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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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uns denken.
    Was wohl. Dass wir in unserem Gartenhäusl all unser Hab und Gut an rostigen Nägeln aufhängten. Dass wir alles aufhoben, was man zu nichts mehr brauchen konnte. Zu was war zum Beispiel die Zahnbürste mit den schwarz verschmierten Borsten gut? Jetzt war sie bestimmt auf dem Weg in irgendein Speziallabor und wurde auf DNS untersucht. Der Gedanke daran machte mich irgendwie wütend. Was für eine Verschwendung von Steuergeldern! Als würde irgendjemand auf so einem ekelhaften Teil freiwillig DNS-Spuren hinterlassen.
    Und wieso hoben wir verschimmelte Zwiebeln in abgewetzten Stoffbeuteln auf? Während ich ins Haus ging, beschloss ich, sofort Schmutzwäsche in die Waschmaschine zu stopfen, unsere Badezimmertür zu versperren und den Schlüssel irgendwo zu verstecken, wo keiner ihn suchen würde. Notfalls das Klo hinunterspülen.
    Es war ja nicht so, dass ich nie das Bad putzte. Aber in letzter Zeit hatte ich andere Dinge zu tun gehabt. Und Badputzen war nicht unbedingt auf der Prioritätenliste ganz oben gestanden.
    Brauchte man nicht eigentlich einen Durchsuchungsbefehl für eine Hausdurchsuchung? Ich versuchte, mich an Krimis zu erinnern, aber dank meiner Großmutter war mein Fernsehwissen minimal. Da sah man wieder, wie sich das rächte.
    Jetzt, wo ich daran dachte, dass andere Leute unsere Wohnung durchsuchen könnten, sah ich alles mit ganz anderen Augen. Wie kam es nur, dass so viele Sachen herumstanden? Wieso hatte nicht schon längst jemand den Stapel Zeitschriften neben der Eckbank weggeworfen? Die waren total veraltet. Und der Wasserbecher, der auf dem Fensterbrett stand, war da schon ewig. Was tat der hier eigentlich? Man könnte ihn auch abspülen. War es ein Zeichen einer psychischen Störung, dass man Dinge, die eine Weile herumstanden, gar nicht mehr wahrnahm? Ich sah Blomberg schon durch unsere Wohnung gehen und dabei wortlos alles in sich aufnehmen. Die schäbigen Möbel, die gemäßigte Unordnung, die blitzblanke Edelstahlspüle, tausendmal gewienert von meiner Großmutter. Täglich. Der Strahlenapparat. Ich packte den Becher und stellte ihn in unsere Spüle. Wahrscheinlich würden die Ermittlungen dazu führen, dass ich in kürzester Zeit ein Kamerateam mit einer properen Blondine im Haus hatte, die sich freiwillig anbot, mein Haus neu einzurichten, wenn ich mich nur filmen lassen würde.
    Direkt neben dem Wasserglas stand ein alter Plastikbecher mit Ersatzknöpfen. Als wenn wir kein Nähkästchen hätten, dachte ich empört. Und überhaupt, wer nähte bei uns Knöpfe an? Kein Mensch.
    Ich starrte eine Weile in den Becher.
    Die Knöpfe.
    Ich versuchte, das Erkennen der Knöpfe zu ignorieren, und starrte nur hinein.
    Das muss eine Frau geflickt haben, fielen mir Großmutters Worte wieder ein. Ein Mann kann das doch nicht.
    Hinter mir ging die Tür auf. Ich öffnete die Schublade vor mir und schüttete die Knöpfe hinein. Schweißgebadet lehnte ich mich dagegen, hörte noch immer das Prasseln der Knöpfe in unserer Schublade.
    »Letzte Nacht. Wo waren Sie da«, sagte Blomberg hinter mir, aber der Satz war nicht als Frage formuliert.
    Letzte Nacht? Ich dachte nur an Knöpfe. Knöpfe, die aussahen, als wären sie an den Janker vom Pudschek genäht worden. Aber das konnte nicht sein. Oder stand das Glas mit den Knöpfen schon seit zwölf Jahren bei uns in der Küche? Ich konnte mich einfach nicht mehr erinnern, ob ich das Glas schon jemals gesehen hatte. Ob es zum Inventar geworden war, hier vielleicht schon 24 Jahre stand. Oder doch erst seit gestern? Seit Großmutter etwas genäht hatte. Den Pudschek-Janker? Vielleicht war sie der Meinung gewesen, der Pudschek wäre der verkappte Papst Luiciano?
    Blomberg sah mich ziemlich komisch an, als ich nicht antwortete. Nicht an Knöpfe denken, dachte ich, das hat alles nichts mit uns zu tun. Das sind ganz normale Knöpfe, die jeder kaufen kann.
    »Daheim«, antwortete ich schließlich. Blomberg und ich terrorisierten uns gegenseitig mit fiesem Schweigen.
    Mich selbst terrorisierte ich mit fiesen Gedanken. In Momenten, in denen das Leben einem wirklich übel mitspielt, dauert es oft eine ganze Weile, bis man das merkt. Ich hatte mir reichlich wenig gedacht, als ich die Munitionskiste gesehen hatte. Als hätte ich einen schweren Unfall gehabt und dann nicht daran gedacht, dass ich vielleicht sterben oder für immer an einen Rollstuhl gefesselt sein könnte. Als hätte ich mir in der Situation Stattdessen gedacht, aber ich wollte doch noch zur Drogerie

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