In Liebe und Tod
etwas dazwischenkommt.«
»Warum musstest du von so was sprechen?«
»Wovon? Von Sex?« Sie hob ihre Hände und tätschelte ihm begütigend die Wange. »Der Gedanke hat sich eben bei mir festgesetzt. Und wenn ich dran denken muss, musst du das gefälligst auch.«
»Ich denke kaum jemals an etwas anderes.«
»Haha.« Sie gab ihm einen Kuss, als sein Computer das Signal für die Beendigung der Arbeit gab. »Sind das meine Daten?« Sie machte sich von ihm los und schnappte sich das Blatt, das aus dem Drucker kam.
»So endet ein reizendes Zwischenspiel.«
Ohne auf ihn zu achten, überflog sie die verschiedenen Adressen und stellte mit einem breiten Lächeln fest: »Wer hätte das gedacht? Die gute Madeline hat eine Zweitwohnung in der East End Avenue, unweit der Sechsundachtzigsten. «
»Ich gehe davon aus, dass wir ihr einen sonntäglichen Besuch abstatten werden.«
»Ich kann auch alleine zu ihr fahren, wenn du lieber zu Hause bleiben willst.«
»Zusammen mit der hormonellen Zeitbombe? Oh nein, ganz sicher nicht.«
Sie kehrten in Eves Büro zurück, wo Leonardo allein vor dem zweiten Computer saß und stirnrunzelnd auf den Bildschirm sah.
»Wo ist Mavis?«
»Oh, auf der Toilette. Wieder mal.« Lächelnd fügte er hinzu: »Sie hat augenblicklich die niedlichste kleine Blase, die man sich vorstellen kann.«
»Wirklich bewundernswert. Sag ihr, dass ich die Spur in den Mordfällen weiterverfolgen muss, solange sie noch heiß ist. Aber ich bin so schnell wie möglich wieder da. Falls ihr auf einen Namen stoßt, der euch bekannt vorkommt, macht dahinter einfach ein Kreuz. Dann gehen wir der Sache nach. Falls Peabody und McNab vor uns zurückkommen, gebt ihnen den Namen, ja?«
»Kein Problem. Dallas, Roarke, wäre es in Ordnung, wenn wir heute hier übernachten würden? Mavis wird morgen sowieso wieder hierher oder auf die Wache kommen wollen, je nachdem, wo ihr beide seid. Und ich finde es schrecklich, sie durch die halbe Stadt zu karren, obwohl sie so erledigt ist.«
»Ihr seid hier stets willkommen«, antwortete Roarke. »Warum bittest du nicht Summerset, ihr etwas zu geben, was sie ein wenig beruhigt? Er wird wissen, was sie in ihrem Zustand nehmen kann.«
»Du selber solltest vielleicht auch was davon nehmen«, meinte Eve. Da sie Leonardo einfach gerne hatte, trat sie eilig vor ihn, drückte ihm aufmunternd die breite Schulter und fügte hinzu: »Sag ihr, dass ich Tandy nicht vergesse. Ich habe sie im Kopf, dort erziele ich mit meiner Arbeit oft die besten Ergebnisse.«
»Sie glaubt an dich. Das hilft ihr, all das durchzustehen.«
Wer wollte bei solchen Sätzen noch behaupten, sie würde nicht unter Druck gesetzt, fragte sich Eve und wandte sich zum Gehen.
»Du fährst«, sagte sie zu Roarke. »Ich werde meinen Kopf benutzen und ein bisschen arbeiten.«
Sie klappte ihren Sitz etwas zurück, schloss die Augen und rief sich das Bild von Tandy in Erinnerung.
Jung, gesund, alleinstehend, schwanger, ohne enge familiäre Bindungen. Erst seit ein paar Monaten hier in New York. Anscheinend ohne jedweden Kontakt zu Freunden, Freundinnen, Kollegen und Kolleginnen daheim. Hatte sie sich vielleicht versteckt?
Vor was? Oder vor wem?
Vor dem Vater ihres Babys? Möglich, aber nicht wahrscheinlich. Sie hatte weder den Kolleginnen im Laden noch ihrer Freundin Mavis gegenüber je auch nur ein böses Wort über den Schweinehund verloren, von dem sie geschwängert worden war.
Dann dachte Eve an Tandys Wohnung. Ein gemütliches Nest, hatte Peabody gesagt. Falls sie auch ein Versteck gewesen war, hatte man nicht viel davon gemerkt. Die Räume hatten eher gewirkt, als hätte Tandy einen Neuanfang darin gemacht.
Genau wie die Opfer der ähnlich gelagerten Verbrechen, dachte Eve. Sie waren umgezogen - die junge Frau aus Middlesex zumindest kurzfristig -, hatten sich an einem anderen Ort mit einem neuen Job ein neues Leben aufgebaut. Vielleicht hatten sie sich also nicht versteckt, sondern hatten sich von irgendwas gelöst.
Von was? Von wem?
Sie hatte eine tote sowie zwei vermisste Frauen. Sie müsste mit dem Autopsiebericht der jungen Frau aus Middlesex zu einer Ärztin gehen. Vielleicht hatte der Täter ja versucht, das Baby aus ihr herauszuschneiden, als sie im Sterben gelegen hatte oder vielleicht sogar schon tot gewesen war.
Gott, allein die Vorstellung war grauenhaft.
Er hatte nicht versucht, die Leiche zu verstecken, sondern sie einfach in der Nähe ihres Hauses abgelegt. An einem anderen Ort als dem, an dem
Weitere Kostenlose Bücher