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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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aber zu dir war sie immer nett, manchmal fast liebevoll. Ihr habt euch verstanden. Wart zumindest immer einig gegen mich. Du hattest es doch gut bei ihr?“
    „Das würdest du jetzt gern hören.“
    „Oder nicht?“
    Monika schaute zwischen Nellis farbbandverschmierten Händen und ihrem erwartungsvollen Blick hin und her. Beiden fiel auf, dass die schlurfenden Schritte der Herolder über ihnen zum Stillstand gekommen waren, aber sie achteten nicht darauf.
    „Weißt du, wie Stefanie ihren Lebensunterhalt verdient?“, fragte Monika. Über ihnen erklang ein leises Quietschen, gefolgt von schlurfenden Schritten.
    Nelli stutzte.
    „Du hast doch den Schlüssel, oder?“
    Monika legte den Kopf schief.
    „Welchen? Nein, der steckt.“
    Die Tür schlug zu. Nelli startete mit einem Sprung, riss sich am Treppengeländer hoch, überwand die Stufen mit weiteren Sprüngen, hörte hinter sich Monika nachdrängen, und gemeinsam erreichten sie die Tür genau in dem Moment, als der Schlüssel sperrte. Nelli drückte die Klinke, warf sich gegen die Tür und prellte sich die Schulter.
    Schon wieder eingesperrt!
    Monika neben ihr hämmerte mit der Faust gegen die Tür, aber blieb bemerkenswert ruhig dabei. Es war Nelli, die mit einer Stimme schrie, in der Panik mitschwang.
    Sie hatte solchen Durst. Erst jetzt begriff sie, wie nah ihr Körper am Verdursten war.
     
    „Wie verdient denn nun Stefanie ihren Lebensunterhalt?“, fragte Nelli, obwohl sie es sich längst zusammengereimt hatte. Sie hockten nebeneinander auf der obersten Stufe der Kellertreppe an der Tür zum Hausflur und schauten die Treppe entlang nach unten, wo ein braunschwarzer Trekkingschuh einer der Leichen an den untersten Absatz heranragte und schaumverklebte Fußspuren kreuz und quer durcheinander nach oben führten.
    „Kennst du dieses Single-Café?“, fragte Monika zurück.
    „Ha?“
    „In Hof, auf der anderen Seite der Altstadt.“
    „Ja, vom Hörensagen. Drin war ich nie. Wieso?“
    „Stefanies Stammlokal, zumindest damals, als ich bei ihr einzog.“
    „Das Ding? Das ist doch was für...“
    Ohne es zu merken, wurde Nelli abgelenkt und hineingezogen in das, was Monika zu sagen begann. Sie vergaß ihren Durst und die Frage, warum von Fiona Herolder überhaupt nichts mehr zu hören war.
    „Ja, Mauerblümchen-Treff, Herzschmerz-Aufreißladen. Stefanie schläft bis mittags, macht sie bestimmt immer noch. Nachmittags sind irgendwelche Beauty-Maßnahmen angesagt, dann aufstylen, und punkt 21 Uhr düst sie ab.“
    „Und du?“
    „Ich konnte machen, was ich wollte. Konnte ich sowieso den ganzen Tag lang.“
    „Was war mit Schule?“
    „Schule?“
    Monika warf ihr einen ironischen Seitenblick zu.
    „Das ist eine andere Geschichte. Hier geht es um Stefanies Job.“
    Plötzlich kam Nelli eine Ahnung.
    „Aber, du meinst doch nicht...“
    Monika begriff und schüttelte den Kopf.
    „Keine Prostitution, nein. Sie machte das alles ja ganz offen und wie selbstverständlich. Die Kerle waren noch da am nächsten Morgen, hingen manchmal den ganzen Tag herum und zogen dann abends mit ihr ab oder blieben gleich noch mal eine Nacht.“
    Nelli schüttelte betroffen den Kopf.
    „Tut mir leid. Ich muss zugeben, ich hatte einen Verdacht in der Richtung, aber...“
    Monika schaute sie verständnislos von der Seite an.
    „Was denn? Wart’s ab, das war der harmlose Teil, die Einführung sozusagen. Die meisten Kerle haben mich überhaupt nicht beachtet, und so dachte ich die ersten Monate, das sei genau das, wonach es ausschaut. Wobei das zum Teil schon Typen waren, also - Stefanie ist zwar ein Aas, aber eigentlich ja nicht gerade die Hässlichste...“
    Monika fiel auf, dass ihr linker Schnürsenkel offen war. Sie beugte sich nach vorn und band sich mit ungelenken Fingern eine Schleife.
    „Jedenfalls...“
    Monika zurrte die Schleife fest und beugte sich wieder zurück.
    „...eines Mittags, ich hatte die Schule geschwänzt und mich unten an den Pfaffenteichen herumgetrieben, Stefanie pennte noch, da stand vor ihrem Haus ein blauer BMW, und einer ihrer Typen saß am Steuer und wartete auf irgendwas. Ich dachte natürlich, er wartet auf Stefanie, und beachtete ihn nicht. Aber er rief mich. Ich war erstaunt, dass er überhaupt meinen Namen kannte.“
    Monika beugte sich vor. Auch die rechte Schleife saß locker. Sie öffnete sie, band sie mit steifen, ungeschickten Fingern, zog sie fest, lehnte sich wieder zurück. Nelli sah ihr an, dass sie gern noch mehr Schleifen

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