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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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Kreiter infrage. Der war nun mal nicht ganz normal. Und seit meinem Leichenfund im letzten Sommer wusste ich einiges mehr über den Kreiter Hans als die Polizei. Allerdings wusste das ganze Dorf einiges mehr als die Polizei. Und da wunderte man sich schon, dass die Bet wegen Großmutter zum Schorsch rannte, dagegen aber keiner an den Hans dachte.
    Ob es keiner dachte, wusste ich genau genommen nicht. Aber keiner sagte, was er sich dachte. Ich hörte direkt den Kreiter. Von einem Biss ist noch keiner gestorben, würde er sagen. Und wenn der Hans jemanden biss, dann hatte er schon bestimmt seinen Grund.
    Aber Hans würde nie jemanden umbringen. Dazu war er viel zu gutmütig. So richtig zornig wurde er nur in Extremfällen.
    Hm.
    Das mit der Munitionskiste war eher so ein Hans-Fall. Dass er sich die genommen hatte, davon ausgehend, dass die eh keiner mehr brauchte, klang logisch. Allerdings würde ich dann eher vermuten, dass er die Kiste nutzte, um Gebisse daran zu schweißen und sie in den Kreiter’schen Vorgarten neben den Klostuhl seiner Oma zu stellen. Oder sie zumindest mit alten Blechdosen zu verzieren. Das war vielleicht ein Mordmotiv: Er nimmt die Kiste, verwertet sie als Kunstobjekt, der Wanninger bemerkt das, findet das blasphemisch. Weist Hans zurecht, sagt ihm, dass das sowieso mit Kunst nichts zu tun hat.
    Und der Hans wird zornig.
    Extrem zornig.
    Ich kam mir ganz schlecht vor. Der Hans war so ein herzensgutes Mensch, egal wie viele Gebisse er an Stühle klebte. Ihm einen Mord unterschieben zu wollen, nur damit man selbst nicht mehr verdächtigt wird, war gemein. Außerdem war die Kiste schon ewig weg.
    Ich parkte vor Annelieses Haus. Um mich von meinem Leiden abzulenken, vergab ich zunächst ein paar Weihnachtsbeleuchtungspunkte. Auch wenn sie meine Freundin war, bekam sie nicht die volle Punktzahl. Schließlich hatte sie nur eine farblose Leuchtkette um ein Fenster drapiert und eine Fichte im Garten beleuchtet.
    Ich musste vorsichtig sein. Denn Anneliese sagte nie alles, was sie wusste. Sie wusste extrem viel über unser Dorfleben. Und sie war ein wirklich guter Mensch.
    Anneliese stach gerade ganz präzise Sterne aus, und ich durfte Schaummasse darauf streichen.
    »Das ist für den Sonntag. Da trifft sich die Gemeinde nach der Kirche. Kommst auch?«
    »Weißt du, von wem das Gebiss ist?«, fragte ich ablenkend.
    »Von der Mare«, sagte sie freimütig, »von wem denn sonst?«
    »Und der Hans . . .?«
    Sie stach wortlos ihre Sterne aus und legte sie behutsam auf das Backpapier.
    »Der hat ihn nicht ermordet. Der Hans ermordet gar niemanden.«
    Ja, aber gebissen. Vielleicht hatte er ihn ja gebissen. Hatte daran schon jemand gedacht? Dass der Beißer und der Mörder nicht unbedingt dieselbe Person gewesen sein mussten? Vielleicht hatte erst der Metzger gemordet, danach hatte Großmutter unsere Limoflasche abgestellt, dann hatte der Hans den Wanninger entdeckt, woraufhin er nach Hause gefahren war und das Gebiss geholt hatte . . . hm. Das klang etwas aufwändig.
    »Hatte er denn was gegen den Wanninger?«
    Das hatte ich Großmutter auch gefragt. Die hatte aber wieder einmal total unpassend geantwortet.
    »A geh weiter«, sagte Anneliese lediglich. Als sie aufsah, blitzte etwas in ihren Augen, das ich nicht deuten konnte. »Wer sollte denn was gegen den Wanninger haben.« Sie sah schnell weg. Ha. Da fielen mir doch jede Menge Leute ein. Der Metzger. Die Lehmerin. Der Troidl. Alle Rosenkranztanten. Meine Großmutter.
    »Vielleicht war’s ja der Troidl«, sagte sie zu ihren Zimtsternen. »Schließlich war’s sein Weiher, wo du das Gebiss gefunden hast.«
    Das glaubte ich wiederum nicht. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er das Corpus Delicti in seinen eigenen Weiher warf und danach den Weiher abließ. Das war doch extrem blöd, so was. Andererseits, bei der Unordnung, die er in seinem Haus hatte, konnte es durchaus sein, dass er einfach keine Ahnung mehr hatte, wo er was hingeworfen hatte.
    Großmutter hätte jedenfalls niemals das Gebiss von der Kreiter Mare genommen, um damit den Wanninger zu beißen, das war ihr viel zu kompliziert. Wenn, dann hätte sie ihn selbst gebissen. Mich überlief so eine Art Grusel.
    Es musste jemand gewesen sein, der ihn gerne gebissen hätte, sich aber wahnsinnig davor ekelte. Wie beispielsweise die Lehmerin, die ekelte sich bestimmt davor. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass sie überhaupt auf die Idee kam, vom Kreiter’schen Kunstklostuhl Gebisse zu stehlen, um

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