In Gottes Namen
den Observationsraum betrat, seufzte er und lockerte seinen Nacken. »Der Kerl ist nicht dumm«, sagte er zu Riley. »Er weiß genau, was er zugeben darf und wo er sich rausreden kann. Der Typ hat tagsüber keine Verpflichtungen und arbeitet nachts allein in einer Firma.«
Riley schaute sich im Raum um. »Irgendwelche Vorschläge?«
Es hagelte Ideen vonseiten der Staatsanwälte und Detectives, denn jeder wollte bei diesem Fall mitreden. Hart in die Mangel nehmen. Ihm die Verbrechen auf den Kopf zusagen. Tun, als wäre er gar nicht verdächtig, sondern ein Zeuge. Ihn um Mithilfe bitten. Jeder der Vorschläge konnte möglicherweise zu einer Lösung führen.
Doch Riley musste ständig daran denken, dass der Kerl bereits seit zwei Stunden auf dem Revier hockte und noch kein einziges Mal gefragt hatte, warum er eigentlich hier war. Vieles in diesem Job lief letzten Endes auf reines Bauchgefühl hinaus.
Riley musterte die Wand mit den Fotografien der sechs Opfer. Von jedem der Mädchen gab es über ein Dutzend Aufnahmen, aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln und Entfernungen. »Holt mir eine neue Mappe«, sagte er zu niemand Bestimmtem. In der Zwischenzeit wählte er von jedem Opfer ein Foto aus und reduzierte so die Zahl von über sechzig auf sechs. Diese sechs Aufnahmen schob er in die neue Mappe. Er studierte sie einen Moment und entfernte dann das Foto des ersten Opfers, Ellie Danzinger.
Blieben fünf Aufnahmen, von den Opfern zwei bis sechs.
Riley hatte einen weiteren Einfall und arrangierte die Fotos der Leichen in einer anderen Reihenfolge, als sie auf dem Kellerboden gelegen hatten.
»Zeigen Sie ihm die Aufnahmen, während er isst«, wies er Joel an.
»In Ordnung.«
»Aber notieren Sie vorher, wie die Bilder jetzt angeordnet sind«, ergänzte Paul. Lightner nickte, und die Übrigen im Raum schauten ihm zu, als er die Reihenfolge auf einen Notizblock kritzelte. Plötzlich stutzte er.
»Sie sind falsch angeordnet.« Er blickte Riley aus schmalen Augen an. »Und wir lassen Ellie raus.«
»Genau.«
»Gefällt mir.« Joel ging kurz zur Toilette, während Riley und die anderen Terry Burgos beim Verspeisen seiner Tacos beobachteten. Burgos ging dabei mit großer Sorgfalt vor, fügte jeweils einen kleinen Spritzer Chilisoße hinzu und löffelte zu jedem Bissen eine mundgerechte Portion Guacamole.
Joel kam mit der Mappe ins Verhörzimmer und platzierte sie so vor Burgos, dass dieser die Fotos im Blick hatte. Doch der Verdächtige aß ungerührt weiter. Also erhob sich Joel wieder und schlenderte um den Tisch herum auf Burgos’ Seite. »Was halten Sie von den Bildern, Terry?«
Burgos schob sein Essen und seine frische, Kondensperlen schwitzende Coke beiseite. Er wischte sich die Hände an der Serviette ab, fächerte die fünf Fotos vor sich auf und unterzog sie einer genaueren Begutachtung. In seinem Gesicht spiegelte sich weder Abscheu noch Wiedererkennen. Als ob er mit der Szene vertraut wäre, schoss es Riley durch den Kopf. Burgos musterte jedes Bild ausgiebig und wischte sich dann erneut die Hände an der Serviette ab, bevor er mit den Fingern langsam über die toten Frauen auf den Hochglanzvergrößerungen fuhr. Er murmelte irgendwas Unverständliches. Dann reckte er, noch immer leise murmelnd, einen Finger und tippte einmal leicht auf jedes Foto. Joel Lightner ließ den Verdächtigen nicht aus den Augen, sprach ihn aber nicht an. Noch war nicht der richtige Zeitpunkt.
Burgos nahm jetzt die Fotos und begann sie neu zu sortieren.
Rileys Herz pochte. Er konnten nicht erkennen, in welcher Reihenfolge Burgos die toten Mädchen arrangiert hatte, wusste aber instinktiv, dass sie nun der Anordnung auf dem Kellerboden des Bramhall Auditorium entsprach.
Burgos warf einen neugierigen Blick auf Joel, dann sah er wieder hinab auf die Fotos. Er hob die Mappe an und schaute darunter nach. Dann bog er die Ecken jedes einzelnen Abzugs um, als prüfte er, ob ein weiterer darunterklebte.
»Jetzt wird’s spannend«, flüsterte Riley.
Der Chief sagte: »Was macht er …«, aber Riley legte ihm rasch die flache Hand auf die Schulter und bewegte sich sacht in Richtung Spiegel.
Terry Burgos spähte zu Joel empor. »Wo ist die Erste?«, fragte er. »Wo ist Ellie?«
4. Kapitel
14.20 Uhr
Zwei der Detectives im Raum klopften sich gegenseitig auf die Schultern. Der Chief klatschte erleichtert in die Hände. Riley hatte über die Jahre hinweg an zahllosen Vernehmungen teilgenommen und diesen Augenblick in vielen
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