Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
Vom Netzwerk:
Weihnachtskarten, Ausverkaufskataloge, Bestellformulare für Wollunterwäsche, einige verschrumpelte Trauben und eine Unmenge Rechnungen erblickte. Durch den Schlitz unten, wo die Scharniere waren, quollen Briefe, sicher Mahnungen. Wendy knallte ihn zu, damit wir vorbeikonnten, und die Sealyhams sprangen an mir hoch. Wir erreichten einen alten Perserteppich, der von einem feinen Gespinst Hundehaare und ein paar Fetzen zerzausten Schaumgummis bedeckt war. Ich vermutete Rattenteile oder Kaninchenbeine unter den Kissen. Es war sehr anheimelnd.
    Bunty trieb das Rudel hinaus, und ich hörte, wie Wendy irgendwo hinten im Flur nach Robby rief. Ich setzte Lulu ab und beobachtete, wie sie das Zimmer genußvoll abschnüffelte wie ein Kind, das die Attraktionen eines Süßigkeitsladens erkundet. «Eine Klassehündin, sage ich», meinte Bunty. Lulu wälzte sich hingebungsvoll auf etwas nicht ganz Appetitlichem herum, wobei sie viel Mühe und Entschlossenheit aufwandte. Dann stellte sie sich wieder auf alle viere und schüttelte sich. Der wunderschöne Brautpelz sah nicht mehr ganz so rein aus.
    «Sie erinnert mich an Montezuma Mary Magdalene von Tessa Truelove. Ich wette, sie hat Montezumablut. Aber ich nehme an, Mary war nicht ihre Mutter, stimmt’s?»
    Mir schwindelte ob der Ehre. Aber ich sagte, nein, ich sei ziemlich sicher, daß sie es nicht sei. Ich hatte angefangen, einen Juckreiz zu spüren. Niemand gibt einen Floh in der eigenen guten Stube zu, aber bei anderen vermuten wir ihn alle. Ich hatte den kostbaren Stammbaum in der Hand und reichte ihn Bunty zur Genehmigung hin.
    «Au weia!» sagte sie andächtig und «Donnerwetter!», aber dann wertete sie es ein bißchen mit einem leisen Stöhnen ab, während sie die erlauchten Vorfahren zurückverfolgte. «Nicht Brambleseed von Brackenbury! Ich dachte... Muß mich wohl geirrt haben. Oh, verdammt, die arme kleine Awayday Doris! Diese Frau gehört lebenslänglich eingesperrt. Ich sehe, sie hat ein bißchen Bachelor’s Buttons...» Ich warf einen besorgten Blick auf Lulu, aber sie flirtete gerade heftig mit einem Stuhlbein, wohl um in Stimmung zu kommen, nahm ich an.
    In diesem Augenblick kam Wendy mit dem Bräutigam auf dem Arm zurück. Er war bis zu den Ohren mit Schlamm bedeckt und hatte einen Knochen im Maul.
    «Er hat ihn gerade ausgegraben und will ihn nicht hergeben», entschuldigte Wendy sich atemlos und ließ ihn neben Lulu zu Boden plumpsen. Ich hoffte, der Knochen sei nicht das Überbleibsel einer früheren Vereinigung, denn Robby sah ziemlich groß und wild aus, doch als Geschenk für seine neue Angebetete hätte es des Knochens nicht mehr bedurft. Lulu war mit dem Eifer eines Straßenmädchens aus Soho in Aktion getreten und benutzte von den Augen bis zum Schwanz jeden einzelnen Teil ihrer Anatomie, um den Freier an Land zu ziehen. Robby ignorierte das Publikum vollständig und fing an, die Möglichkeiten zu erkunden. Ich blickte schamhaft zur Seite, aber Wendy und Bunty sahen wie gebannt zu und plauderten höflich weiter.
    «Bei ihr das erste Mal, nicht wahr?» fragte Wendy höflich. Dann, zu dem Zwilling: «Sorg dafür, daß sie gut steht, Bun. Nimm ihm den Knochen weg. Ich werd sie festhalten müssen. Ruhig, ruhig. Sie zappelt zuviel, und so wird er es nicht schaffen. Das ist schon besser. Sehr gut. Wunderbar.»
    «Ja, es ist das erste Mal bei ihr», stammelte ich und versuchte krampfhaft, lässig zu erscheinen, kam mir aber vor wie eine Mutter, die ihre jungfräuliche Tochter an den einzigen Bewerber verschachert. «Sie ist erst knapp zwei.» Es klang furchtbar.
    «Wie stellt sie sich aus?»
    «Wie bitte?» Was meinte sie nur?
    «Sie haben sie doch bei der letzten Sealyham-Ausstellung gezeigt, oder? Ist sie nicht Landesjugendsiegerin geworden?»
    «Das ist Mrs. Smelt, Wen. Sie kommt heute nachmittag.» Wie konnten sie nur täglich diese Intimitäten mitmachen, und all das für Geld. Mir wurde schwach in den Beinen. Aber wir sahen alle mehr oder weniger verstohlen zu und machten Konversation wie bei einer Teegesellschaft im Pfarrhaus. Warum konnten wir uns nicht taktvoll zurückziehen und sie allein lassen? Ich sagte schüchtern: «Wäre es nicht besser, wenn sie ungestört wären?» Robby wurde nämlich sehr vulgär, und Lulu sah ein bißchen verlegen drein. Vielleicht würde es ihr mehr Spaß machen, wenn wir nicht dabei waren.
    Die Zwillinge sahen mich verblüfft an. Ihre Mienen besagten: «Was? Den besten Teil der Vorstellung verpassen? Sie müssen den

Weitere Kostenlose Bücher