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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Antworten durch den Kopf schossen.
    »Diese Worte: Mo chridhe? «
    Cam schüttelte den Kopf und gab vor, es nicht zu wissen. Doch in Wheelock beherrschte jeder ein paar Brocken schottisches Gälisch, und vor allem jene Koseworte, die eine Mutter oder ein Liebespaar benutzen würden. Schweigend begleitete er Mia zurück in den Ort, im Geist immer noch das Bild von Jamie MacDonald vor sich, der wie im Gebet vor dem Grab kniete; von Jamie MacDonald, der sich zum Leichnam seiner Frau hinabbeugte und flüsterte: Mein Herz.
    Er hatte es geschafft, zu einem Graben zu robben, nachdem die englischen Kanonen verstummt waren, und lag nun mit dem Gesicht nach unten in einer Pfütze; hier mühte er sich mit aller Kraft, auf den Rücken zu gelangen, damit er wieder atmen konnte. Keine leichte Sache, mit zerschlagenen Kniescheiben und ohne etwas zu sehen, weil ihm das Blut aus der Wunde unter seinem Haar in die Augen rann.
    Doch er hatte immer noch sein Schwert. Er schnitt eine Grimasse, zumindest war er nicht meineidig geworden. Er hatte sein Wort gegeben, gegen die Engländer zu kämpfen, bis er nicht mehr stehen konnte, und das war hiermit unbestreitbar der Fall.
    Cameron betete um einen schnellen und baldigen Tod. Erstmalig hatte er sich den Tod gewünscht, als er damals zu so großem Ruhm gekommen war. Er hatte an der Seite seines Vaters gekämpft, und sein linker Arm, der so viele rechtshändige Feinde aus den Highlands überraschte, war auch seinem eigenen Vater zum Verhängnis geworden: Als Cameron den linken Arm zum Schlag erhoben hatte, war eine Lücke entstanden, wo normalerweise ein Schild sein sollte.
    Sein Vater hatte eine Schwertklinge seitlich in den Bauch bekommen und Cameron um Hilfe angefleht. Es stand außer Frage, daß sein Vater sterben würde, doch er war zu schwach, um sich selbst das Leben zu nehmen. Und so hatte Cameron die Kugel in die Pistole seines Vaters geladen und die Waffe an seine Schläfe gehalten, während sein Vater abdrückte.
    Daß er seinen Vater nicht getötet hatte, war nur Haarspalterei.
    An jenem Tag hatte er sich wieder in den Kampf gegen die Campbells gestürzt, nur in sein langes weißes Hemd und das undurchdringliche Gewebe seines Zorns gehüllt. Sterben wollte er, gleich hier neben seinem Vater. Er wollte nicht derjenige sein, der heimkehren und seiner Mutter, dem Bruder und den Schwestern die Nachricht überbringen mußte. Niemals wollte er Laird von Carrymuir werden.
    Er war erst sechzehn und tötete eigenhändig vierzig Campbells an jenem Nachmittag. Selbst trug er nicht einmal eine Fleischwunde davon.
    Auf seinen Armen brachte er den Leichnam seines Vaters heim.
    Die von Schloß zu Schloß ziehenden Barden begannen, Legenden um die magische Kraft von Cameron MacDonalds linkem Arm zu spinnen. Doch wenn die Geschichtenerzähler auf Carrymuir einkehrten, verließ Cameron den Raum. Wie viele Campbells oder englische Soldaten er auch töten mochte, nichts konnte seinen Vater zurückbringen. Er setzte ständig sein Leben aufs Spiel, wieder und wieder, doch nicht einmal dieser Tag, dieses Gemetzel bei Culloden, nahm es ihm.
    Cameron blickte auf und sah Hufe in atemberaubendem Tempo auf sich zuwirbeln. Er schloß die Augen, betete, hielt sich bereit und hoffte dabei, daß er rasch ohnmächtig werden würde.
    Keine drei Fuß von ihm entfernt rollte ein Mann vom Rücken seines Pferdes, das augenblicklich stehenblieb. Cam drehte sich um und starrte auf den staubigroten Mantel eines Engländers, der eine Waffe in der Hand hielt.
    Er lächelte. »Nur zu, mo charaid«, begrüßte er ihn und breitete dabei die Arme aus. »Erlöse mich von meinem Elend. «
    Der Soldat riß die Augen auf Er blickte auf die Pistole und dann auf seinen eigenen Bauch, aus dem das Blut strömte. »Hoffentlich brauchst du noch Tage zum Sterben «, sagte der Engländer nur, dann zielte er auf sich selbst und drückte ab.
    Erst nach einigen Sekunden war der laute Knall in Camerons Ohren verklungen. Er bekam die Pistole zu fassen, wie auch die Zügel des Pferdes, das geduldig stehengeblieben war, und ab und zu auf den schlammigen Boden stampfte.
    Cameron blickte nach links und rechts und dann wieder nach links. Er schloß die Augen, innerlich sah er das Antlitz seines Vaters vor sich und begann zu weinen.
    Wer hätte gedacht, daß er, vor die Wahl gestellt, doch nicht den einfachsten Ausweg wählen würde?
    Mit klopfendem Herzen und wirrem Kopf erwachte Angus vom Geräusch der verhallenden Hufschläge. Sacht fuhr er mit

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