In kalter Absicht
würde sich alles finden. Er war jung und stark und arbeitsam. Außerdem hatte er im Gefängnis doch einiges gelernt.
Die Frau hieß Eva und war dreiundzwanzig Jahre alt. Als er um fünf vor elf aus Rücksicht auf ihre Zimmerwirtin gehen mußte, kam Eva mit ihm. Sie gingen noch stundenlang durch die Straßen, Seite an Seite. Aksel spürte ihre Haut, wenn er vorsichtig ihr Kleid berührte, ihre Körperwärme durchdrang die graue Wolljacke, die er schließlich auszog und ihr um die Schultern legte. Sie hörte ihm mit ernster Miene zu. Sie glaubte an ihn und umarmte ihn kurz, ehe sie in ihrem Torweg verschwand. Mitten im Torweg blieb sie stehen und lachte laut, sie hatte vergessen ihm die Jacke zurückzugeben. Danach waren sie zusammen. Aksel fand keine Arbeit. Vier Monate später ging ihm endlich auf, daß die Wahrheit ihn nicht weiterbringen würde, und er dichtete sich eine Vergangenheit in Schweden zusammen. Er habe zehn Jahre in einer Tischlerei in Tärnby gearbeitet, log er, und endlich fand er eine Anstellung als Hilfsfahrer bei einem Fuhrunternehmen. Es ging drei Monate gut. Dann wurde er von jemandem im Lager erkannt. Er wurde noch am selben Tag entlassen, doch Eva hielt weiterhin zu ihm.
Die Katze sprang von seinem Schoß, und er beschloß, Harwichport zu verlassen.
Er wollte nicht weit weg fahren. Nur einen Abstecher nach Norden, nach Maine. Für einige Tage. Diese Norwegerin würde sicher bald aufgeben. Sie hatte hier doch eigentlich nichts zu suchen. Obwohl sie sich hier auszukennen schien, war sie Norwegerin. Sie konnte nach Norwegen zurückkehren. Wenn sie sein Verschwinden entdeckte, würde sie sicher aufgeben. Er war nicht wichtig. Aksel wollte nach Old Orchard Beach, wo Patrick ein Karussell betrieb und damit im Sommer gut verdiente. Patrick und Aksel hatten sich in Boston angefreundet, während Aksels erster Zeit in den USA , als er in einer italienischen Kneipe im North End als Tellerwäscher gearbeitet hatte. Patrick besorgte seinem Kumpel eine Heuer auf einem Fischkutter aus Gloucester. Nach zwei guten Jahren fühlten sie sich reich. Patrick nahm ein Darlehen auf und kaufte das Karussell, von dem er schon immer geträumt hatte. Bei Aksel reichte es gerade für das Haus in Harwichport, ehe die Preise in die Höhe schossen und es für einfache Leute unmöglich wurde, sich auf Cape Cod am Meer eine Bleibe zuzulegen. Die alten Freunde trafen sich nur noch selten und sagten nicht viel, wenn es doch einmal vorkam. Aber Aksel würde bei Patrick immer willkommen sein. Das stand fest.
Die Katze jammerte verzweifelt. Ihre Klappe war verriegelt. Aksel machte die Tür zum Garten einen Spalt breit auf, dann zog er aus dem Schrank im Schlafzimmer einen Koffer hervor.
In der Kommode lagen vier saubere Unterhosen. Er faltete sie ordentlich zusammen und legte sie unten in den Koffer. Vier Paar Strümpfe. Zwei Hemden. Den blauen Pullover. Zwei Unterhemden. Mehr brauchte er nicht. Die Kleidungsstücke wirkten armselig und verloren in dem Koffer, der noch nicht einmal halb voll war. Aksel spannte die Riemen über den obersten Pullover. Er klappte den Deckel zu, doch dann fiel ihm etwas ein. Er wollte die Briefe mitnehmen. Er hatte das noch nie gemacht, auf seinen seltenen kurzen Ausflügen nach Boston oder Maine. Die Briefe lagen dort, wo sie immer schon gelegen hatten, auf dem Schachbrett, das nie benutzt wurde, weil er nie Besuch bekam, aufeinandergestapelt, mit einem Bindfaden zusammengehalten. Diesmal hielt er es für besser, sie mitzunehmen.
Wieder klappte er den Koffer zu.
Mit drei Dosen Katzenfutter in einer Tüte und dem Koffer in der Hand ging er hinaus und schloß die Tür ab. Mrs. Davis war um diese Zeit immer da. Sowie er sich dem Auto näherte, schaute sie aus der Küchentür und rief munter, es sei ein schöner Tag. Aksel schaute auf. Es konnte ein schöner Tag werden; da hatte Mrs. Davis schon recht. Die Möwen ließen Muscheln vom Himmel fallen und jagten dann zum Strand, um zu fressen. Zwei Boote glitten aus Allen Harbor hinaus. Die Sonne stand schon hoch über dem Horizont. Mrs. Davis in ihrem unvermeidlichen rosa Pullover lief über den Rasen und nahm die Tüte mit dem Katzenfutter entgegen. Es reiche nicht, erklärte er, er werde eine Weile ausbleiben. Sie solle einfach Buch über den Verbrauch führen. Er werde gleich nach seiner Rückkehr bezahlen. Wann? Das wisse er wirklich noch nicht. Müsse jemanden besuchen. Im Süden. New Jersey, murmelte er und spuckte aus. Es könne seine
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