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In kalter Absicht

In kalter Absicht

Titel: In kalter Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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nicht um dich, also hau ab! Dann seufzte er resigniert und schneuzte sich in die Finger. Das Schlimmste, was passieren konnte, war, daß er seinen Job verlor. Und er könnte sich einen Höllenärger mit dem Finanzamt einhandeln. Schlimmstenfalls. Aber beweisen konnten sie nichts.
    »Die können verdammt noch mal nichts beweisen«, murmelte er, als er freundlich von einer Polizistin zur Grünen Minna geleitet wurde. »Oder jedenfalls nicht mehr als das hier.«
    Als das Paket drei Stunden später geöffnet wurde, lag es auf einem Tisch. An diesem Tisch standen ein Pathologe mit Bocksbart, Hauptkommissar Yngvar Stubø, Kriminalkommissar Sigmund Berli und zwei Kollegen von der Technik. Das Paket enthielt keine Bombe. Soviel stand fest. Es maß 134   x   30   x   45   Zentimeter und wog einunddreißig Kilo. Vorläufig schien es nur die Fingerabdrücke einer einzigen Person aufzuweisen. Und die stammten vermutlich vom Fahrer des Frachttaxis. Auf jeden Fall hatte er das Paket ohne Handschuhe berührt. Genaueres würden sie erst in zwei Tagen wissen, aber bis auf weiteres hatten sie Grund zu der Annahme, daß das Paket nahezu klinisch sauber gewesen war, als der Fahrer es abgeholt hatte. Der eine Techniker schnitt die Verpackung auf, einen langen geraden Schnitt von oben bis unten an der einen Längsseite, wie bei einer Obduktion. Der Pathologe machte ein vollständig ausdrucksloses Gesicht. Vorsichtig hob der Techniker den Deckel an. Zwei Styroporkugeln fielen zu Boden. Er nahm den Deckel herunter.
    Eine Kinderhand ragte aus der Styroporschicht hervor.
    Sie war leicht geballt, als habe sie eben erst etwas losgelassen. Am abgeknabberten Daumennagel waren Reste von knallrotem Nagellack zu sehen. Ein kleiner Ring aus unechtem Gold funkelte am Mittelfinger. Der Stein war blau, hellblau.
    Alle schwiegen.
    Yngvar Stubø konnte nur daran denken, daß er derjenige war, der mit Lena Baardsen sprechen mußte. Seine Augen brannten. Er hielt den Atem an. Vorsichtig nahm er weitere kreideweiße Kugeln aus dem Karton, er hatte das Gefühl, in trockenem Schnee zu wühlen. Jetzt kam der Arm zum Vorschein. Sarah Baardsen lag auf dem Bauch, mit leicht gespreizten Beinen. Als die beiden Männer sie behutsam umdrehten, sahen sie die Nachricht. Sie war mit Klebeband auf dem Bauch des Kindes befestigt; ein großes Blatt mit roten Buchstaben.
    Du hast bekommen, was du verdienst.
    »Schwarz, ja, klar! Ich wollte einfach was dazuverdienen!«
    Der Fahrer schniefte, ihm strömten die Tränen übers Gesicht.
    »Und könnte ich bald mal ein Taschentuch kriegen? Ich bin verdammt erkältet, falls ihr das noch nicht bemerkt haben solltet.«
    »Ich würde Ihnen empfehlen, jetzt schön ruhig zu sein!«
    »Ruhig! Ich sitze hier schon fünf Stunden, zum Teufel! Fünf Stunden! Ich kriege kein Taschentuch, und einen Anwalt krieg ich auch nicht!«
    »Sie brauchen keinen Anwalt. Sie sind nicht festgenommen. Sie sind aus freien Stücken hier. Um uns zu helfen!«
    Yngvar Stubø fischte sein eigenes Taschentuch hervor und reichte es dem Fahrer.
    »Ihnen wobei zu helfen?«
    Der Mann wirkte ehrlich verzweifelt. Seine Augen waren rot. Er schien Fieber zu haben und rang nach Luft.
    »Hören Sie«, sagte er flehentlich. »Ich will Ihnen gerne helfen, aber ich habe schon alles gesagt, was ich weiß! Ich bin angerufen worden. Das habe ich doch schon erzählt. Auf meinem eigenen privaten Handy.«
    Er putzte sich energisch die Nase und schüttelte resigniert den Kopf.
    »Ich sollte ein Paket abholen. Aus einer Hofeinfahrt in der Urtegate. Einem Abbruchhaus, wo das Tor offen ist. Auf dem Paket sollten ein Zettel mit der Adresse und ein Briefumschlag mit zweitausend Kronen liegen. Kinderspiel also!«
    »Ach. Und Sie fanden das ganz in Ordnung.«
    »Was heißt schon in Ordnung … unsere Aufträge gehen sonst über die Zentrale, und ich weiß, daß …«
    »Das habe ich jetzt nicht gemeint. Mir geht es darum, daß ein wildfremder Mensch Sie, ohne daß er seinen Namen nennt, dazu bringen kann, ein Paket auszuliefern, wenn er nur mit zwei Tausendern winkt. Darum geht es mir. Mir kommt das … ziemlich erstaunlich vor, um ehrlich zu sein.«
    Yngvar Stubø lächelte. Der Fahrer erwiderte das Lächeln verwirrt, irgend etwas an diesem Polizisten kam ihm eigenartig vor.
    »Wenn nun eine Bombe in dem Paket gewesen wäre, zum Beispiel. Oder Drogen.«
    Yngvar Stubø lächelte weiterhin, jetzt noch breiter.
    »So was ist es nie.«
    »Aha. Nie. Sie machen das also

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