In letzter Sekunde
blieb aber an der Tür stehen. „Sag mal, bin ich blöd, oder ist das wirklich dein Badezimmer?"
„Es ist unser Badezimmer. Normalerweise werden diese Apartments von gleichgeschlechtlichen Mietern bewohnt, die sich dann das Badezimmer teilen. Aber der Vermieter hat mir einen Gefallen getan und eine Ausnahme gestattet. Für dich ist das doch in Ordnung, oder?"
„Ja, ja, schon", erwiderte sie, obwohl sie die Wohnbedingungen durchaus ungewöhnlich fand.
„Eigentlich wollte ich hier nur vorübergehend bleiben", erklärte Blade, als hätte er ihre Gedanken gelesen. „Irgendwie war ich dann aber zu träge, wieder umzuziehen." Er drückte ihr Bettwäsche in die Hände. „Handtücher sind dort drüben", meinte er weiter und deutete auf den Stapel. „Vergiss nur nicht, mir Bescheid zu geben, wenn du das Bad benutzt, sonst platze ich aus Versehen vielleicht herein. Und wenn du fertig bist, lass die Tür einfach einen Spalt weit offen stehen."
„Okay."
Es war schon ein seltsamer Zustand - sie teilte sich das Bad mit einem Mann, einem, den sie seltsamerweise ausgesprochen anziehend fand. Und die Vorstellung, Blade jede Nacht so dicht in ihrer Nähe zu haben, beunruhigte sie. Andererseits, falls ihr Entführer ihren Aufenthaltsort doch ausfindig machte, war es ausgesprochen beruhigend, Blade auf der anderen Seite der Tür zu wissen.
„Es war ein langer Tag. Du gehst besser schlafen."
„Eigentlich sollte ich müde sein ..." Leider war sie hellwach.
„Tee?" schlug Blade vor.
„Bitte."
Lynn folgte ihm in sein Apartment, wanderte auf und ab und schaute ihm zu, wie er den Tee zubereitete. Noch immer war sie nervös. Vielleicht half es ja, wenn sie redete.
„Ich habe noch einmal über die Verdächtigenliste nachgedacht und frage mich; ob ich mit den Informationen nicht mehr anfangen kann als Stella", sagte sie. „Außerdem, was ist, wenn sie diesen Kerl verschreckt und der seine Spuren verwischt, niemals gefasst wird? Dann bliebe immer das Gefühl der Bedrohung. Von dem Wunsch nach einer gerechten Strafe ganz abgesehen."
„Das klingt nicht gut." Blade drückte einen Knopf an der Mikrowelle und wandte sich wieder Lynn zu. „Was hast du vor?"
Er musterte sie so scharf, dass sie errötete. „Nur einfach ein paar Dinge auf eigene Faust überprüfen."
Allerdings wusste sie nicht, wie. Noch nicht. Aber sie war schließlich nicht dumm. Als Anwältin verfügte sie über nützliche Informationsquellen. Es musste etwas geben, das sie tun konnte.
„Du willst dich selbst doch wohl nicht als Köder benutzen?" Blade sah sie düster an.
„Denn wenn Johnny Rincon dahinter steckt, dann verschwindest du diesmal vielleicht für immer. Es ist besser, solche Ermittlungen Leuten wie Stella zu überlassen." Die Mikrowelle meldete sich, er holte den Becher heraus und gab einen gehäuften Löffel Kräuter hinein. „Sie weiß mit Leuten wie ihm umzugehen und hat auch die entsprechende Unterstützung."
„Du hast natürlich Recht." Aber sie würde bestimmt nicht dasitzen und Däumchen drehen.
Je mehr Leute daran arbeiteten, desto schneller konnte es eine Lösung geben. „Ich rufe sie gleich morgen früh an."
„Gut." Er gab ihr den Teebecher. „Nun trink aus und geh schlafen."
Leichter gesagt als getan, dachte sie eine Stunde später, als sie immer noch hellwach war.
Vielleicht lag es auch an dem winzigen Schlaf räum, da konnte man ja Platzangst bekommen.
So wechselte sie aufs Sofa im Wohnraum.
Aber auch dort konnte sie nicht einschlafen, trotz aller Entspannungsübungen. Immer wenn sie gerade in den Schlaf glitt, kehrten die Schrecken der Entführung zurück.
Du bist doch diejenige, die gern das Reden übernimmt.
Sie wälzte sich auf die andere Seite und versuchte es sich bequemer zu machen.
Überleg, was du getan hast, Evelyn ...
Sie hatte nichts getan, wofür sie bezahlen müsste.
Was mag diesem Mann am wichtigsten gewesen sein, überlegte sie. Sein Geld? Seine Kinder? Oder einfach eine Frau zu haben, die er misshandeln konnte? Der Kerl war krank.
Aber was war es, das die Idee, sie zu verfolgen und zu bedrohen, in ihm ausgelöst hatte?
Wenn sie sich nur besser an die Entführung erinnern könnte. Sie brauchte dringend Schlaf.
Dann wäre sie in der Lage, klarer zu denken.
Aber ihre Gedanken drehten sich im Kreis.
Aber kein Ort ist sicher genug für dich ...
Lynn zog die Knie an, machte sich unbewusst ganz klein.
Wir sehen uns wieder...
Sie konnte es nicht verhindern, dass sie sich auf die Stimme des
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