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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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zwei Schritten war Nelli bei ihr und hielt sie am Gepäckträger fest.
    „Wohin denn bloß? Mir wird die Sache langsam unheimlich.“
    „Ich will einfach nur deine Route fahren, alles genau wie damals.“
    „Aber hier ist überhaupt nichts wie damals. Damals war Sommer, ich bin ohne Ausrüstung losgefahren, und zwar Hals über Kopf, völlig ziel- und planlos. Ich hatte bloß das Fahrrad und meine Handtasche, hab in Pensionen übernachtet und war auch nicht eine volle Woche im Fichtelgebirge unterwegs. Im Gegenteil, erst hinter Bayreuth wurde eigentlich eine Tour daraus.“
    Monika nickte zustimmend, als hätte sie auf solche Detailangaben nur gewartet.
    „Na also, dann machen wir das doch jetzt so.“
    Sie zerrte an ihrem Fahrrad, aber Nelli hielt es eisern fest.
    „Nein, machen wir nicht.“
    „Machen wir doch.“
    „Du hast keine Ahnung, wie ich mich damals fühlte. Ich kann mich ja selbst kaum noch hineinversetzen, auch nicht, indem ich einfach die selbe Strecke noch mal fahre. Das ist vorbei, Vergangenheit. Und wir haben auch keinen Grund, diese ganze elende Sache aufzuwärmen.“
    Monika schaute sie an. Sie schien mit etwas zu ringen.
    „Oder?“, fragte Nelli.
    „Irgendwann muss ich es dir ja sagen“, seufzte Monika und hörte auf, sich gegen Nellis Griff an ihrem Gepäckträger zu stemmen.
    „Okay.“
    Mit je einer Hand an Monikas Fahrrad, schauten die beiden sich an. Monika stülpte die Lippen nach innen, biss darauf herum und bewegte ruckartig den Unterkiefer hin und her. Das hatte sie schon als Kind gemacht. Nelli hatte das immer gehasst. Es sollte vortäuschen, dass sie mit sich haderte. In Wirklichkeit wollte sie ihr Gegenüber nur auf die Folter spannen.
    „Also?“
    „Wir können nicht zurück.“
    „Weil?“
    „Was?“
    „Wir können nicht zurück, weil?“, fragte Nelli ungehalten.
    „Na ja, weil... also, das wird dich bestimmt überraschen.“
    „Ich könnte schon jetzt überraschter nicht sein.“
    „Du ahnst schon was?“
    „Nein, verdammt noch mal. Hör auf mit dem Rätselraten.“
    „Zum Beispiel Papas Haus, mein, also unser Haus, das Haus, in dem wir zuletzt gelebt haben.“
    Nelli verdrehte die Augen.
    „Eigentlich Stefanies Haus.“
    Monika ließ das Fahrrad los und nahm ihre Kappe ab. Ihre Haare flutschten hervor und fielen ihr ins Gesicht. Sie strich sie zurück, schaute hoch in den Nieselregen, zwickte die Augen zusammen, setzte die Kappe wieder auf, schüttelte sich, nahm sie wieder ab, wollte sie wieder aufsetzen.
    Nelli riss sie ihr aus der Hand.
    „Wieso Stefanies Haus?“
    „Deshalb wollte ich doch, dass wir vorher zu ihr fahren, um vielleicht doch noch eine Lösung zu finden. Aber du wolltest ja nicht. Also blieb gar nichts anderes als die Flucht.“
    Monika unterstrich den letzten Satz mit einem Blick als sei es für Nelli nun Zeit, sich für die Misere schuldig zu fühlen. Dabei hatte sie keinen Schimmer, was überhaupt passiert war.
    „Flucht?!“
    „Oder Aufbruch.“
    „Bei dir hieß das: Wir fahren deinen Weg ein Stück. Vielleicht hörst du mal auf, in Andeutungen zu sprechen, und erzählst der Reihe nach, was passiert ist.“
    Monika nickte entschieden, holte sich ihre Kappe zurück und setzte sie auf.
    „Das weißt du doch noch, dass ich mit dir zu Stefanie wollte.“
    „Ja, natürlich. Du wolltest, dass ich mich mit ihr ausspreche.“
    „Genau, und das andere wäre dann ganz automatisch zur Sprache gekommen.“
    „Das andere?“
    „Die finanzielle Situation.“
    „Du hast Geldprobleme?“
    „Gelinde gesagt.“
    „Und der Situation angemessen gesagt?“
    „Hab ich selbst dann noch Schulden, wenn das Haus samt Mobiliar gepfändet ist.“
    „Aber, das gibt’s doch überhaupt nicht!“, rief Nelli aus und legte Monikas Fahrrad zu Boden. „Wir haben doch seit Sommer ganz normal gelebt. Es war zumindest immer Geld da. Und die Firma, was ist überhaupt mit der Firma?“
    „Die Firma gibt es schon lange nicht mehr. Hast du das nicht gewusst?“
    „Nein, woher denn? Und dein Erbe? Geldvermögen, Häuser?“
    „Stefanie hat mich ausbezahlt. Viel war es sowieso nicht.“
    „Und was ist damit geworden?“
    „Das war ziemlich schnell weg.“
    „Aber das Haus, das Bargeld, dein Studium. Du studierst doch noch, oder?“
    Monika schüttelte den Kopf.
    „Wir brauchen das gar nicht alles im Detail zu diskutieren. Fakt ist: Ich habe nichts mehr und auch keine Perspektiven, schon gar nicht in Hof. Und deshalb die Frage: Hältst du zu

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