In Ewigkeit, Amen
die Metzgerin über ihren Mann auszufragen. Aber jetzt rausgehen wäre ungefähr so, als würde ich den Mord am Wanninger gestehen.
»Ich hab ihr immer g’sagt, Kreiterin, denk an deine Seele. Des kannst ned machen, ’s Gebiss von der alten Mare an den Klostuhl. Des is ja . . .«
»Des hat kein Taug ned«, vervollständigte die Bet zufrieden den Satz von der Metzgerin und sah plötzlich sehr, sehr glücklich aus.
Immerhin hatte ich der Bet den Tag gerettet, vielleicht sogar der Metzgerin.
»Wie man auf so eine Idee überhaupt kommt«, erklärte die Bet mit einem inneren Strahlen. »Das Gebiss von der Mare klauen und damit den Organisten in die Hand beißen. Das muss ja jemand gemacht haben, der stocknarrisch ist.«
Alle sahen dabei mich neugierig an, vielleicht weil sie sehen wollten, ob ich über Nacht stocknarrisch geworden war. Ich senkte erschrocken den Blick auf den Bierschinken. Das Gebiss? Jemand, der vollkommen verrückt war? Jemand, der seine Tabletten nicht mehr nahm? Meine Großmutter? Der Hans?
Es war wie ein Geistesblitz. Er war geplant gewesen. Der Mord. Das war nicht im Affekt passiert, mal eben den Wanninger gebissen. Großmutter hätte das im Affekt gemacht. Sie wäre zur Orgel hinaufgegangen und hätte ihn mit der Limoflasche erschlagen. Aber erst ein Messer holen, dann das Kreiter’sche Klostuhlgebiss und danach den Wanninger niederstechen? So eine komplizierte Mordplanung war Großmutter auf jeden Fall nicht zuzutrauen.
»Des is doch bestimmt ein Ritualmord«, sagte die Bet und sah mich mit stechendem Blick an, als wäre ich die typische Ritualmörderin. Das erinnerte mich ein bisschen an den Loisl, der mich genauso angesehen hatte. »Solange der Mörder unter uns ist, können wir uns nicht sicher fühlen«, erklärte sie mit erhobenem Zeigefinger und sehr hochdeutsch. »Und wenn ich mir vorstelle, einer von uns . . . ein Mörder. Ich trau’ mich in der Nacht gar nicht mehr auf die Straß.«
»Na ja«, schränkte die Langsdorferin mit gerunzelter Stirn ein. »Nachts gehst du doch eh nicht auf die Straß.«
Und welcher Ritualmörder Interesse an der Bet haben sollte, war mir auch nicht klar.
»Und, wissen s’ schon, ob’s des richtige Gebiss war?«, bohrte die Metzgerin nach.
»Welches Gebiss sollte es denn sonst sein?«, bestimmte die Langsdorferin. »Als wenn bei uns im Dorf noch mehr Gebisse draußen rumliegen würden.«
Ich hatte Max bei allen Heiligen, Erzengeln und Jungfrauen der christlichen Geschichte geschworen, nichts durchsickern zu lassen. Mir war zwar nicht ganz klar, wieso keiner wissen durfte, dass es der Kreiterin ihr Gebiss war, mit dem der Wanninger gebissen worden war. Es wusste sowieso schon jeder. Genauso wie jeder wusste, wie unsere Weihwasserflasche aussah oder die Metzgerschürzen. Außerdem fand ich es schlimmer, dass ich durch die Langsdorferin mehr Details über den Pathologiebericht erfahren hatte als von Max. Aber versprochen war versprochen.
Ich zuckte also mit den Schultern. »So was dauert«, erklärte ich vage.
Die Frauen nickten zustimmend. »Die Beamten halt«, sagte die Metzgerin mit Genugtuung.
Noch immer schwebten und surrten unausgesprochene Fragen im Raum. Vielleicht wartete aber auch jede nur darauf, dass ich endlich meine Bestellung aufgab. Die eigentlich interessanten Fragen stellten die drei natürlich nicht. Wer unter uns so verrückt war, einen toten Mann mit einem Gebiss einer toten Frau zu beißen. Wieso sagte jetzt nicht jemand, der Hans, der ist doch nicht ganz normal. Beispielsweise. Oder, wer könnte noch so narrisch sein wie der Hans.
»Seit wann ist denn das Gebiss weg?«, fragte ich schließlich doch noch.
»Da schaut doch keiner mehr hin«, antwortete die Bet zufrieden. »Ob da noch des Gebiss dran ist, oder ned. Des is jedem wurscht.«
Leider. Die Befürchtung hatte ich auch, dass das keinen so richtig interessierte.
»Und der Janker«, sagte die Rosl mit der gleichen Zufriedenheit, »den Janker vom Pudschek? Den ham s’ doch auch bei euch g’funden.«
Es trat wieder diese surrende Stille ein. Als würde gleich ein Schwarm Hornissen über mich herfallen. Woher wusste die das schon wieder? Das wusste doch nicht einmal die Polizei.
»Keine Ahnung«, sagte ich, und Schweiß trat mir auf die Stirn. »Keine Ahnung. Von wem der wieder ist.«
»Und akk’rat im Kistl vom Pudschek«, fügte die Bet hinzu.
»Blutbesudelt«, nickte die Metzgerin, als hätte sie es gesehen.
»Mei«, sagte die Rosl und vergaß sogar ein
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