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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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nicht anders als entsetzt aufzulachen und sie mit aufgerissenen Augen anzustarren.
    „Sag mal...!“
    „Was?“
    „Man könnte meinen, du bist in der Gosse aufgewachsen.“
    „Nein, am Millionenhügel. Aber leider ohne Eltern.“
    Es klang, als hätte sie nur auf das Stichwort gewartet gehabt. Noch immer auf allen Vieren, senkte Nelli wieder den Blick. Sie kroch zurück ins Zelt und begann damit, die Schlafsäcke zusammenzurollen.
    „Tut mir leid, aber so war das nun mal“, rief Monika von draußen mit künstlich unbekümmerter Stimme. Dem Geräusch nach schien sie den Campingstuhl zusammenzuklappen.
    „Dein schlechtes Benehmen hat damit ja wohl nichts zu tun“, gab Nelli zurück und versuchte, neutral und sachlich zu klingen.
    „Warum nicht?“, fragte Monika, plötzlich ganz nah. Sie hatte den Kopf ins Zelt gesteckt und sah Nelli herausfordernd an.
    „Weil du vorher ganz anders warst.“
    Nelli stopfte die Schlafsäcke in die Schutzhüllen.
    „Wann vorher?“
    Mit den Schlafsack-Paketen in den Händen watschelte Nelli auf Monika zu und drängte sich an ihr vorbei aus dem Zelt heraus.
    „Du weißt schon, was ich meine. Du wolltest diese Tour unbedingt machen.“
    „Na und?“
    „Seit wir aufgebrochen sind, suchst du andauernd Streit.“
    „Wenn man zusammen verreist, kann es nun mal Konflikte geben.“
    „Verreisen nennst du das?“
    „24 Stunden am Tag ständig zusammen, da lernt man sich erst richtig kennen.“
    „Wir waren vorher auch ständig zusammen. Zumindest die letzten paar Monate.“
    „Tja.“
    „Was – tja?“
    „Unsere Beziehung normalisiert sich eben.“
    Nelli schnaufte spöttisch durch die Nase.
    „Was?“
    „Wenn ständiges Zanken für dich Normalität ist.“
    Nelli verstaute die Schlafsäcke auf ihrem Fahrradgepäckträger. Monika trat neben sie, stieß sie mit der Hüfte an und umfasste ihre Schulter kumpelhaft-herablassend mit einem Arm.
    „Also, jetzt sei mal keine Mimose, liebe Stiefmama. Genieße die Tour!“
    Nelli schüttelte ihre Umarmung ab und hob den Campingstuhl auf.
    „Ich breche diese Tour jetzt ab.“
    „Wie meinst du das?“
    „Wie meine ich das wohl? Wir kehren um.“
    Mit einem Ruck riss Nelli den ersten Hering aus dem Boden und packte schon den nächsten.
    „Tun wir nicht.“
    „Und ob! Was soll denn das überhaupt bringen?“
    Das Zelt klappte zusammen. Nelli fischte durch den Eingang nach den Zeltstangen.
    „Wie gesagt, es ist wichtig für mich.“
    „So wichtig, dass du ununterbrochen nörgelst.“
    „Ich kann auch gar nichts mehr sagen.“
    Nelli verdrehte die Augen, schüttelte den Kopf und begann damit, Zeltstangen und Heringe einzusammeln. Monika stand daneben, sah ihr mit verschränkten Armen zu und zog eine Schnute. Nelli beachtete sie nicht, schüttelte das Zelt aus und rollte es zusammen. Die Stimme hinter ihr klang nun deutlich weniger angriffslustig:
    „Nach nur einer Woche gibst du schon auf?“
    „Eigentlich bin ich von einem Tagesausflug ausgegangen. Um diese Jahreszeit ist campen einfach hirnrissig.“
    „Du warst doch damals auch bei jeder Jahreszeit unterwegs.“
    „Das war aber was völlig anderes.“
    Nelli stopfte Zelt, Stangen und Heringe in den Zeltsack, während Monika schweigend zusah.
    „Es ist doch offensichtlich, dass wir diese Tour nicht genießen“, setzte Nelli nach.
    „Darum geht es doch auch gar nicht.“
    „Könntest du vielleicht mal helfen?“
    „Wir haben noch gar nicht gefrühstückt.“
    „Das machen wir unterwegs. Ich hab heute keinen Bock auf kaltes Wassermüsli.“
    „Wir können ja Feuer schüren.“
    Nelli klemmte den prallen Zeltsack auf Monikas Gepäckträger und suchte die Lichtung, auf der sie die Nacht verbracht hatten, nach übersehenen Ausrüstungsteilen ab. Monika hatte begonnen, verstreute Äste und Zweige einzusammeln.
    „Was soll denn das jetzt werden?“
    „Fürs Feuer.“
    „Wir schüren hier kein Feuer mehr. Gestern Abend hat es über eine Stunde gedauert, bis das feuchte Zeug endlich gebrannt hat.“
    „Wir haben doch Zeit.“
    Nelli schnaufte tief ein und aus, ging zu ihrem Fahrrad, klappte den Ständer hoch und schaute über die Schulter zurück.
    „Jetzt komm schon“, rief sie Monika versöhnlich zu. Die hielt mit ihrem hektischen Aufsammeln abrupt inne, ohne Nelli anzuschauen, stampfte mit dem Fuß auf und schleuderte die Äste in ihre Richtung, ohne allerdings zu treffen.
    Wortlos drehte sich Nelli von ihr weg und schob ihr Fahrrad aus dem Dickicht über den

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