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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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ja noch gar nicht geschehen.“
    „Ach, und jemanden krankenhausreif zu prügeln und ihn auszurauben ist wohl kein Verbrechen?“
    „Woher wollen Sie denn wissen...?“
    „Nelli, ich bin nicht blöd. Sie haben zwar nur Andeutungen über das gemacht, was Ihnen angetan wurde, aber Sie hören sich immer noch an wie frisch aus dem Koma erwacht und mit Beatmungsschlauch im Hals. Ich schätze mal, dass ich Sie kaum erkennen würde, wenn Sie vor mir stünden.“
    „Das kann schon sein.“
    Nelli nickte, hielt inne, schüttelte den Kopf.
    „Nein, kann es nicht. Gerade haben wir davon gesprochen, dass Rolf meine Spur verloren hat und gar nicht weiß, wo ich bin. Wie kann er das dann gewesen sein am Gletscher?“
    „Dann weiß er eben doch, wo sie sind. Die Zeit, nach seinem Überfall auf sie nach München zu düsen und den Brief einzuwerfen, hätte er jedenfalls gehabt. Mein Gott, Nelli, was ist nun wahrscheinlicher: Dass derjenige hinter allem steckt, der hier ständig rumhängt und ein für sein krankes Hirn ziemlich einleuchtendes Motiv hat – oder ein aufgetauter und unter die Lebenden zurückgekehrter Serienmörder? Das glauben Sie doch immer noch, oder?“
    „Ja, und ich habe dazu auch allen Grund. Stellen Sie sich vor, der neue Hüttenwirt hier ist mit Andi befreundet.“
    „Nelli, dieser Andi ist tot, hundertprozentig! Ich habe den Ermittler angerufen, diesen Platzer. Der Junge war so steifgefroren, dass sie mit ihm als Riesen-Eiswürfel einen ganzen Swimmingpool auf null Grad hätten runterkühlen können. Und es gab Spuren.“
    „Was denn für Spuren? Wo?“
    „Schleifspuren auf dem Eis und Kratzer wie von Kufen. In diesem Labyrinth im Gletscher, wo sie seine Leiche abgesetzt hatten, den ganzen Gang entlang bis ins Freie. Jemand ist da gewesen und hat ihn geholt, das steht völlig außer Frage. Der Kerl war wie ein Felsblock, den trägt man nicht so einfach weg. Jemand kam mit einem Schlitten, so sieht das Platzer und ich übrigens auch, hat die Leiche aufgeladen und weggeschafft. Das ist Fall Nummer eins und hat mit Ihrem Fall nur in der Vergangenheit zu tun. Fall Nummer zwei, Ihr jetziger Fall, die Gegenwart, hat den Namen Rolf Kressel. Und jetzt folge ich meiner Bürgerpflicht und melde das. Basta.“
    „Aber dieser Wächter ist mit ihm befreundet.“
    „Gewesen. Und das macht ihn noch längst nicht zum Verbrecher.“
    „Das nicht, aber ich hab immer auch gedacht, dieses monströse Labyrinth im steinharten Gletscher-Eis konnte Andi unmöglich allein angelegt haben.“
    „Hat er aber. Jetzt hören Sie auf zu spinnen und kommen Sie zurück nach München, damit wir mit der Artikelserie weitermachen können und Sie Ihr Geld bekommen. Das mit Kressel regelt die Polizei.“
    „Ich kann nicht nach München, selbst wenn ich wollte.“
    „Wieso nicht?“
    „Haben Sie nicht zugehört? Außer meinem Schlafsack und den Klamotten am Leib hab ich gar nichts mehr. Keine Mastercard, keine Papiere, kein...“
    „Schon gut. Dann versuchen Sie’s eben per Anhalter. Und wenn das nichts wird, einfach noch mal anrufen, dann lass ich Sie abholen. Spätestens morgen sind Sie wieder hier.“
    „Aber...“
    „Zum Donnerwetter, Nelli, muss ich Sie erst an Ihre Vertragspflichten erinnern? Außerdem erreichen Sie ohne mich gar nichts, das müsste Ihnen doch klar sein. Ich sehe Sie morgen, auf Wiederhören.“
     
    Nachdem Nelli eine Stunde lang vergeblich versucht hatte, von einem der Hüttenbesucher mit ins Tal genommen zu werden, machte sie sich zu Fuß auf den Weg.
    „Wir nehmen grundsätzlich keine Anhalter mit.“ – „Ich hab den Führerschein noch nicht lange, da ist mir das zu viel Verantwortung mit einer Fremden im Auto.“ – „Lieber nicht, ich hab drei Bier intus.“
    Und das waren noch die freundlichsten Lügen. Einer hatte behauptet: „Ich fahre gar nicht ins Tal, ich nehme weiter unten den Abzweig zum nächsten Pass.“ Auf Nellis Antwort, es gebe keinen Abzweig, hatte er nur gleichgültig die Mundwinkel verzogen: „Trotzdem.“
    Die meisten anderen hatten sie nur ungeniert von oben bis unten gemustert, den Kopf geschüttelt, die Blicke gesenkt und dann getan, als sei sie gar nicht mehr vorhanden.
    Und so dämmerte es bereits, als Nelli die Straßenkehre über dem Dorf erreichte, an der sie an jenem Abend vor der Nacht mit Andi ihr Zelt aufgeschlagen und kurz darauf wieder abgebaut hatte. Wäre sie doch damals nur auf und davon gefahren, statt umzukehren. Was ihr damals fehlte, ihr Tagebuch, war

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