In Liebe und Tod
Oberkörper stählte, trat er durch die Tür.
»Du hattest anscheinend einen langen Tag«, stieß sie schnaubend aus.
»Es ging so.« Roarke beugte sich zu ihr hinab und gab ihr einen Kuss. »Fängst du gerade an oder hörst du langsam auf?«
»Ich höre langsam auf. Aber ich hätte noch genügend Schwung für einen kleinen Boxkampf, falls du dich etwas bewegen willst.«
»Ich habe schon heute früh trainiert. Jetzt freue ich mich auf eine anständige Mahlzeit und ein großes Glas Wein.«
Sie sah ihm ins Gesicht. »Dann hast du einen wirklich anstrengenden Tag gehabt. Irgendwelche Probleme?«
»Ein paar kleine Ärgernisse, aber die sind inzwischen ausgeräumt. Wenn ich darüber nachdenke, hätte ich nichts gegen ein paar Bahnen im Pool, bevor es ans Essen geht. Allerdings nur, wenn ich nicht alleine schwimmen gehen muss.«
»Sicher.« Sie schnappte sich ein Handtusch und fuhr sich damit durchs Gesicht. Sollte sie es gleich hinter sich bringen oder besser warten, bis er entspannter war? Schwer zu sagen, dachte sie, aber es erschien ihr irgendwie nicht fair, seine Entspannung auszunutzen, wenn er einen derartigen Schlag von ihr versetzt bekam.
»Äh, da ist noch was, was ich dir sagen muss.« Um etwas Zeit zu gewinnen, holte sie eine Flasche Wasser aus dem kleinen Kühlschrank, der in einer Ecke stand, und hob sie an ihren Mund. »Wegen dieses Doppelmords, in dem ich ermittele. Es geht um dieses Wirtschaftsprüfungsunternehmen.«
»Den Beschlagnahmungsbefehl hattest du doch bekommen. «
»Ja. Genau darum geht es.«
»Inwiefern?«
Als müsse sie in einen Pool voll kalten Wassers springen, holte sie erst einmal tief Luft. »Es gibt da ein paar Leute, die wegen der Daten in den Unterlagen, die wir beschlagnahmt haben, in Sorge sind. Und zwar weil ich als deine Frau die Ermittlungsleiterin bin.«
»Haben diese Leute etwa irgendwelche Zweifel daran, dass du mit diesen Unterlagen umgehen kannst?«, fragte er in einem netten Ton, der ihre Antennen beben ließ.
»Gewisse Leute denken offenbar, es wäre nicht ganz einwandfrei, dass du möglicherweise Zugriff auf Informationen über die Finanzen aktueller oder potenzieller zukünftiger geschäftlicher Konkurrenten nehmen könntest. Ich möchte, dass du weißt, dass ich ...«
»Dann nehmen diese Leute also an«, fiel er ihr seidig weich ins Wort, »dass ich meine Ehefrau und ihre Ermittlungen in einem Doppelmord ausnutzen würde, um etwas über die finanzielle Situation aktueller oder potenzieller zukünftiger Konkurrenten in Erfahrung zu bringen und dieses Wissen zu meinem Vorteil zu verwenden? Habe ich das richtig verstanden?«
»So könnte man es formulieren. Hör zu, Roarke ...«
»Ich bin noch nicht fertig«, fiel er ihr ins Wort. »Ist vielleicht einem dieser Leute der Gedanke gekommen, dass ich es gar nicht nötig habe, meine Ehefrau oder deren Ermittlungen auszunutzen, um einen Konkurrenten im geschäftlichen Sinne aus dem Verkehr zu ziehen, wenn mir danach zumute ist? Und dass es mir irgendwie gelungen ist, mich erfolgreich in der Geschäftswelt zu behaupten, schon bevor ich der Ermittlungsleiterin in diesem Fall auch nur zum ersten Mal begegnet bin?«
Sie hasste es, wenn er sie mit dieser Betonung als seine Ehefrau bezeichnete. Als wäre sie eine seiner teuren Armbanduhren. Jetzt schnürte auch ihr der Zorn die Kehle zu, und sie brachte nur noch mit Mühe einen Ton heraus. »Dazu kann ich nichts sagen, aber ...«
»Gottverdammt, Eve. Glaubst du, ich würde dich jemals benutzen, um Kohle zu verdienen?«
»Das glaube ich keine Sekunde. Sieh mich an. Nicht für eine Sekunde.«
»Glaubst du, dass ich über die Leichen zweier unschuldiger Menschen gehen und vor allem deinen und auch meinen eigenen Ruf riskieren würde, damit ich irgendeinen blöden Deal abschließen kann?«
»Ich habe doch schon gesagt, dass ich ...«
»Ich habe gehört, was du gesagt hast«, schnauzte er sie an und bedachte sie mit einem mörderischen Blick. »Aber für gewisse Menschen bin ich offenkundig immer noch nichts weiter als ein kleiner Dieb. Ich habe mit der Polizei zusammengearbeitet, ihnen beachtliche Zeit geschenkt und bin beachtliche körperliche Risiken eingegangen, um ihnen beim Lösen ihrer Fälle behilflich zu sein, und jetzt stellen sie meine Integrität wegen einer solchen Lappalie in Frage? Tja, sollen sie doch alle zum Teufel gehen. Wenn sie dir und mir nach allem, was wir ihnen gegeben haben, immer noch nicht trauen, sollen sie doch einfach zum Teufel gehen.
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