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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Kristensen
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jeden Tatort-Analytiker. Im Moment war kein Mensch zu sehen. Der Platz vor der Tagesanlage am Eingang des Schachts war ebenfalls verlassen. Aber rund um die Betonmischmaschine war der Schnee voller Fußabdrücke, Reifen- und anderen Spuren, die schwer zu identifizieren waren. War hier jemand auf der Erde geschleift worden?
    Er zog ein Notizbuch und eine Digitalkamera aus seiner Jackentasche und hielt beides dem nickenden Direktor hin. Sie hatten offenbar damit gerechnet. Das Tageslicht war nur noch schwach und der kleine Blitz machtlos gegen die konturlose Polardunkelheit. Das erste Foto war so nichtssagend und eigenartig, dass er es gern wieder gelöscht hätte. Der Schnee zeigte keinerlei Kontrast, nicht eine Spur war auf dem Bild zu erkennen.
    Der Dolmetscher wartete, bis Knut zurückkam und die Gruppe sich um ihn gesammelt hatte. Dann begann er mit seiner offensichtlich eingeübten Erklärung, die er wie einen guten Vortrag aufgebaut hatte. Zunächst eine Orientierung, wie der Beton auf dem Bauplatz hergestellt wurde. Die verschiedenen Zutaten, die zusammen die Betonmasse ergaben, wurden durch Röhren und Schächte der Mischmaschine zugeführt. Dann folgten ein paar Details über den Produktionsprozess und die Funktionsweise der Mischmaschine. An den Seiten des runden Metallzylinders waren innen große Messer angeschweißt, mit denen der Zement zum Rotieren gebracht wurde.
    Weder der Direktor noch der Konsul sagten etwas. Sie waren die Erklärung offenbar mehrfach durchgegangen, genau wie der Polizeichef in Longyearbyen es vermutet hatte.
    Alles sei automatisiert, erklärte der Dolmetscher. Die Betonmischmaschine wurde über eine Schalttafel, die sich im Steuerhaus oben auf dem Gerüst befand, in Betrieb genommen und gestoppt. Wenn der Mischer gestartet wurde, strömten Sand, Zementpulver, Wasser und Chemikalien durch die verschiedenen Röhren. Dann fing die Trommel an zu rotieren. Nach einer bestimmten Zeit ließ sich das Bodenventil öffnen, und der Beton wurde in eine mobile Rinne gepresst. Entweder auf die Ladefläche eines wartenden Lasters oder direkt in die Verschalung, wo der Beton nach und nach aushärtete.
    Der Dolmetscher kam zum abschließenden Teil seines Einführungsvortrags. Die Stimme bekam etwas Singendes, er wählte seine Worte genau. Der Verstorbene war gestern Abend das Gerüst hinaufgeklettert und offenbar von dort in den Mischer gefallen. Durch ein doppeltes Unglück hatte in diesem Moment der Produktionsprozess eingesetzt, und die Masse war in den Behälter geflossen. Der Verstorbene hätte ums Überleben gekämpft, sei aber schließlich ertrunken.
    Knut hatte ziemlich viele Fragen. Er ahnte die Konturen des Unfalls, wartete aber auf die unausweichliche pädagogische Wiederholung des Dolmetschers. Der zählte die einzelnen Punkte an den Fingern ab. Punkt eins: Der Verstorbene fiel in den Behälter der Betonmischmaschine. Punkt zwei: Durch einen unglücklichen Zufall wurde die Maschine in diesem Moment in Gang gesetzt. Punkt drei: Der Verstorbene rief um Hilfe, aber niemand hat ihn gehört. Und schließlich Punkt vier: Der Verstorbene ertrank im Zement. Es war ein Arbeitsunfall.
    »Was ist mit den Messern? Wurde er nicht ziemlich zugerichtet?«
    Der Dolmetscher sah den Bergwerksdirektor an. Ja, ein Schuh des Verstorbenen wurde abgerissen, er hat sich Verletzungen an den Füßen zugezogen. Offenbar versuchte er, über die Messer hinaufzuklettern, um sich dann über den Rand zu ziehen. Aber er hatte es nicht geschafft. Die Entfernung vom Boden bis zum Rand des Mischzylinders betrug über zwei Meter. Der Dolmetscher schüttelte sich unfreiwillig. Schließlich sei es zu viel Beton gewesen. Der Verstorbene hätte sich nicht mehr an der Oberfläche halten können. Die Kräfte hatten ihn wohl verlassen.
    Knut ging um den Betonmischer herum. Der Schnee rund um die große Tonne war schmutzig, sie hing leicht schräg in einer kräftigen Eisenhalterung. Auf der Rückseite betrug die Höhe vom Boden aus nicht mehr als … Er ging ganz nah heran und maß mit dem Körper. Zwei Meter? Etwas höher vielleicht, jedenfalls konnte er den Rand nicht mit den Fingern erreichen.
    Auf der Rückseite des Mischers lag tiefer Schatten. Nur das schwache Licht der Lampen an der Schachtöffnung war zu sehen. Nach und nach gewöhnten sich die Augen jedoch an die Dunkelheit, und er bemerkte eine schmale Metallleiter, die bis zum Rand des Mischbehälters führte. Neben der Leiter standen ein Spaten und ein großer, schwerer

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