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In ihrem Blut: Thriller (German Edition)

In ihrem Blut: Thriller (German Edition)

Titel: In ihrem Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Hauxwell
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waren.
    In diesem Chaos aus einem zweitklassigen Crash, faulen Krediten und kriminellen Wettabschlüssen hatte Fernley-Price sein Kapital, das nicht einmal seins war, verschwinden sehen. Mit ihm verschwand auch sein Selbstwertgefühl.
    Er war ein beeindruckendes, strahlendes Produkt von Privilegien. Seine dichten, flachsblonden Haare waren zurückgekämmt, lässig gestylt und betonten die edle Stirn und die klaren blauen Augen. Seine Hände konnte man nur als Pranken bezeichnen, aber sie waren manikürt. Seine Anzüge und Hemden waren maßgeschneidert.
    Sein Vater war ein Geschäftsmann in der City gewesen, ein Börsenmakler, der sich aber zur Ruhe gesetzt hatte, als der Unterschied zwischen Maklern und Spekulanten abgeschafft wurde und Computersysteme die Urteilskraft von Menschen zu ersetzen begannen. Das war Mrs. Thatchers Big Bang . Die eiserne Lady war eine Klassenkämpferin mit einer sehr klobigen Handtasche gewesen.
    Fernley-Price kippte den Müslirest in den Ausguss, drehte den Hahn auf und schaltete den Abfallzerkleinerer ein. Einem kreischenden Geräusch folgte das Knirschen von Metall auf Metall, dann das Aufheulen eines sich festfressenden Motors. Er hatte den beschissenen Löffel in dem beschissenen Schälchen gelassen. Wütend schmetterte er das Schälchen auf die Arbeitsfläche aus Granit, und das durchscheinende Porzellan zersprang in tausend Scherben. Dünne Porzellannadeln bohrten sich in seine Handfläche. Blut quoll rund um die Splitter hervor, ein Tattoo exquisiter Höllenqualen.
    Das brachte das gottverdammte Fass zum Überlaufen. Er drehte durch.
    Er klemmte zwischen den Knien seines Heimleiters, der ihn so am Sich-Herauswinden hinderte, während die Hausmutter ihm mit einer heißen Nadel die schwarzen Splitter aus den Fingern pulte. Er brüllte.
    Sei ein Mann, befahl der Heimleiter.
    Fernley-Price ballte seine blutende Hand zur Faust und schlug auf den Granit.
    Wut erstickte die Verzweiflung.
    Zwanzig Minuten später stand er in seiner deutschen Massagedusche unter einem teuren Gemisch aus Wasser, Luft und Licht und versuchte sich zu erklären, wie es so weit hatte kommen können. Das Problem war, dass die Leute weniger zuverlässig waren als ein gut gebautes Finanzinstrument. Seine Kollegen rund um die Welt würden zweifellos diese Einschätzung teilen.
    Er erinnerte sich an die erste Begegnung mit dem Silent Woman . Ein langweiliger Pub am Rand der Canary Wharf und der Poplar, seines Namens würdig. Der Wirt garantierte, dass die Überwachungskameras an beiden Enden der Straße immer kaputt waren. Trotzdem gab es nie irgendwelche Graffiti. Die örtlichen Hoodies waren gewarnt.
    Fernley-Price war hineingeschlendert, hatte sich an den Tresen gelehnt und wollte gerade einen Gin bestellen, als ihm klar wurde, dass in dieser Umgebung ein Gin Tonic nicht angesagt war.
    »Ein Pint London Pride«, hatte er ganz kumpelig gesagt.
    »Sofort, Sir«, hatte der Barmann gespielt unterwürfig erwidert. Der spöttische Unterton war nicht zu überhören gewesen. Fernley-Price verspürte wieder diesen Nadelstich der Demütigung.
    Eins geschissen.
    Früher hätte er die heruntergekommene Kneipe gekauft und wieder verhökert. Damals hatte er beschlossen, falls das neue Unternehmen florierte – und es sah ganz danach aus –, das verdammte Silent Woman dichtzumachen und als einen Nobelpub neu zu eröffnen. Rache. Darin hatte er einige Erfahrung.
    Er trat aus der Dusche, nahm sich ein Handtuch vom Stapel, der so viel gekostet hatte wie ein Spanienurlaub, und dachte darüber nach, dass man ihn immer schlecht behandelt hatte. Obwohl er doch noch gewinnen konnte, wenn er seine Trümpfe richtig ausspielte. Aber momentan hatte er keine frischen Hemden mehr, und die Wohnung verkam immer mehr zu einem Saustall. Einem sehr teuren Saustall.
    Er sah durchs Fenster hinunter zum Fluss. Von der Wohnung überblickte man die Werft, von der es hieß, sie sei der Vollstrecker-Kai gewesen. Er fragte sich kurz, ob er sich irgendwo falsch entschieden hatte, dann beschloss er, diesen Gedanken hinter sich zu lassen und schnell vom Frühstück zum Lunch überzugehen.
    Er würde über alles bei einem Drink im Prospect of Whitby nachdenken, wo es einen Galgen gab. Das passte zu seiner Stimmung. Er würde sich zusammenreißen, ein einigermaßen sauberes Hemd suchen und aus der Wohnung gehen. Es gab keinen Grund, hier herumzuhängen. Er brüstete sich damit, ein Mann der Tat zu sein.
    15
    Berlin verließ das Pellicci’s, ohne weitere

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