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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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weil er der Erste sein wollte, der seine Lichterorgie einschaltete. Vermutlich würde der Metzger seine Pergola nächstes Jahr schon Ende September schmücken. Ich hatte inzwischen eine komplizierte Punkteskala für Lichterorgien entwickelt. Der Metzger bekam immer volle Punktzahl, hinsichtlich aller Kategorien. Und fette Sonderpunkte gab es nur, wenn man nicht nur Lauflichter und Blinklichter, sondern auch bunte Lichter und – was immer mehr zum Standard wurde – lebensgroße Nikoläuse und Rentiere samt Schlitten hatte. Punktabzug gab es für erdrosselte Nikoläuse. Das sind diese Nikoläuse, die an der Hausfassade hochklettern, sich aber regelmäßig so in ihren Stricken verheddern, dass sie aussehen, als würden sie Suizid begehen.
    Der Metzger. Ich musste unbedingt herausfinden, was der Metzger mit dem Pudschek zu tun hatte, fiel mir wieder einmal ein, während ich eine besonders langsame Ehrenrunde um die Kirche drehte. Und die ewige Sache mit der Lehmerin. Ob sie nun ein Alibi hatte oder nicht. Außerdem könnte ich den Tag nutzen, um endlich die Troidl’schen Abdeckplanen zu lüften. Damit sollte ich vermutlich anfangen, denn es war die einfachste von den drei Unternehmungen.
    Ich gab wieder Gas und nahm Kurs auf das Troidl’sche Anwesen. Die ganzen Rosenkranztanten waren total unterbelichtet. Sie hatten nur Pyramiden mit sieben Kerzen, für die sie die Rolläden gerade so weit hochzogen, dass man die Pyramide sah. Und Punkt neun Uhr gingen die Pyramiden aus, und die Rolläden rasselten herunter. Nur die Bet setzte sich etwas ab, sie hatte zwei Fenster dekoriert. In einem hing der Umriss eines aus dem Leim gegangenen Nikolauses. Im anderen Fenster war etwas zu sehen, das schwierig mit einem Wort zu beschreiben war. Die Beleuchtung sah aus wie das Innere eines Hurrikans, nachdem er über die Beleuchtungskette eines Einkaufszentrums gezogen ist. Vielleicht sollte es auch die Milchstraße darstellen. So viel Innovation hätte ich der Bet eigentlich gar nicht zugetraut. Leider hatte sie sich nie gegen Großmutter durchsetzen können. Sonst wäre nämlich auch das Kreuz am Dach unserer Kirche beleuchtet gewesen.
    Während ich die Weihnachtsbeleuchtung von der Bet bewunderte, fiel mir ein, dass die Rosenkranztanten damals vor zwölf Jahren einmal einen heftigen Streit gehabt hatten.
    Die Bet hatte gesagt: »Lass nicht zweierlei Art unter deinem Vieh paaren und besäe dein Feld nicht mit zweierlei Samen und lege kein Kleid an, das aus zweierlei Faden gewebt ist.«
    Und Großmutter hatte gesagt – ich starrte auf das wilde Geblinke der Weihnachtsbeleuchtung: »Sei ned so g’schnappert.«
    Wie üblich hatte ich nicht verstanden, worum es ging. Jetzt im Nachhinein gab es natürlich jede Menge Interpretationen. Vielleicht hatten sie über den Hund von der Resi gesprochen, der besprang ja wirklich alles, was ihm in den Weg kam. Das war nicht mehr schön und fiel eindeutig unter die Paarung von zweierlei Art unter dem Vieh. Besonders, wenn man mein Bein als Vieh zählte.
    Oder sie hatte meine Mutter gemeint. Die achtete bestimmt nicht darauf, dass ihr Kleid aus zweierlei Faden gewebt war. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es tatsächlich um meine Mutter gegangen war. Und dass ich dem Gedanken nachgehen sollte, vielleicht sogar die Bet fragen. Überhaupt schien es mir plötzlich immer wahrscheinlicher, dass mir die Bet weiterhelfen konnte.
    Schon wieder fuhr ich beim Garten vom Metzger vorbei. Wie von selbst wurde mein Auto langsamer, denn ich fand jedes Mal ein neues nettes Detail.
    Nachdem ich schließlich das dritte Mal langsam die Hauptstraße entlanggetuckert war, bog ich in Richtung Anneliese ab, bevor ich Angst haben musste, dass die Metzgerin aus dem Laden kam und fragte, ob ich mich verfahren hatte.
    Es hatte keinen Zweck. Ich hatte einfach zu viel Angst, beim Troidl unter die Planen zu schauen.
    Ich musste mich auf die Sache mit dem Biss konzentrieren. Und nicht auf uns, denn mit uns konnte das alles nichts zu tun haben. Weder der Wanninger-Mord noch der Pudschek-Tod. Egal, was mein Pudschek-Gefühl mir sagte, solange es nicht richtig zu mir sprach und derart diffus war, hatte ich noch Hoffnung. Vielleicht hatte ich auch nur einen kindlichen Streich begangen. Zum Beispiel . . . Hm. Vielleicht hatte ich ihm einen Kaugummi an die Orgel geklebt. Oder so.
    Aber das mit dem Biss . . . Wenn jemand so verrückt war, mit dem Kreiter’schen Gebiss den Wanninger zu beißen . . . dann kam da fast nur der Hans

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