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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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jeder weiß, dass dann keiner mehr Orgel spielt. Wenn’s der Wanninger ned macht.«
    Früher hätte es das bei uns nie gegeben, dass dieser Blomberg samt Kompagnon über unsere Schwelle gekommen wäre. Männer in unserem Haus waren schlichtweg undenkbar. Es gab also auch Vorteile, wenn man der männlichen Bevölkerung schon von vornherein das Besuchsrecht verweigerte.
    Ich hörte das Klacken der Haustür und die Schritte eines resignierten Herrn Blomberg samt seines schreibwütigen Kompagnons auf unserem Gartenweg. Mein Herz hämmerte noch immer wie von jemandem, der gerade gejagt worden war, aber entkommen konnte. Zur Beruhigung sah ich eine Weile Großmutter zu, die wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung nachging, dem Polieren ihrer Edelstahlspüle.
    Sie wurde wirklich alt. Dass sie derart in die Knie ging und einen Blomberg hereinließ. Vielleicht hatte sie sich aber auch an Männer gewöhnt, seit Max hin und wieder in unserer Küche saß.
    »Wieso erzählst du solche Dinge?«, fragte ich die Kaffeekanne, als könnte die mir Auskunft geben. »Walkjanker. Der Wanninger hatte nur sein kariertes Hemd an.«
    »Ja. Der Wanninger.« Großmutter drehte sich erstaunt zu mir um. »Aber es ging doch um den Pudschek.«
    Pudschek. Wanninger. Ich verzog den Mund, dass ich in der Kanne wie ein grässliches Monster aussah.
    »Natürlich ging’s um den Wanninger«, klärte ich sie auf. »Wieso sollten sie dich nach dem Pudschek fragen, wenn du den toten Wanninger gefunden hast?«
    »Ja. Das hab ich mich auch gefragt. Wieso fragen die nach dem Pudschek?« Großmutter setzte sich mir gegenüber und sah mich über die Kaffeekanne hinweg scharf an. »Der ist doch schon Jahre tot.«
    »Die haben den Wanninger gemeint«, antwortete ich mürrisch zur Kaffeekanne. Herrgottsakrament, würde der Schmalzl-Wirt jetzt sagen. Mir war das leider verboten.
    »Wieso sagen sie dann Pudschek, wenn sie über den Wanninger reden wollen?«, bohrte Großmutter nach. »Macht man des?«
    »Weil alle Pudschek sagen«, sagte ich genervt zur Kaffeekanne, sah mein breitgezogenes Gesicht böse an und schnitt einen noch breiteren Mund. »Sie dachten, du verstehst sie nicht, wenn sie Wanninger sagen.«
    Ich sah auf, begegnete Großmutters Blick. Ihre Pupillen waren wieder klar und weit, und sie schüttelte leicht den Kopf, als sie meine Monstergrimasse sah. Geh, Mädl, macht man des, in deinem Alter, sollte das wohl heißen.
    »Unsinn. Wieso sollten sie meinen, dass ich sie nicht verstehen würde, wenn sie Wanninger sagen? Die Polizisten können doch unmöglich wissen, dass wir zum Wanninger Pudschek sagen. Wo doch nicht einmal der alte Pudschek Pudschek geheißen hat.« Sie machte ein Geräusch wie tststs und schob die Kaffeekanne weg, um meinem Grimassenschneiden einen Riegel vorzuschieben.
    »Woher soll ich wissen, dass fremde Polizisten zum Wanninger Pudschek sagen, frag ich dich. Der Schorsch, gut, der weiß das ja. Aber wildfremde Polizisten. Wer weiß, wo die herkommen. Kein Fremder sagte zum Wanninger Pudschek.«
    Ja. Das war logisch. Noch dazu, wo auch der Pudschek nicht Pudschek geheißen hatte.
    »Und der Pudschek hatte seinen grünen Walkjanker an. Des weiß ich noch, als wär’s gestern g’wesen«, wiederholte sie beharrlich. Sie stand auf und schüttete den Rest ihres Tees in unsere Grünlilie. »An den Ellbogen waren Flicken draufgenäht. Das muss er selber g’macht haben. Des war ned schön g’macht.«
    »Vom Pudschek.« Ich beobachtete, wie langsam der Untersetzer unserer Grünlilie überlief und ein kleines Rinnsal die Wand nass machte. Trotzdem blieb ich sitzen und sah einfach zu.
    »Natürlich.« Sie drehte sich um und blitzte mich böse an. »Von wem red ich denn die ganze Zeit?«
    Stimmt. Wir hatten die ganze Zeit von dem vermaledeiten Pudschek gesprochen. Und wer war dran schuld? Bestimmt der blöde Schorsch. Ich konnte mir richtig vorstellen, was er gesagt hatte: Passt s’ auf, die Wild, die alte, die ist total verrückt. Und wenn ihr anfangts mit Wanninger, hin und her. Des versteht die nie.
    »Aber der Wanninger. Es ging um den blöden Wanninger.«
    »Der Wanninger hatte keinen Walkjanker an«, belehrte mich Großmutter, als hätte ich das nicht selbst gesehen. »Aber eine Frau hatte er. Heimlich. Die hat ihm das Hemd geflickt.«
    Der Wanninger hatte keine Frau. Weder heimlich noch sonst was. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche.
    »Das war gut geflickt. Das Hemd.«
    »Der Wanninger hatte keine Frau.«
    »Doch«, beharrte

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