In letzter Sekunde
Mannes konzentrierte. Sie versuchte zu hören, was er sagte. Versuchte, irgendeinen Hinweis herauszufiltern.
... nachdem du mir diesen Verlust zugefügt hast...
... verdienst du, was du bekommst...
Fragmente von Beschuldigungen und Drohungen, nicht mehr. Nichts Neues. Nichts verriet ihr, was er verloren hatte.
Frau, Kinder, Geld - was war es?
Sie grübelte und grübelte. Warum nur konnte sie nicht damit aufhören und endlich einschlafen? Gestern hatte der Tee Wunder gewirkt, warum also nicht heute? Vielleicht war es auch nur Blades Nähe gewesen, die sie ruhig hatte einschlafen lassen.
Aber er war doch nebenan, direkt auf der anderen Seite der Türen ... Türen, die so leicht zu öffnen waren.
Wieder versuchte sie ihre Gedanken auszuschalten, aber ein Gedanke ließ sie nicht los: Sicherheit war nur ein paar Schritte weit entfernt.
Sie erhob sich vom Sofa und ging die wenigen Schritte im Dunkeln. Ihre Augen hatten sich daran gewöhnt, deswegen erkannte sie Schatten und Umrisse. Erst als sie im Bad stand, zögerte sie, weil ihr Herz auf einmal laut pochte. Bestimmt würde Blade sie für dumm halten, wenn er wüsste, was sie vorhatte.
Doch dann entschied sie sich, das Risiko einzugehen, schlüpfte in Blades Zimmer und horchte einen Moment. Das sanfte Schnarchen aus dem Schlafraum verriet ihr, er schlief tief und fest. Da drehte er sich um, und das Schnarchen hörte auf.
Ein Gefühl der Sicherheit, des Geborgenseins überkam sie sogleich, als sie sich auf dem Sofa zusammenrollte, und sie lauschte seinen regelmäßigen Atemzügen. Innerhalb weniger Minuten wurden ihre Lider schwer, und sie fühlte, wie sie langsam in den Schlaf hinüberglitt ...
... bis Helligkeit sie weckte. Sie öffnete die Augen. Es war Tag.
Nun ja, noch sehr früh am Tag. Morgendämmerung.
Langsam erinnerte sie sich daran, dass sie auf dem Sofa lag. Blades Sofa. Es war Zeit, wieder in ihr Zimmer zurückzugehen.
Im Apartment war es still.
Wenn er nun wach dalag und wusste, dass sie wie ein Feigling heute Nacht in sein Zimmer geschlichen war?
Befangen stand sie auf und schaute in den winzigen Schlaf räum, dessen Tür offen stand.
Blade schlief tief und fest. Er lag auf dem Bauch, und das Laken war so weit verrutscht, dass es seinen Po nur spärlich bedeckte.
Er war nackt!
Lynn errötete, riss den Blick von dem anregenden Bild, das er bot, los und versuchte unbemerkt zu verschwinden. Gerade als sie das Bad erreichte, rührte Blade sich, und als sie sich umwandte, hatte er sich herumgedreht. Ohne das Laken.
Ihr Mund wurde trocken, und einen Moment lang starrte sie nur hin. Wie sollte sie anders, wo so viel männliche Schönheit vor ihr lag?
Lynn fühlte, wie ihr Körper reagierte ... bis ihr klar wurde, dass sie seine Intimsphäre verletzte.
Voller Scham, auch wegen der Erregung, die sie empfand, obwohl er kein Interesse an ihr hatte, hastete sie ins Bad und weiter in ihr Apartment.
Gut, dass er nicht aufgewacht war. Ihr konnte nichts Schlimmeres passieren, als wenn Blade aus Abscheu vor ihrem Verhalten seine Hilfe zurückzog. Er war ihre Verbindung zur wirklichen Welt. Ihre Sicherheit, dass sie nicht den Verstand verlor. Ihr Schutz.
Sie wusste nicht, was sie ohne ihn anfangen sollte.
Entsetzt erkannte sie, wie schnell sie von diesem Mann abhängig geworden war. Und konnte nur hoffen, dass sie es niemals bereuen musste.
6. KAPITEL
Wenige Stunden später betraten Blade und Lynn das Fitnessstudio, in dem Blade trainierte. Es gehörte nicht zu den modernsten, war aber frisch gestrichen, und die Umkleideräume waren sauber und ordentlich. In der einen Ecke der Halle stemmten schon einige Männer Gewichte.
In der anderen attackierte eine junge Frau einen Sandsack.
Sie begaben sich zu einem mit Matten ausgelegten Bereich in der Mitte.
„Der menschliche Fuß besteht aus sechsundzwanzig Knochen", begann Blade.
„Und warum muss ich das wissen?"
Lynn fragte sich plötzlich, ob sie nicht einen Fehler beging-Blade so nahe zu kommen, Körperkontakt eingeschlossen. Sie wünschte, sie hätte Stella Jacobek erreicht. Leider hatte sie ihr nur eine Nachricht hinterlassen können, wo sie sich aufhielten.
„Der kräftigste Knochen sitzt in deiner Ferse", fuhr Blade fort. „Du kannst ihn als Waffe gegen die schwächeren Fußknochen eines Angreifers benutzen."
„Du meinst, ich soll darauf herumtrampeln?"
„So ungefähr."
„Und um das zu lernen, muss ich in dies Fitnessstudio kommen?"
„Du musst lernen, was du als Erstes tust.
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