Er ist immer noch begeistert von amerikanischen Supermärkten. Wenn er einen Gutschein kriegt, kauft er das Zeug, ganz gleich, was es ist.« Sie sah ihre Schwiegermutter an. »Einmal habe ich ihn sogar Tampax kaufen sehen.«
    Ellen lächelte und trat zu Allie. »Und du glaubst, das bringt was?« fragte sie.
    Allie biß sich auf die Unterlippe. »Ich weiß nicht. Salben sind schwierig … Habe noch nie eine gemacht.« Sie sah auf das Bienenwachs und das Wollfett, die in unbeschrifteten Dosen auf der Küchentheke warteten. »Jedenfalls müssen wir erst den Aufguß kochen«, sagte sie. Sie füllte Ellens Teekessel mit einem halben Liter Wasser und stellte ihn auf den Herd. »Glaubst du, wir haben schon dreißig Gramm zusammen?« Ihre Finger fuhren sacht über die zerquetschten Blütenköpfe.
    Ellen nickte. »Mindestens«, bestätigte sie. Sie setzte sich auf einen Stuhl am Tisch und stützte die Ellbogen auf die Tischplatte. »Weißt du, ich glaube, wir beide hätten ziemlich gute Hexen abgegeben.«
    Allie grinste. »Stell dir vor, ich könnte auf einem Besen reiten, statt damit zwanzigmal am Tag den Laden auszukehren!«
    Der Teekessel begann zu pfeifen. Allie nahm die Ringelblumen, warf sie ins kochende Wasser und drückte den Deckel wieder auf den Topf. »Zwanzig Minuten«, sagte sie mit einem Kontrollblick auf ihre Uhr.
    Ellen mochte ihre Schwiegertochter. Sie war nett und liebevoll; außerdem verrückt nach Cam. Ein bißchen übereifrig manchmal, aber Ellen wußte besser als jeder andere, wie schwierig es sein konnte, Tag für Tag mit jemandem zusammenzuleben, der Kraft und Energie besaß wie ein Hurrikan. »Spricht Cam wieder mit mir?« fragte sie.
    Allie blies sich eine Strähne aus der Stirn. »Ich glaube nicht«, antwortete sie freundlich. »Er ist immer noch ziemlich sauer.«
    Ellen hatte Jamie MacDonald für Maggies Grab einen Platz auf dem Familienfriedhof angeboten. Jamie MacDonald war genau wie sie. Ganz gleich, wie Maggies Leben geendet hatte, Jamie wäre liebend gern mit ihr gegangen, statt allein auf dieser Erde zurückzubleiben und vor dem gleichen Scherbenhaufen zu stehen, den Ellen seit nunmehr acht Jahren zu kitten versuchte. Aus diesem Grund hatte sie ihm augenblicklich das Abonnement einer

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