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In Gedanken bei dir (German Edition)

In Gedanken bei dir (German Edition)

Titel: In Gedanken bei dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein , Lara Myles
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unberechenbar. Denn schon bei
leichtem Wind drifteten die Stämme von einem Ufer zum anderen und blockierten
dann für Tage oder Wochen einen anderen Teil des Sees. Dicht an dicht lagen die
Stämme im Wasser, sodass das Auftauchen dazwischen gefährlich war.
    »Da
drüben, siehst du?« Alex berührte sie an der Schulter und deutete mit
ausgestrecktem Arm über den blau schimmernden See hinweg auf die
gegenüberliegenden Höhenzüge, deren kahle Geröllhänge in der Nachmittagssonne
leuchteten.
    Ja,
tatsächlich, auf dem Bergkamm gegenüber blitzte irgendwas im Gegenlicht auf.
    »Windy
Ridge, ein beliebter Aussichtspunkt für Touristen. Die Straße dorthin wird in
den nächsten Tagen gesperrt, weil sie an vielen Stellen wegbricht. Der Berg
bewegt sich. Da oben auf dem Gipfel hast du einen tollen Blick auf den Spirit
Lake und den Mount St Helens.«
    »Kann
ich mir vorstellen.« Cassie setzte sich auf den Baumstamm, um den Schnürsenkel
ihrer Wanderstiefel zu öffnen, und betrachtete den Vulkan und die
Bimssteinebene. Die atemberaubende Landschaft erweckte den Anschein, als wären
die Felsen, der Sand und die Asche aus dem geborstenen Krater herausgeflossen.
Als hätte der Vulkan aus allem die Farbe gesogen, den Duft, den Schwung, die
Stimmung, ja das Gefühl von Lebendigkeit. Graue Asche wehte über die zerfurchte
Bimssteinebene und warf einen diffusen Schleier über das Sonnenlicht.
    Da
war der Pfad, über den sie in den letzten beiden Stunden vom Johnston Ridge
Observatory abgestiegen waren. Das wuchtige Gebäude, in den Berg hineingebaut,
war von hier aus nicht zu sehen. Auf der Aussichtsplattform mit Blick auf den
offenen Vulkankrater hatte Cassie vorhin Jolie angerufen, während Alex das
defekte GPS-Modul ins Visitor Center brachte. Inmitten der faszinierten Menge,
die einen Forest Interpreter umringte, um seinem Vortrag über den
Vulkanausbruch zu lauschen, hockte sie sich auf den Haufen ihrer
Tauchausrüstungen und redete mit ihrer Kleinen.
    Ihr
Anruf hatte Jolie geweckt. Sie klang verschlafen und ein bisschen verschnupft,
als hätte sie geweint. Ja klar, Nick wäre auch da, erzählte Jolie. Er hätte
vorher mit Karen geredet, und jetzt wäre er draußen auf dem Gang, um zu
telefonieren. »Wegen seinem Haus, weißt du.«
    Hatte
die Maklerin ihm ein Angebot unterbreitet?, fragte Cassie sich. Nick wollte
sein Haus in Oakland verkaufen, um die Kosten für die Transplantation
aufzubringen. Cassies Augen brannten, als plötzlich die heißen Tränen
hineinschossen. Coop war gestorben – sie hatten keinen Spender für Jolie. Würde
Nick sein Haus trotzdem verkaufen und zu Cassie und Jolie aufs Hausboot ziehen?
    »Hast
du Daddy schon gefunden?«, wollte Jolie wissen.
    »Er
zeigt mir hier alles, und es ist wirklich toll hier. Warte, ich schicke dir ein
paar Fotos und Videos. Er ist auch darauf zu sehen.« In diesem Augenblick kam
Alex aus dem Visitor Center auf sie zu, und sie beendete rasch das Gespräch.
»Jolie, ich muss los. Ich melde mich heute Abend wieder bei dir, okay?«
    »Okay.
Gibst du Daddy einen Kuss von mir?«
    »Mach
ich. Bye, Sweetie.«
    »Bye,
Mommy.«
    Bevor
Cassie das Smartphone wieder ausschaltete, weil sie am Spirit Lake sowieso
keinen Empfang hatte, checkte sie noch rasch die eingegangenen Anrufe. Karen
und Nick hatten Nachrichten hinterlassen, schon vor Stunden. Seitdem waren
unzählige Anrufe, Textnachrichten und Videobotschaften eingegangen. Vermutlich
hatten ihre Freunde auf der ganzen Welt aus dem Fernsehinterview auf CBS San
Francisco gestern Abend erfahren, dass Jolie sterben würde. War der Beitrag
mittlerweile vielleicht schon bei Youtube zu sehen? Wollte Nick deshalb mit ihr
reden? Na klar, wieso hätten sonst so viele ihrer Freunde bei ihr anrufen sollen?
Nein, sie konnte sich ihrem Beileid jetzt nicht stellen, ihrem »Wie geht’s dir,
Cassie?«, ihrem »Wenn ich irgendwas tun kann, Liebes ...« Nein, nein, nein, sie
schaltete ihr Handy aus und steckte es ein, während Alex sich bereits die
schwere Tauchflasche auf den Rücken wuchtete.
    Cassie
zog die Wanderstiefel aus und stellte sie vor den Baumstamm, auf dem sie saß.
Dann zerrte sie die Tauchtasche zu sich heran, warf Alex die Badehose zu und
legte ihren Bikini neben sich.
    Alex
entfaltete die Badehose. »Wem gehört die denn?«
    Hey,
war das gerade Eifersucht in seiner Stimme? Cassie zuckte lässig mit den
Schultern. »Nick.«
    »Wer
ist Nick?«
    »Dr
Nicholas Talcott. Mein
Boss bei der UNESCO.«
    Alex
hob die

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