Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
Vom Netzwerk:
Noch besser kann das aber die Polizei.“
     
    Die Polizei wäre auch unumgänglich, um neue Papiere und eine neue Mastercard zu bekommen. Nelli verließ, nachdem sie das Gespräch mit der Herolder beendet hatte, ohne Wächter Bescheid zu sagen das Haus durch die Hintertür und dachte das erste Mal in allen Konsequenzen darüber nach, wie drastisch sich ihr Leben geändert hatte durch den Überfall. Vorher hatte sie zumindest alles gehabt, um auf sich allein gestellt zurechtzukommen. Nun hatte sie nichts mehr außer einem schrottreifen Fahrrad und einer Tüte voller Zerstörung.
    Sie hatte ihr Konto noch nicht mal sperren lassen, fiel ihr ein. Aber wozu auch, der Kartendieb sollte das Geld ja bekommen. Nelli hätte ihm sofort die Geheimnummer mitgeteilt, wenn er Monika und sie dafür in Ruhe ließe.
    Aber das war jetzt nebensächlich angesichts der Millionenforderung. Was tun? Einfach nur abwarten, was die Herolder erreichen würde?
    „Warum nehmen Sie den Job hier eigentlich nicht an?“, fragte hinter ihr eine Frauenstimme. Nelli, auf halbem Weg zwischen Haus und Seilbahnstation, erschrak und fuhr herum.
    Auf einer Kiste neben dem Hintereingang hockte die Bedienung mit ihrem Mini-Dirndl und dem rotgefärbten Schopf und rauchte. Nelli war direkt an ihr vorbeigelaufen, hatte sie nicht bemerkt, und sie begriff mit Schrecken, dass auch ihr Verfolger ganz in der Nähe sein und jederzeit wieder zuschlagen konnte. Aufmerksamer werden, Nelli, schärfte sie sich ein; nicht mehr tagträumen, wachsam sein!
    Sie ging die paar Schritte zurück zum Haus und blieb direkt vor der jungen Frau stehen. Die hielt ihr die Zigarettenpackung entgegen, und Nelli schüttelte lächelnd den Kopf.
    „Wie heißen Sie?“
    „Vroni.“
    „Wirklich?“
    Sie schloss die Augen, deutete ein Kopfschütteln an und nahm einen tiefen Zug.
    „Nein, ich heiße Margarete“, sagte sie beim Rauchausstoßen. „Der Name ist aber nicht berghüttengemäß. Ist eben alles Show hier oben.“
    „Für mich war es bitterernst. Vor noch nicht mal einem Monat. Eine Show ist das nur, wenn man nicht dabei war. Deshalb mache ich nicht mit.“
    „Keine moralischen Gründe?“
    Nelli lächelte.
    „Moral steht nicht an der Spitze meiner Bedürfnis-Pyramide.“
    Margaretes Blick zeigte leichte Irritation. Sie nahm einen weiteren Zug, stieß aus, fragte durch den Rauch: „Dann ist es wohl, weil mein Chef und der Andi Freunde waren?“
    Nelli verging das Lächeln schlagartig.
    „Was waren die?!“
    „Das wussten Sie wohl gar nicht?“
    „Nein, wusste ich nicht.“
    Die junge Frau ließ die Zigarette fallen und stand hastig auf.
    „Bitte sagen Sie nicht meinem Chef, dass ich das ausgeplaudert habe. Ich dachte, das weiß jeder.“
    „Jeder außer mir.“
    „Freunde ist vielleicht auch das falsche Wort. Aber in der Volksschule waren sie zusammen in einer Klasse. Und später... egal, auf jeden Fall fahren beide gern Motorrad und machen auch Bergtouren miteinander, das ist nicht gelogen.“
    „Fuhren und machten.“
    „Was bitte?“
    „Fuhren und machten muss es heißen. Es sei denn, sie tun das immer noch. Andi ist doch tot, oder?“
    „Schon. Offiziell auf jeden Fall.“
    „Und inoffiziell?“
    Margarete schnappte sich den großen, schwarzen Geldbeutel, auf dem sie gesessen hatte, steckte die Zigarettenpackung unter den Puffärmel ihrer Dirndlbluse und drehte sich zur Tür.
    „Ich muss jetzt wieder.“
    Nelli hielt sie am Arm fest.
    „Was geht hier vor?“
    „Gar nichts. Wenn Sie behaupten, ich hätte was gesagt, dann streit ich es ab. Ich brauch den Job hier.“
    Sie riss ihren Arm los und verschwand durch die Hintertür zur Küche.
     
    „Ich habe eine verdammt beängstigende Neuigkeit“, platzte Nelli heraus, als sie zur vereinbarten Zeit den Platz neben dem Satellitentelefon einnahm, wählte und sofort die Herolder am Apparat hatte.
    „Sie auch? Aber warum flüstern Sie denn?“
    „Weil der Hüttenwirt das nicht unbedingt hören muss.“
    Nelli war ihm zwar seit einer Stunde nicht begegnet, aber er konnte hier überall stecken. Seit der Information, dass Andi und Wächter sich nicht nur gekannt hatten, sondern Freunde gewesen oder noch immer waren, stand Nelli kurz davor, hysterisch zu werden, und meinte, ihn hinter jeder Ecke lauern zu sehen. Wäre der 16-Uhr-Telefontermin mit der Herolder nicht gewesen, sie hätte längst das Weite gesucht.
    Bei aller Entschlossenheit, sich der Sache zu stellen – so was wie das mit Andi wollte sie keinesfalls

Weitere Kostenlose Bücher