In letzter Sekunde
einige hatten sogar Drohungen ausgesprochen.
Aber welcher von ihnen bedeutete eine wirkliche Gefahr für sie?
Trotz ihrer Konzentration fiel ihr auf, dass Blade noch stiller wirkte als vorher.
Beschäftigte es ihn, dass sie sich die Schuld am Tod ihrer Schwester vor zwei Jahren anlastete?
Sie schob diese Gedanken beiseite und richtete ihr Augenmerk wieder auf die Unterlagen, obwohl Blade sie dabei beobachtete. Seine dunklen Blicke waren wie eine Liebkosung, und ihr kroch unwillkürlich die Röte ins Gesicht. Hoffentlich bemerkt er es nicht, dachte sie.
Er schwieg weiterhin.
Sie riss sich zusammen und teilte die Akten in zwei Stapel auf. Einige der Männer hatte sie schnell aussortiert. Einer war zu klein, ein anderer zu dick. Ein dritter zu hager. Somit blieben nur acht Möglichkeiten.
Unter halb gesenkten Lidern betrachtete sie unauffällig Blade, der sich jetzt in ihrem Büro umschaute. Er war wirklich ein überwältigend gut aussehender Mann. Unwillkürlich zuckte sie bei der Erinnerung an seine Hände auf ihrer nackten Haut zusammen.
„Gibt's ein Problem?" fragte er aufmerksam.
„Natürlich. Ich muss herausfinden, welcher dieser Männer Rachegelüste gegen mich hegen könnte."
„Das ist Stellas Job. Sehr wahrscheinlich ist sie diese Akten schon gründlich durchgegangen."
Auch wenn Lynn wusste, dass Stella mit jedem im Büro hatte reden wollen, musste sie lachen. „Du kennst meine Partner nicht!" Sie waren sehr eigen, wenn es galt, ihre Mandanten zu schützen. Bestimmt hatten sie kaum Informationen weitergegeben.
„Sie würden nicht mit der Polizei kooperieren?"
„Nur so weit, wie sie gesetzlich verpflichtet sind. Außerdem kennt keiner die genauen Einzelheiten, was verärgerte oder wütende Exehemänner oder Freunde der Mandantinnen betrifft, so gut wie der Anwalt, der den Prozess geführt hat. Wenn jemand deiner Freundin etwas Solides an die Hand geben kann, dann nur ich selbst."
Allerdings hatte sie nicht vor, Stella die Listen zu geben und dann abzuwarten, was geschah. Es ging um ihr Leben, und sie würde tun, was notwendig war, um sich zu schützen.
„Außerdem, wer außer mir weiß, welcher von diesen Männern eine Brille trägt und welcher nicht?" murmelte sie dann.
Sie widmete sich wieder ihren Unterlagen und sortierte weitere zwei Männer aus, die sie trotz der ausgestoßenen Drohungen gegen sie nicht für gefährlich hielt. Dazu hatten sie zu wenig Rückgrat.
Zwei weitere mögliche Kandidaten fielen heraus, weil der eine im Gefängnis saß und der andere in sein Heimatland zurückgekehrt war, wie weitere Recherchen im Computer ergaben.
Die Informationen über die anderen vier druckte sie zweifach aus. Eine Kopie für sie, die andere für Detective Jacobek. Bei einer letzten Durchsicht fiel noch einer der Männer durch die Maschen.
„Drei Kandidaten", sagte sie schließlich zu Blade und schob ihm die Ausdrucke zu.
Er warf nur einen flüchtigen Blick darauf. „Erzähl mir von ihnen."
„Victor Churchill, Eigentümer von V.C.Technology. Ihm gehört auch dieses Gebäude."
„Mir kommt sein Name irgendwie bekannt vor..."
„Weil er in den Medien genannt wurde. Er hatte ohne Wissen seiner Frau Gelder aus dem gemeinsamen Vermögen abgezweigt. Wir kamen dahinter, und Carol erhielt bei der Scheidung erheblich mehr, als wenn er ehrlich gewesen wäre, weil der Richter sich auf ihre Seite stellte. Und dann gab es noch eine offizielle und sehr gut dokumentierte Untersuchung seiner Geschäftspraktiken. Churchill war alles anderes als glücklich darüber. Ebenso wenig die Frau, für die er Carol verlassen hatte. Sie trennte sich von ihm."
„Womit er noch weniger gut auf dich zu sprechen war."
Sie nickte. „Er drohte mir, mich zu ruinieren, ging aber nicht in Details."
„Wer ist der Nächste?"
„Johnny Rincon."
„Ihn kenne ich von früher, aus meiner Kindheit."
„Stella erzählte, sie kenne seine Exfrau Carla - meine Mandantin. Und mir scheint, du magst ihn nicht besonders."
„Als wir noch zur Schule gingen, versuchte er, mich und Stella in eine Straßengang zu zwingen."
„Und was tatest du?"
„Mein Messer hat ihm Respekt eingeflößt."
Er sprach so ruhig darüber, dass es ihr kalt über den Rücken lief.
„Rincon nannte mich eine Hure und sagte, ich würde bekommen, was ich verdient hätte."
„Wurdest du vergewaltigt?"
„Nein. Der Entführer hat mich sexuell nicht belästigt. Vielleicht beweist das, dass Rincon es nicht gewesen ist. Er trug zwar jedes Mal eine
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