In Liebe und Tod
den Aktentransport vor Ort.
McNab trug einen Mantel, der aussah, als hätte ein hyperaktives Kleinkind ihn mit Fingerfarben angemalt.
»Könnten Sie nicht wenigstens versuchen, wie ein Cop auszusehen?«
Er sah sie mit einem gut gelaunten Grinsen an. »Sobald wir oben sind, werde ich möglichst grimmig gucken.«
»Was sicher großen Eindruck machen wird.«
Sie marschierte durch die Lobby, zückte ihre Marke und den Beschlagnahmungsbefehl und hielt beides dem Wachmann hin. Er machte bereits ein grimmiges Gesicht und behielt es auch bei der Prüfung der Papiere bei.
»Ich habe Anweisung, Sie nach oben begleiten zu lassen.«
»Sehen Sie das hier?« Eve klopfte auf ihre Dienstmarke und auf den richterlichen Erlass. »Das ist wichtiger als alles, was man Ihnen vielleicht befohlen hat. Wenn Sie in einem der Fahrstühle mit uns nach oben fahren wollen, kein Problem. Aber wir fahren jetzt.«
Er winkte einen anderen Sicherheitsmann herbei, lief hinter Eve auf einen der Lifte zu, und sie fuhren schweigend hinauf. Als die Tür zur Seite glitt, standen bereits zwei hohe Tiere, ein Mann und eine Frau, bereit.
»Bitte weisen Sie sich aus und zeigen mir den richterliehen Beschluss«, bat die Frau ein wenig schnippisch, bevor sie die drei Dienstmarken und den Beschlagnahmungsbefehl unter die Lupe nahm. »Scheint in Ordnung zu sein. Mein Kollege und ich werden Sie in Ms Copperfields Büro begleiten.«
»Das können Sie halten, wie Sie wollen.«
»Mr Kraus ist bereits unterwegs. Wenn Sie kurz warten würden -«
»Haben Sie das hier gelesen?« Eve hielt ihr noch einmal den Beschlagnahmungsbefehl vor das Gesicht. »Darin steht nicht, dass ich warten soll.«
»Es wäre eine Geste der Höflichkeit -«
»Über Höflichkeit hätten Sie nachdenken sollen, bevor Sie meine Ermittlungen über vierundzwanzig Stunden lang behindert haben.« Eve marschierte bereits in die Richtung, in die sie auch am Vortag schon gegangen war.
»Die Privatsphäre unserer Kunden ist für uns das oberste Gebot«, begann die Frau und passte ihre Schritte eilig an Eves Tempo an.
»Wie für mich die Aufklärung von Morden. Und dabei haben Sie mir Knüppel zwischen die Beine geworfen, weshalb ich ziemlich sauer bin. Wenn Kraus mit mir reden will, kann er das tun, während wir die Akten und die elektronischen Geräte einsammeln.« Sie betrat Natalies Büro. »Dieser Beschlagnahmungsbefehl erlaubt es mir, sämtliche Ausdrucke, Disketten, sämtliche Akten, Notizen, Kommunikationsgeräte und persönlichen Gegenstände - Himmel, eben alles, was sich in diesem Raum befindet - zu konfiszieren. Fangen wir an zu packen«, sagte sie zu Peabody und McNab.
»Die Geheimhaltung der Daten unserer Kunden ist für uns von größter Wichtigkeit.«
Eve fuhr zu ihr herum. »Es gibt noch etwas anderes, was mindestens genauso wichtig ist. Die Unversehrtheit des menschlichen Körpers. Wollen Sie sehen, was mit Natalie Copperfield geschehen ist?« Eve klappte ihre Aktentasche auf.
»Nein, das will ich nicht. Es betrübt uns sehr, was Ms Copperfield und Mr Byson zugestoßen ist. Wir haben größtes Mitgefühl mit ihren Familien.«
»Ja, das habe ich gestern schon gemerkt.« Eve zog eine Schublade des Schreibtischs auf.
»Lieutenant Dallas.«
Der Mann, der das Büro betrat, war ein attraktiver Mittfünfziger in einem steingrauen Anzug und einem blendend weißen Hemd. Er hatte ein ausdrucksvolles, olivfarbenes Gesicht, eine markante Nase, dunkle Augen und pechschwarzes Haar, das in weichen Wellen so aus seinem Gesicht gestrichen war, dass man die silbrig weißen Strähnen in Höhe seiner Schläfen, die vielleicht Natur, vielleicht aber auch ihrer Wirkung wegen künstlich hineingewoben worden waren, sah.
Sie erkannte ihn anhand des Passfotos, das von ihr auf dem Computer aufgerufen worden war.
»Mr Kraus.«
»Ich frage mich, ob ich Sie vielleicht kurz entführen darf. Falls Ihre Kollegen hier alleine weitermachen könnten, würden meine Partner und ich gern in unserem Konferenzzimmer mit Ihnen sprechen.«
»Wir müssen auch noch in das Büro von Byson.«
Er verzog leicht schmerzlich das Gesicht, nickte aber mit dem Kopf. »Selbstverständlich. Wir werden versuchen, Sie nicht allzu lange aufzuhalten.«
Eve wandte sich an ihre Partnerin. »Packen Sie alles ein und beschriften die Kartons. Die uniformierten Kollegen sollen die Sachen auf die Wache bringen, falls ich nicht zurück bin, bevor Sie hier fertig sind.«
»Als Erstes möchte ich Sie wegen der Verzögerung um
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