In einer Winternacht
gebeten, dafür zu sorgen, daß Kate nach der Übergabe an die Tagesstätte in der Wohnung bleiben kann.«
»Laut dem neuen Testament hinterläßt Bessie mir ein Einkommen. Außerdem darf ich mietfrei die Wohnung im Haus der Bakers bewohnen. Als ob ich mit diesen Leuten unter einem Dach leben wollte!« Tränen liefen Kate die Wangen hinab. »Ich fasse es nicht, daß Bessie mir so etwas antun konnte. Dieses Haus wildfremden Menschen zu hinterlassen! Sie wußte, daß ich die Bakers nicht leiden kann. Und eine andere Wohnung zu finden, ist unmöglich. Ihr kennt ja die Mieten in Manhattan.« Kate hat Angst. Sie ist wütend und gekränkt, dachte Alvirah. Aber was noch schlimmer ist… Sie blickte quer über den Tisch, und zum erstenmal fand sie, daß man Cordelia ihr Alter ansah. »Cordelia, wir lassen uns etwas einfallen, damit die Kindertagesstätte nicht aufgegeben werden muß. Das verspreche ich dir«, sagte sie, nachdem sie den Blick ihrer Schwägerin aufgefangen hatte.
Cordelia schüttelte den Kopf. »In knapp vier Wochen schaffen wir das nicht. Außer es geschieht ein Wunder.« Monsignore Ferris studierte sorgfältig die Kopie des Testaments, die Vic Baker Kate vorgelegt hatte.
»Soweit ich es beurteilen kann, ist es echt«, stellte er fest. »Es ist Bessies Briefpapier, und wir alle wissen, daß sie gut Maschineschreiben konnte. Außerdem handelt es sich eindeutig um ihre Unterschrift. Sehen Sie es sich selbst an, Alvirah.« Alvirah überflog die anderthalb Seiten und las das ganze dann noch einmal gründlich durch. »Es klingt auch nach Bessie«, räumte sie ein. »Hör mal zu, Willy: ›Ein Haus ist wie ein Kind, und wenn das Ende naht, ist es wichtig, es den Menschen anzuvertrauen, die es am besten versorgen können. Das Wissen, daß die tägliche Anwesenheit kleiner Kinder das Äußere und den ursprünglichen Charakter dieses Anwesens, für das ich soviel geopfert habe, verändern könnten, ist mir unerträglich.‹« »Meint sie mit ›geopfert‹ ihre Ehe mit Richter Maher?« fragte Willy. »Er war doch ein netter Kerl.«
Alvirah zuckte die Achseln und las weiter. »›Deshalb hinterlasse ich mein Haus Victor und Linda Baker, die es in Ehren halten werden, wie es seinem großzügigen Stil entspricht.‹«
»Da lachen ja die Hühner!« schnaubte sie und legte das Testament weg. »Was könnte großzügiger sein, als Kindern zu helfen?« Sie wandte sich an den Monsignore. »Wer war Zeuge, als dieser elende Wisch unterschrieben wurde?«
»Zwei Freunde der Bakers«, erwiderte Monsignore Ferris. »Natürlich werden wir einen Anwalt zu Rate ziehen, um festzustellen, ob man noch etwas unternehmen kann. Doch ich fürchte, an dem Testament läßt sich nicht rütteln.«
Willy musterte Alvirah nachdenklich. »In deinem Gehirn rattert es, Liebling, das merke ich ganz genau«, sagte er. »Da kannst du Gift drauf nehmen«, entgegnete Alvirah und stellte das in ihrer Brosche versteckte Mikrophon ein. »Das Testament liest sich zwar zum Großteil so, als hätte Bessie es geschrieben, aber hast du sie je die Worte ›ursprünglicher Charakter‹ benutzen hören, Kate?«
»Nein, ich glaube nicht«, antwortete Kate zögernd. »Wie hat sie sich denn ausgedrückt, wenn sie von dem Haus sprach?« fragte Alvirah, fest entschlossen, das neue Testament auf Herz und Nieren zu prüfen.
»Ach, du kanntest Bessie ja. Sie prahlte, man könne ein Sieben-Gänge-Menü vom Fußboden essen.«
»Genau«, sagte Alvirah. »Ich weiß, daß uns das nicht weiterbringt, aber ich bin felsenfest davon überzeugt, daß dieses Testament gefälscht ist. Kate, Cordelia, falls es möglich ist, das zu beweisen, werde ich es tun. Das verspreche ich euch. Ihr könnt euch auf mich verlassen.«
7
S
chwester Maeve Marie war in der Tagesstätte geblieben, um mit den Kindern das Krippenspiel zu proben. Allerdings drehten sich ihre Gedanken weiterhin um die Frage, warum
Schwester Cordelia, Willy und Alvirah so überstürzt zu Kate
Durkin gefahren waren.
»Es ist etwas passiert, und jetzt ist Kate außer sich.« Mehr
hatte Cordelia ihr vor dem hastigen Aufbruch nicht verraten. War Kate etwa ausgeraubt oder überfallen worden? überlegte
Schwester Maeve Marie. Sie wußte, daß Einbrecher häufig die
Todesanzeigen in der Zeitung lasen und in das Haus des
Verstorbenen eindrangen, während die Angehörigen bei der
Beerdigung waren. Da Schwester Maeve Marie früher bei der
Polizei gewesen war und auch ihre vier Brüder diesen Beruf
ausübten, dachte sie immer zuerst an
Weitere Kostenlose Bücher