In Liebe, dein Mörder: Thriller (German Edition)
dass der nicht weit entfernt arbeitende Barjunge etwas davon bemerkte. Es war ein vortreffliches Gefühl gewesen, dem Jungen beim Putzen der Saftgläser zuzuschauen, während Sophia ihn im Wirbel des heißen Wassers geritten hatte. Im Wohnzimmer bediente er sich an der Bar. Er hatte jahrelang unterschiedliche Whiskeys verköstigt, mochte aber nach wie vor am liebsten Jim Beam. Die Flüssigkeit rann heiß in seine Kehle.
Er schüttelte seine vollen Haare zurück. Wenn sie in der Luft trockneten, hatte er jenes verwegene Aussehen, das die Frauen liebten. Ein sportlich dunkler Typ mit westfälischen Wurzeln. Ein Bruce Wayne deutscher Abstammung. Reich, attraktiv und intelligent.
Er schaltete den vom ihm selbst designten Flatscreen ein, und auf dem 55-Zoll-Schirm stritten sich Frauen, die ihre Wohnungen getauscht hatten. Er zappte durch die Programme und beschloss, Musik zu hören. Seine selbstentwickelte Soundanlage würde einen Kunden die Kleinigkeit von 80.000 Euro kosten, und er genoss jede gemeinsame Sekunde mit dem ästhetischen Spielzeug. Er überlegte, was er hören wollte. Sein Geschmack reichte von Hardrock bis zu klassischer Musik.
Er legte vorsichtig eine Langspielplatte auf den Transrotor-Plattenteller. Obwohl ihn der cleane Sound der Eagles zuweilen langweilte, war ihm jetzt genau danach. Clean, wie er sich nach der Dusche fühlte.
When Hell Freezes Over!, hieß die Platte.
Ja, was war, wenn die Hölle gefror?, fragte er sich und spülte den Songtitel durch seine Kehle. Wenn es soweit war, würde er der Hölle entsteigen und lachen. Er würde sagen, dass ihn alles Eis der Unterwelt nicht aufhalten konnte, denn er war Vincent Padock. Er war ein hitzeumflorter Engel, der zum Tier geworden war. Er assoziierte einen schlanken Panther, eine geschmeidige Wildkatze, die sich selbstbewusst ihren Weg sucht und deren klugen Augen nichts verborgen bleibt. Eine faszinierende Vorstellung.
Vincent liebte das Leben ebenso sehr, wie er liebte, es zu nehmen.
2
»Ich haaaaasse das!« Eva Armond verdrehte mit der ganzen Kraft ihrer fünfzehn Jahre die Augen. »Mama, du müsstest dich mal sehen. Deine Augen haben Ränder wie bei einem Gothfreak, und deine Haare sind struppig wie sonst was!«
Lisa Armond hörte zu. Geduldig, wie es eine gute Mutter sein sollte.
»Du säufst, Mama, wie oft soll ich dir das noch sagen? Ich mach mir Sorgen um dich. Seitdem Dad und Tom tot sind ...« Das Mädchen schwieg.
Lisa reichte es.
»Na, na?«, zischte sie. »Was ist seitdem? Jeder Mensch trauert anders. Du hast drei Tränen verdrückt und das war’s, ich habe meinen Mann und meinen Sohn verloren und verarbeite das anders als du!« Sie hätte sich ohrfeigen mögen. So sollte sie mit ihrer Tochter nicht reden. Sie hatte ihre Tochter noch nicht zu einer Therapie überreden können, doch sie spürte, dass hier etwas geschehen musste. Eva war nach dem Tod ihres Vaters und ihres kleinen Bruders regelrecht versteinert.
Lisa senkte den Kopf. »Hör zu, Kleines ... es tut mir leid. Du hast recht. Ich lasse mich gehen.«
Eva schnaufte, und ihr Nasenpiercing blitzte. »Mama, versteh mich doch – ich mach mir Sorgen um dich.«
»Das brauchst du nicht, Eva. Ich habe bei der Morgenpost gekündigt und fange in einer Woche bei diesem Heftromanverlag an.«
»Das weiß ich, Mama . Trotzdem finde ich zum kotzen, was dein Chefredakteur mit dir gemacht hat. Er weiß schließlich genau, wie es dir geht. Das war sowas von krass!«
Lisa Armond von der Morgenpost würde nun bei einem Buchverlag arbeiten, verantwortlich für Heftromane, Lektorat und Autorenkontakte. Science Fiction, Western, Liebesromane, alles was anfiel. Kein einträglicher Job, aber einer, der vermutlich Spaß machte und sie geregelt ernährte. Sie würde hoffentlich den Frieden finden, den sie unbedingt brauchte. Zu vieles war in den letzten zwei Jahren geschehen. Zu vieles galt es zu verarbeiten.
Eva strich Marmelade auf das Brötchen und biss hinein. Ihre hübschen großen Augen wollten nicht zu den roten Haaren und dem Nasenschmuck passen. Zwei Veränderungen, mit denen das Mädchen gegen ihre Einsamkeit protestierte. Das hatte zu einem Streit geführt, den Eva beendet hatte, indem sie einfach wegging und sich einschloss. Lisa wusste, dass sie aufpassen musste, wollte sie ihre Tochter nicht verlieren.
Eva spülte mit Tee nach und sagte: »Ist doch so, Mama! Dein Chef setzt dich auf eine Mordserie an, obwohl er weiß, wie labil du zur Zeit bist.«
»Er weiß, dass ich
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