In einer zartlichen Winternacht Hor auf die Stimme deines Herzens
versuchen ihn einzufangen“, erzählte sie mit Tränen in den Augen. „Sie wollen ihn zum Zuchthengst machen, um seine Fohlen teuer zu verkaufen.“
„Wer versucht ihn einzufangen, Livie?“, fragte Brad sanft. Es war kalt, er hatte Hunger und ihm graute ein wenig davor, das alte Ranchhaus zu betreten, ohne von Big John begrüßt zu werden.
„Schon gut.“ Olivias Mund wurde schmal. „Es würde dich sowieso nicht interessieren.“
Es war sinnlos, mit ihr zu diskutieren, wenn sie so drauf war. „Danke, dass du meinen Wagen hergebracht hast und mich abholst.“
„Ich habe ihn nicht hergebracht. Das haben Ashley und Melissa getan. Sie sind wahrscheinlich im Haus und hängen Girlanden auf, um dich willkommen zu heißen. Ich bin nur hier, weil ich den Jet gesehen habe und mir dachte, dass irgendein verdammter Filmstar Hirsche jagen will.“
Brad hatte schon ein Bein im Pick-up und drehte sich zu ihr um. „Das gibt es hier?“, fragte er lächelnd. „Filmstars, die zur Jagd in einem Jet einschweben?“
„Das passiert in Montana dauernd.“
Er tippte ihr auf die Nasenspitze. „Wir sind aber nicht in Montana, meine Kleine. Sehen wir uns zu Hause?“
„Später, wenn der Trubel sich gelegt hat.“
Brad stöhnte innerlich auf. Er wollte ebenfalls keinen Trubel, oder was immer die Zwillinge ihm zu Ehren vorbereitet hatten, aber er wollte die beiden auch nicht verletzen. „Bitte, sag mir, dass sie keine Party planen!“, flehte er.
Olivia lächelte spöttisch. „Du hast Glück. Auch wenn du gleich mehrere Grammys gewonnen hast, hier gibt es Wichtigeres zu tun. Bei den McKettricks hat sich Nachwuchs angekündigt, und alle sind in Indian Rock, um mit der werdenden Mutter zu feiern.“
Brad zuckte zusammen. „Nicht Meg“, murmelte er und senkte verlegen den Blick, weil es ihm herausgerutscht war.
Seine Schwester schüttelte den Kopf. „Meg ist zwar zurück, aber noch immer Single. Nein, das Kind bekommt ihre Schwester Sierra.“
Um seine Erleichterung zu verbergen, schloss Brad die Fahrertür und startete den Motor.
Olivia winkte ihm fröhlich zu, bevor sie in ihren Geländewagen stieg und in einer Staubwolke davonfuhr.
Brad wartete, bis die Wolke sich gelegt hatte.
Seine innere Unruhe brauchte dazu länger.
„Lass mich in Frieden!“, flüsterte Meg McKettrick dem Geist des verstorbenen Cowboys zu, der es sich auf dem Beifahrersitz ihres Chevrolet Blazer bequem gemacht hatte. „Geh Keegan oder Jesse oder Rance auf die Nerven!“
„Die brauchen mich nicht“, erwiderte der Geist lächelnd. Er sah nicht aus wie auf den alten Porträts, hatte kein weißes Haar und kein von Falten zerfurchtes Gesicht. Nein, Angus McKettrick war in der Blüte seines Lebens zurückgekehrt, mit breiten Schultern, goldbraunem Haar, leuchtend blauen Augen und dem lässigen Charme, den er seinen männlichen Nachfahren vererbt hatte.
Verärgert parkte Meg zwischen einem Lexus und einem Minivan. Sie stieg aus, riss die hintere Wagentür auf und griff nach dem Päckchen. „Ich habe eine Neuigkeit für dich“, verkündete sie. „Ich brauche dich auch nicht!“
Angus stieg ebenfalls aus und streckte sich. „Das sagst du so. Aber die sind alle verheiratet, gründen Familien und sorgen dafür, dass die McKettricks nicht aussterben.“
„Danke für die Erinnerung“, erwiderte Meg und stieß die Autotür zu.
„Zu meiner Zeit wärst du eine alte Jungfer gewesen.“
„Zu deiner Zeit vielleicht“, erwiderte Meg, ohne die Lippen zu bewegen. Seit Angus McKettricks Geist das erste Mal bei ihr aufgetaucht war, hatte sie eine ganz spezielle Technik entwickelt, um mit ihm zu kommunizieren. Denn für alle anderen war Angus unsichtbar, und niemand sollte glauben, dass sie Selbstgespräche führte. „Aber das hier ist meine Zeit. Ich lebe im einundzwanzigsten Jahrhundert. Frauen definieren sich nicht mehr darüber, ob sie verheiratet sind oder nicht.“ Sie atmete tief durch. „Weißt du was? Warte doch im Wagen – oder schwing dich aufs Pferd.“
Angus ließ sich nicht abschütteln, sondern folgte ihr zum Haus. Wie immer trug er schlammige Stiefel und einen langen staubigen Mantel, unter dem sich der 45er-Colt deutlich abzeichnete. Einen Hut trug er nur, wenn Regen drohte, und davon konnte an diesem milden Oktobertag keine Rede sein.
„Vielleicht liegt es an deiner abweisenden Art“, meinte Angus. „Du bist zickig, das ist das Problem. Natürlich muss eine Frau auch Eigenarten haben, das gibt ihr etwas Würze. Aber du
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